Russlands Krieg gegen YouTube: Folgt man Nordkoreas Beispiel?
- Russlands Krieg gegen YouTube: Folgt man Nordkoreas Beispiel?
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YouTube ist das letzte frei verfügbare, westliche soziale Netz in Russland. Das könnte enden. Aber Moskau plant weit mehr. Interview mit russischen Internet-Kennern.
Als die Invasion der Ukraine begann, wurde sehr schnell klar, dass der Kreml nun auch im Internet radikal vorgehen würde, um die totale Meinungshoheit zu erlangen. Es ist im Politestablishment bekannt, dass sich die jüngeren Russen vermehrt im Web, darunter auf kritischen Social-Media-Kanälen informieren und nicht im regierungsnahen TV-Programm.
Während andere westliche soziale Netzwerke schnell gesperrt wurden, ist YouTube weiter frei erreichbar, mit sehr breitem Publikum. Doch hat sich die Auseinandersetzung zwischen Russlands Offiziellen und YouTube immer weiter verschärft.
Geldstrafen gegen Google, YouTube verbannt russische Kanäle
Nach Geldstrafen gegen Google wegen der Nichtlöschung von Inhalten werden nun Videoblogger aus Russland, die dort statt auf russischen Alternativkanälen veröffentlichen, auf einer Schwarzen Liste registriert. Auch YouTube hat einige regierungsnahe, russische Kanäle verbannt.
Über den aktuellen Krieg zwischen Russlands Behörden und YouTube sprach Telepolis mit Artjom Kosljuk, dem Chef der russischen Internetorganisation RosKomSvoboda, und dem bekannten russischen YouTuber Alexandr Plushev.
Die russischen Behörden arbeiten aktuell an einer Liste von Videobloggern, die ihre Inhalte nur auf YouTube anbieten. Was ist der Hintergrund?
Artjom Kosljuk: Es wird aktuell ein besonderes Augenmerk auf Blogger gelegt, die offen ihre Meinung zu Themen wie Politik und Religion äußern. In Russland unterliegen soziale Netzwerke einer strengen Kontrolle. Bei Grenzüberschreitungen kommt es zu Verhaftungen, Strafverfahren und Geldstrafen.
Alexandr Plushev: Man meint, man müsse sie zu russischen Plattformen übertragen. Man will Kontrolle vermitteln, dass man sie sperren kann, dass Materialien für eine spätere Strafverfolgung gesammelt werden. Wer nicht wechseln will, wird gewissermaßen zum Feind erklärt.
YouTube einfach populär und leistungsfähig
Macht das aus Sicht der russischen Regierung Sinn?
Alexandr Plushev: Es ist dumm, diese Liste zu veröffentlichen. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes Werbung für interessante Channels.
Aber kann die russische Regierung damit nicht unpolitische YouTuber von der Plattform vertreiben, etwa zum russischen VK-Video?
Alexandr Plushev: Ich glaube nicht. Manche werden dort zusätzlich einen Channel öffnen und was hochladen. Aber keiner will YouTube verlassen, da es im Gegensatz zu VK-Video technisch leistungsfähig ist, schon von den Algorithmen. Dort kann man einfach Publikum schnell erreichen, Geld verdienen. VK Video hat nichts davon, nur die Angst vor Strafe treibt Leute dorthin.
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Artjom Kosljuk: YouTube hat keinen starken Konkurrenten. Am beliebtesten ist in der Tat noch VK-Video und gewinnt an Traffic. Studios wechseln dorthin, auch Unterhaltungs-Youtuber. Das wird von den Behörden aktiv gefördert. Wenn es gelingt, wird man YouTube erst drosseln und dann blockieren.
Erst auf russische Kanäle umleiten
Wenn YouTube so mächtig ist, warum hat man den Dienst in Russland nicht schon lange gesperrt?
Artjom Kosljuk: Das war für die Behörden bisher nicht vorteilhaft, man will die Leute und Channels erst ins RuNET locken. Außerdem hat YouTube eine große soziale und wirtschaftliche Bedeutung und das kann zu Problemen führen.
Warum haben regierungsnahe, russische Channels überhaupt ihr Angebot auf YouTube angeboten? Die USA sind für sie ja so etwas wie das personifizierte Böse?
Alexandr Plushev: Weil sie jedes soziale Netzwerk und jede Plattform als Propagandainstrument wahrnehmen. Als Instrument zur Förderung von Putins Standards, als Instrument, um Chaos im Westen zu verbreiten. Und das läuft ja erfolgreich.