Säbelrasseln vor der Krim
Kriegsschiff der Royal Navy in der Zwölf-Meilen-Zone: Großbritanniens Premier bestreitet, das sein Land nur knapp einer militärischen Konfrontation mit Russland entging
Ein Kriegsschiff der britischen Royal Navy soll nach russischen Angaben am Mittwoch rund drei Kilometer in der Zwölf-Meilen-Zone vor der Halbinsel Krim eingedrungen sein. Was danach passierte, liest sich in einem Bericht der britischen Daily Mail etwas dramatischer, als es Großbritanniens Premier Boris Johnson bestätigen will. Es stimmt eher mit der Version des russischen Außenministeriums überein, das angibt, ein russisches Patrouillenboot habe Warnschüsse abgegeben - Kampfjets hätten außerdem Bomben in der Nähe des Schiffes abgeworfen. Demnach entgingen beide Staaten nur knapp einer echten militärischen Konfrontation. Und ein britischer Reporter, der an Bord des Schiffes der Royal Navy war, stützt als Augen- und Ohrenzeuge diese Version.
Das russische Außenministerium spricht von "provokativen und gefährlichen Aktionen" der britischen Marine. Deshalb sei auch die Botschafterin des Vereinigten Königreichs, Deborah Bronnert, am Donnerstag einbestellt worden, teilte das Ministerium in Moskau mit.
Laut Johnson trat die Navy vor der Krim "für unsere Werte ein"
Die Krim ist zwar mehr als 3.000 Kilometer von Großbritannien entfernt, allerdings ist nicht international anerkannt, dass die Halbinsel laut Ergebnis eines Referendums von 2014 zur Russischen Föderation gehört - und nicht mehr zur Ukraine. Großbritanniens Premier Boris Johnson erklärte am Donnerstag, das Vereinigte Königreich erkenne "die Annexion der Krim nicht an" und sprach zunächst von "ukrainischen Gewässern", in denen sich das Kriegsschiff der Royal Navy bewegt habe, dann von "internationalen Gewässern".
In indirekter Rede zitierte ihn die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt BBC auch mit den Worten, das Schiff sei durch umstrittene Gewässer gefahren, allerdings aus seiner Sicht im Einklang mit dem internationalen Recht. Das Schiff sei dort "für unsere Werte eingetreten", so der Premier. Johnson bestritt allerdings, dass sie Beziehungen zu Russland dadurch auf einen Allzeit-Tiefstand geraten seien und dass eine russische Patrouille Warnschüsse abgegeben habe.
Insgesamt spielte der Premierminister den Vorfall herunter - jedenfalls verglichen mit der Schilderung des BBC-Reporters Jonathan Beale, der sich an Bord des britischen Schiffes HMS Defender befand. Beale sagte laut dem Bericht der Daily Mail, die Besatzung des Schiffes sei vorbereitet und die Waffensysteme geladen worden, als sie sich der Südspitze der Halbinsel näherten.
Russische Warnungen seien über Funk eingegangen, darunter eine mit dem Wortlaut: "Wenn Sie den Kurs nicht ändern, werde ich schießen". Dann seien aus der Ferne einige Schüsse zu hören gewesen, aber möglicherweise weit außerhalb der Reichweite. Der Kapitän der HMS Defender, Vincent Owen, beschrieb sein Vorgehen als selbstbewusst, aber nicht konfrontativ. Nach Einschätzung des BBC-Reporters war aber die Absicht dahinter, Russland "ein Zeichen zu setzen".
Die britische Regierung beharrt jedenfalls darauf, das Schiff habe sich an internationales Recht gehalten und sei dem direkten Kurs Richtung Georgien gefolgt. Von Warnschüssen und Bomben will sie nichts wissen. Es habe sich nur um eine russische Militärübung gehandelt, erklärte das Kabinettsmitglied George Eustice gegenüber dem Sender Sky News. Dies komme in der Region häufiger vor, Moskau habe sogar vorab darüber informiert.
Ein vom russischen Grenzschutz im Staatsfernsehen veröffentlichtes Video soll die Warnschüsse zeigen. Russlands Vize-Außenminister Sergej Rjabkow betonte laut russischen Agenturberichten, Moskau werde seine territoriale Integrität notfalls auch militärisch verteidigen.
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