Russland-Venezuela: Strategische Partnerschaft mit Zukunft?

Franziska Lindner
Hände mit russischer und venezolanischer Flagge reichen einnander. Darüber Gewitterwolke mit Trump

Russland und Venezuela haben ein Partnerschaftsabkommen unterzeichnet. Dabei spitzt sich jetzt die Lage in der Karibik dramatisch zu. Ein Überblick.

Am vergangenen Montag, dem 27. Oktober, hat der russische Präsident Wladimir Putin ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Russischen Föderation und dem Karibikstaat Venezuela ratifiziert.

Das Dokument sieht gemeinsame Maßnahmen zur Stärkung der internationalen Institutionen, des gegenseitigen Handels sowie zur Entwicklung der Zusammenarbeit im militärisch-technischen und humanitären sowie kulturellen Bereich vor.

Kooperation für multipolare Welt

Der Vertrag war bereits am 7. Mai während des offiziellen Besuchs des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro anlässlich der Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Sieges in Moskau vereinbart worden. Der Präsident der Bolivarischen Republik hat das Abkommen schon am 8. Oktober während eines Treffens mit dem russischen Botschafter in Venezuela, Sergej Melik-Bagdasarow, unterzeichnet.

Der Vertrag, der auf einen Zeitraum von zehn Jahren ausgerichtet ist und eine automatische Verlängerung von fünf Jahren vorsieht, wenn keine schriftliche Kündigung seitens einer Vertragspartei erfolgt, zielt darauf ab, die institutionelle Architektur der bilateralen Partnerschaft zu stärken.

Im Fokus steht unter anderem eine verbesserte Koordination in multilateralen Plattformen und Foren oder die Förderung gemeinsamer Ansätze in den Vereinten Nationen (UN) und anderen internationalen Institutionen, basierend auf Gleichberechtigung, gegenseitigem Respekt sowie der Ablehnung von Hegemonie in Weltangelegenheiten.

Im Vertrag wird auf die Unumkehrbarkeit und Objektivität des Prozesses zur Schaffung einer gerechteren multipolaren Welt hingewiesen, welche auf der "souveränen Gleichheit der Staaten" und "der Achtung des Rechts auf Wahl ihrer Entwicklungsmodelle" beruhe.

Gemäß dem Abkommen lehnen beide Vertragsparteien einseitige restriktive Maßnahmen wie Sanktionen ab, da diese "einen Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen (...) darstellen, Ausdruck des Neokolonialismus sind und als Instrument zur Ausübung von Druck, zur wirtschaftlichen Erstickung und zur Untergrabung der innenpolitischen Stabilität souveräner Staaten dienen".

Während Russland das am meisten sanktionierte Land der Welt ist, ist Venezuela als ölreiches Entwicklungsland hart von internationalen Strafmaßnahmen betroffen.

Darüber hinaus wollen beide Staaten Anstrengungen unternehmen, "das Erbe (...) des Kolonialismus zu bekämpfen, Rassismus, Völkermord und andere Verbrechen, die unter anderem gegen die Völker Lateinamerikas begangen wurden, anzuprangern und neokoloniale Erscheinungsformen in den zwischenstaatlichen Beziehungen zu verhindern".

Wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit

Über diese wortgewaltigen Festlegungen hinaus werden ebenso verschiedene und konkretere Kooperationsbereiche benannt; darunter die Schaffung einer unabhängigen russisch-venezolanischen Finanzinfrastruktur zur Erleichterung des Handels, die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Bolivarischen Republik oder die Aufnahme Venezuelas als Vollmitglied beim Brics-Bündnis.

Es werden verschiedene Aspekte zur Förderung der Wirtschafts- und Handelskooperation im materiellen Bereich angeführt sowie die erhöhte Koordinierung der beidseitigen Bemühungen im Bereich der Importsubstitution und die Intensivierung gemeinsamer Investitionen in Schlüsselbereichen wie Energie.

In Anbetracht des Potenzials und der aktiven Rolle Russlands und Venezuelas in der globalen Energiewirtschaft soll es neben der Förderung der Exploration neuer Erdöl- und Erdgasvorkommen zur Ausweitung des Ölhandels kommen und Verbesserungen hinsichtlich der internationalen Energiesicherheit allgemein unternommen werden.

Die Last der Sanktionen erschwert für beide Staaten das Energiegeschäft und erhöht weltweit die Energiepreise. Venezuela ist ferner von der Russischen Föderation abhängig, die kürzlich die USA als Hauptlieferant von Naphtha abgelöst haben. Naphtha, ein Produkt der Erdölverarbeitung, dient als Verdünner für das venezolanische Schweröl, ohne den der Export des Rohstoffs undurchführbar wäre.

Schließlich sollen auf militärischer Ebene die Beziehungen im Verteidigungsbereich verbessert werden als "Bestandteil der Wahrung der regionalen und globalen Sicherheit". Dies ist weit weg von einem Beistandsabkommen, welches wirksam würde, sollte ein Vertragsland von einem Drittstaat angegriffen werden. Ein solches gibt es etwa zwischen Russland und Nordkorea.

Vor dem Hintergrund des derzeitigen militärischen Drucks seitens der USA auf Venezuela kann die Ratifizierung des Abkommens genau zum gegenwärtigen Zeitpunkt dennoch als Symbol gewertet werden.

US-Luftangriffe in der Karibik

Vor mehreren Wochen begann die US-Administration, die südöstliche Karibik verstärkt zu militarisieren und vor den Küsten Venezuelas und Kolumbiens Boote von vornehmlichen Drogenschmugglern anzugreifen. Erst am Dienstag kamen dabei 14 Menschen ums Leben. Beweise, dass es sich wirklich um "Drogenboote" handelte, blieben ausnahmslos fällig.

Der selbsternannte Friedensstifter und US-Präsident Donald Trump hat die US-Militärpräsenz in der Region drastisch erhöht, über 10.000 Soldaten stationiert, Kampfbomber, Verbände von Drohnen sowie zu Wasser eine Reihe von Zerstörern, amphibische Kriegsschiffe und ein nuklearbetriebenes U-Boot positioniert. Auch der Flugzeugträger USS Gerald R. Ford ist entsendet.

Bereits im August hatte Trump Maduro bezichtigt, in den Drogenhandel Venezuelas in die USA verwickelt zu sein und ein Kopfgeld von 50 Millionen US-Dollar auf seine Ergreifung ausgesetzt. Zuletzt hatte er verlauten lassen, dass nach den Angriffen auf See das Land folgen könnte.

Das militärische Aufgebot und die Äußerungen weisen darauf hin, dass es sich weniger um eine Anti-Drogen-Operation handelt, sondern vielmehr um den Versuch einen Regimewechsel in Caracas herbeizuführen.

Während sich Venezuelas Führung auf eine mögliche US-Intervention vorbereitet, betonte sie, über 5.000 russische Boden-Luft-Raketen vom Typ Igla-S zu verfügen, welche sie zur Luftabwehr gegenüber den USA einsetze. Sie seien an wichtigen Verteidigungspositionen stationiert, um den Frieden zu sichern.

Am 29. Oktober ist zudem ein russisches schweres Frachtflugzeug vom Iljuschin Il-76 nach einem zweitägigen Flug mit mehreren Zwischenstopps in Nord- und Westafrika in Caracas gelandet.

Maschinen dieser Art können bis zu 50 Tonnen Fracht oder bis zu 200 Passagiere transportieren. In der Vergangenheit sollen sie im Auftrag Russlands Kleinwaffen, Militärgüter und eventuell Söldner transportiert haben.

Während die Fracht des Flugzeugs derzeit im Unklaren bleibt, deutet die Unternehmung jedenfalls zumindest auf ein verstärktes Interesse Russlands an dem Karibikstaat hin.