Russland: Ein Imperium, viele Namen

Putin mit Vertreter von Patriarch Kyrill. Bild: kremlin.ru, CC BY 4.0

Der Drang Russlands zur Expansion hat sich seit Zarenzeiten nicht gelegt. Deswegen beziehen sich auch Putins Ideologen auf diese Epoche. Warum das für den Blick gen Moskau wichtig ist. (Teil 1)

Im Kontext des Krieges Russlands gegen die Ukraine stellen sich Forscher, Analysten und Journalisten weltweit die Frage nach den Ursachen dieses Krieges. Telepolis ging in diesem Zusammenhang jüngst auf die ideologischen Grundlagen des modernen Russlands ein.

Heute biete ich aus ukrainischer Sicht eine Ergänzung zu dieser und anderen Beiträgen an. Dies soll den Lesern helfen, nicht nur die Ursprünge des gegenwärtigen Krieges zu verstehen, sondern auch ihre eigenen Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, was von Russland in der Zukunft zu erwarten ist.

Das letzte Imperium der Welt

Russland ist das letzte klassische Imperium der Welt, dessen Zweck und wichtigste Daseinsberechtigung die ständige territoriale Expansion ist.

Dies ist das Hauptmotiv der die Außen- und Innenpolitik des Landes und der Hauptgrund für die Kriege, die Russland in den letzten Jahrzehnten entfesselt bzw. angezettelt hat.

Andrii Vlasov, Experte für digitales Marketing und Kommunikation, Mitglied des Journalistenverbandes der Ukraine.

Betrachtet man die Geschichte der Länder des alten Europas, so haben sie alle die Phase des Imperialismus, der territorialen Expansion, der Diktaturen und der Kriege, die wegen territorialer Ansprüche gegeneinander geführt wurden, durchlaufen.

Viele Länder des alten Europas hatten bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts Kolonien in Afrika, Südostasien und Südamerika. Jahrhunderts Kolonien in Afrika, Ostasien und Südamerika. Erst nach Jahrhunderten zerstörerischer Kriege, gegenseitiger Gebietsansprüche und nationaler Unzufriedenheit waren die europäischen Länder kriegsmüde.

Teil 2: Warum es keinen russischen Willy Brandt geben wird

Meines Erachtens haben aber noch zwei weitere Umstände wesentlich zur Ablehnung militärischer Gewalt in Europa beigetragen: Die Länder, die Kolonien hatten, gaben sie auf.

Das waren und sind übrigens die einflussreichsten Länder in Europa. England, Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien, Portugal. Der Verzicht auf Kolonien bedeutet eine Verlagerung des Schwerpunkts. Das Land konzentriert sich auf sich selbst, auf die Verbesserung der Effizienz seiner Wirtschaft, der Bildung, der Wissenschaft, der Lebensqualität der Menschen innerhalb seiner historischen Grenzen.

Alle Länder in Europa überdenken ihre Vergangenheit und die Fehler, die zu Kriegen geführt haben.

Das gilt besonders für die größten Länder Europas. Sie werden kein Land in Europa finden, das seine koloniale Vergangenheit verherrlicht, welches die Sklaverei in der Vergangenheit und die unmenschliche Behandlung der Völker der kolonisierten Länder, den Nationalsozialismus und die Fremdenfeindlichkeit gutheißt.

Großbritannien, Frankreich und Deutschland sind die deutlichsten Beispiele für die Neudefinition ihrer Vergangenheit und die Wiedergutmachung.

Der derzeitige britische Premierminister Rishi Sunak ist Punjabi und ein religiöser Hindu. Er regiert ein Land, das vor 80 Jahren die Heimat seiner Vorfahren kolonisiert hat.

Frankreich wurde zur Heimat von Millionen von Flüchtlingen, Migranten aus den afrikanischen Ländern, die es einst kolonisierte. Und heute sind viele Einheimische aus diesen Ländern erfolgreich in verschiedenen Bereichen des französischen Lebens tätig.

Deutschland hat den Weg der Reue über die Folgen des Nationalsozialismus beschritten und geht ihn weiter. Es hat die Verbrechen voll anerkannt und Konsequenzen aus seiner Vergangenheit gezogen.

All dies ist der Hauptgrund für den Erfolg der europäischen Länder. Anstatt um Territorien und Ressourcen zu kämpfen, haben die europäischen Länder den Weg der Zusammenarbeit, der gegenseitigen Unterstützung und der Verbesserung der Lebensqualität der Menschen in ihren Ländern gewählt. Für die Europäer ist es viel teurer zu kämpfen, als in Frieden zu leben.

Das einzige Imperium, das seine Fehler und Verbrechen der Vergangenheit nie eingestanden hat, ist Russland.

Vielleicht sehen Sie jetzt die Geschichte dieses Landes mit anderen Augen. Am 30. August 1721 proklamierte sich der russische Zar Peter I. zum Kaiser und das Land erhielt den Namen Russisches Reich (früher Moskowien, das Moskauer Reich).

Von diesem Zeitpunkt an bis heute hat das Russische Reich zwar seinen Namen, nicht aber sein Wesen geändert. Die Sowjetunion und die heutige Russische Föderation (RF) sind im Grunde auch das Russische Reich, nur unter anderem Namen. Seine Hauptziele waren immer die gleichen:

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