Saugroboter werden zum Lebensretter für Senioren

Christoph Jehle
Saugroboter mit Aufdruck eines Staubsaugers mit Erste-Hilfe-Zeichen

Ein Drittel der über 65-Jährigen stürzt jährlich – oft mit schweren Folgen. Forscher statten Staubsauger mit Sturzerkennung aus. Wird das System den Notruf wählen?

In Österreich stürzt laut Statistik ein Drittel aller Personen über 65 Jahre einmal jährlich. Je älter die Menschen werden, desto höher ist nach der Statistik auch die Sturzgefahr. Gerade bei älteren Menschen können solche Stürze zu Verletzungen führen, die eine ärztliche Behandlung erfordern. Gleichzeitig wollen viele Menschen bis ins hohe Alter selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung zu Hause wohnen.

Am Institut für Creative\Media/Technologies der Fachhochschule St. Pölten wurde im Projekt "Smart Companion 2" ein handelsüblicher Staubsaugerroboter mit zusätzlicher Intelligenz ausgestattet, um älteren Menschen im Alltag und in Notsituationen zu helfen. Er kann nun Stürze erkennen und im Notfall die Rettung rufen.

In der Weiterentwicklung des Projektes Smart Companion, einem Forschungsprojekt der Fachhochschule St. Pölten, der österreichischen Robert Bosch AG, der Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit sowie dem Arbeiter-Samariter-Bund wurde der autonome Roboter mit zusätzlicher Sensorik ausgestattet und mit smarter Sprachinteraktion für Assistenzsysteme verbunden.

Neben der Funktion, aktive Notrufe weiterzuleiten, wurde der Roboter mit weiteren Fähigkeiten ausgestattet. Diese ermöglichen angemessene Reaktionen auf außergewöhnliche Situationen, in welchen der Benutzer nicht reagiert und das Gerät den Notfall selbstständig erkennt, sowie Funktionen zur Sturzprävention, mit welchen der Nutzer vor möglichen Hindernissen gewarnt wird.

Bei der Entwicklung des Systems wurden die Bedürfnisse der zukünftigen Nutzer in den Mittelpunkt gestellt. Die implementierten Sprachinteraktionssysteme bieten die inklusivste Art der Kommunikation und sind sehr niederschwellig im Einsatz. Mit der Anwendung von maschinellem Lernen für die Notfallerkennung und sowohl hoher Benutzerfreundlichkeit als auch angemessenem Komfort bei der Bedienung des Assistenzsystems wurde die Akzeptanz erleichtert.

Voll funktionsfähiger Prototyp

Das Projektteam erstellte einen einsatzbereiten Prototyp. Dabei übernahmen die inzwischen weit verbreiteten und mit vielen Sensoren ausgestatteten Staubsaugerroboter die Erkennung gestürzter Personen. Mit einem Sprachassistenten wie Alexa konnte die gestürzte Person kommunizieren und im Notfall auch Hilfe holen.

Die Anwendungen gelten in der Bevölkerung als akzeptiert. Ziel des Projektes war die Nutzung alltäglicher Low-Cost-Robotersensorik in Verbindung mit Methoden der smarten Spracherkennung für Assistenzdienste für ältere Menschen.

Autonome Low-Cost-Robotersensorik wird dabei mit smarter Sprachinteraktion für Assistenzsysteme verbunden. Das System spricht Nutzer aktiv mit passenden Fragen und Informationen zu ausgewählten sozialen und gesundheitlichen Themen an.

Zum Beispiel fragt der Smart Companion die Senioren, ob alles in Ordnung ist, und löst, wenn nötig, einen Alarm bei einem vermuteten Sturz aus und nutzt dabei den vom Staubsaug-Roboter erstellten Wohnungsplan. Dabei wurde das System von Anfang an in Hinblick auf wirtschaftliche Machbarkeit optimiert, damit es auch eine Chance für einen Einsatz in der Serie haben kann.

Umfangreich mithilfe von Senioren getestet

Auf Funktionalität und Akzeptanz getestet wurde ein Prototyp des neuen Systems mit Senioren im betreubaren Wohnen des Arbeiter-Samariter-Bunds in Linz. Der smarte Saugroboter fuhr dazu in einer großangelegten Testung über sechs Monate auf sich allein gestellt in Wohnungen des Samariter-Bunds in Linz.

"Wir wollen nicht, dass alleinstehende Menschen stundenlang hilflos am Boden liegen. Also haben wir an der Entwicklung eines Alltagsgeräts geforscht, das hier zeitnah helfen kann", stellt Projektleiter Andreas Jakl vom Department Medien und Digitale Technologien an der FH St. Pölten fest und ergänzt:

Das System hat sich im Alltag bewährt. Der Roboter hielt die Wohnungen sauber – was die Akzeptanz förderte – und die Menschen schätzten ihn, da er in Notfällen helfen konnte. Dabei waren uns Datenschutz und Privatsphäre besonders wichtig. Das System wurde von einer unabhängigen Ethik-Kommission freigegeben.

Hintergrund des Projektes

Smart Companion wurde im Programm "IKT der Zukunft" vom österreichischen Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) gefördert. Die österreichische Robert Bosch hat die KI maßgeblich mitentwickelt und wurde als europäischer Hersteller von Haushaltsgeräten und Smarthome-Systemen als wichtig für den Praxisbezug angesehen.

Die Gruppe Linz des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) betreibt ein Heimnotrufsystem mit bewährten Armbändern und ist immer an innovativen Neuerungen interessiert, welche die Akzeptanz bei den Nutzern weiter steigern können. Die Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit hat ihr Fachwissen in der Betreuung und Pflege von älteren Menschen sowie den ethischen Dimensionen eingebracht.