Sanktionen gegen Russland: Wie der Globale Süden ausschert

Sanktionen gegen Russland

Im Westen fühlt man sich im Ringen mit Moskau auf der Seite der Guten und der Mehrheit. Doch was ist gut, wenn eine Kriegseskalation andernorts millionenfachen Hungertod bedeuten könnte? Und welche Position bezieht die Staatenmehrheit?

Geht es in westlichen Medien um den Krieg in der Ukraine, sind die Superlative Legion. Die Ukraine führe ihren Verteidigungskrieg gegen die russischen Invasoren auch "für unsere Freiheit", "für die Demokratie Europas", "unsere Lebensweise", ja: "unsere Zukunft".

In weiten Teilen der Erde sorgt man sich angesichts der politischen und militärischen Eskalation im Osten Europas um etwas viel Banaleres: um das eigene Überleben. Denn in zahlreichen Staaten des Globales Südens, den Entwicklungs- und Schwellenländern also, verschärft der Krieg ohnehin schwelende Ernährungskrisen.

Die Zahlen von Hilfsorganisationen sind alarmierend, sie werden angesichts des alles übertönenden Kriegsdiskurses aber weder politisch noch medial wahrgenommen. Das dürfte sich rächen, denn schon jetzt gibt es Anzeichen dafür, dass der Hunger weltweit wieder zunimmt – und dass damit ein enormes Konfliktpotenzial entsteht, das, direkt oder indirekt, auch unsere westlichen Gesellschaften zu spüren bekommen werden.

Die schweizerische Entwicklungsorganisation Helvetas wies unlängst darauf hin, dass die Ukraine und Russland vor dem Krieg rund 30 Prozent des weltweiten Weizenbedarfs abgedeckt haben; hinzugekommen sei der Export von Mais, Raps und Speiseölen.

Seit dem russischen Angriff am 24. Februar hat die Ukraine die Exporte eingestellt, Russland hat die Nahrungsmittelausfuhren massiv reduziert. UN-Generalsekretär António Guterres warnte schon Mitte März vor einem "Wirbelsturm des Hungers".

Die Wortwahl des Portugiesen ist verständlich: Helvetas weist darauf hin, dass die 45 am wenigsten entwickelten Länder der Welt mindestens ein Drittel ihres Weizens aus der Ukraine oder Russland importiert haben, 18 dieser Länder sogar über 50 Prozent.

"Dazu gehören Ägypten und der Kongo, Libyen und Somalia, der Sudan und Jemen. Allesamt Länder, die schon heute auf humanitäre Hilfe und Nahrungsmittellieferungen angewiesen sind, weil bereits jetzt Millionen von Menschen massiv unter Hunger leiden", heißt es von dieser Seite.