Schafft Deutschland die Fernwärme-Wende?

Wolfgang Pomrehn

Fernwärme-Rohre. Bild: Willi Heidelbach / Pixabay

Energie und Klima – kompakt: Neben Wärmepumpen ist für die Heizwende noch anderes zentral. Warum der Osten da besser aufgestellt ist. Und was wir von Dänemark lernen können.

Es war eine schwere Geburt. Begleitet von einer rechten Kampagne, wie sie die Republik bisher selten sah, hat der Bundestag letzte Woche endlich die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes verabschiedet. Sofern demnächst auch noch der Bundesrat zustimmt, wird sie am 1. Januar in Kraft treten. Wir hatten am Freitag bereits über die Abstimmung im Parlament berichtet.

Die Maßnahme war mehr als überfällig, wenn auch das Gesetz unter verschiedenen Aspekten sehr zu wünschen übrig lässt. Rund ein Drittel der deutschen Treibhausgasemissionen entstehen bei der Erzeugung von Warmwasser und Raumwärme. Aber passiert ist in den letzten Jahrzehnten herzlich wenig, obwohl bereits seit fast 40 Jahren bekannt ist, dass dringend etwas gegen die CO2-Emissionen und den von ihnen verursachten Klimawandel unternommen werden muss.

Das noch bis vor Kurzem der Einbau neuer Gasheizungen gefördert wurde, ist daher ein von vielen übersehener Skandal, aber nur einer von vielen. Ein anderer wäre, dass die Gebäudesanierung seit vielen Jahren nur in Trippelschritten vorankommt und der gesetzliche Rahmen so gestaltet wurde, dass der Nutzen fürs Klima oft fraglich bleibt, zumal sich die Sanierung bestens für Mieterhöhungen und zur Vertreibung von Altmietern nutzen lässt.

Ein anderer ist schließlich, dass der Ausbau von Fernheizungssystemen in Westdeutschland lange vernachlässigt wurde. Nur Ostdeutschland hatte einen erheblichen Vorsprung, da es in der DDR keine Steinkohle gab und der Kraftstoff für Ölzentralheizungen, wie sie im Westen seit den 1960er-Jahren sehr verbreitet waren, ebenfalls importiert werden musste.

Die in den Kraftwerken verbrannte heimische Braunkohle sollte daher möglichst optimal genutzt werden. Also wurden für die Abwärme Fernheizungen ausgebaut, wovon die ostdeutschen Städte noch heute profitieren. So konnte zumindest ein Teil der bei der Stromproduktion unvermeidlich anfallenden Abwärme genutzt und zugleich in den Wohnhäusern Öfen ersetzt werden.

Auch in Dänemark hat man frühzeitig mit dem Ausbau von Fern- und Nahwärme begonnen. Erste Erfahrungen wurden bereits in den 1920ern und 1930ern gemacht. Nach der Ölkrise 1973 begann man sich dann vermehrt Gedanken über den effizienteren Einsatz von Energie zu machen, und 1979 wurde ein erstes Gesetz zur Regulierung der Wärmeversorgung eingeführt.

Als ersten Schritte sah dieses Gesetz vor, dass die Kommunen ein Kataster des Wärmbedarfs, der verwendeten Energieträger und ihrer Mengen aufstellen, heißt es in einer von der Dänischen Energieagentur erstellten Dokumentation über das dänische Fernwärmesystem. Auch der künftige Bedarf sollte abgeschätzt werden.

Nur 44 Jahre später hat Deutschland nun im Rahmen der Verhandlungen über das Gebäudeenergiegesetz auch beschlossen, dass bis 2028 eine flächendeckende Planung durchgeführt wird. Bis 2028. Wir haben ja Zeit.

Wann kommt der Ausbau der Netze?

Dann wird es endlich die Voraussetzungen geben, hoffentlich im ganzen Land für den Ausbau der Fernwärme auszubauen, die sich übrigens auch auf den Dörfern lohnen kann. Vielleicht nicht überall, aber es gibt schon diverse Beispiele von Kommunen oder ländlichen Genossenschaften, die mit Biogas oder organischen Abfällen sowohl Strom als auch Wärme erzeugen und vor Ort verteilen und damit – alles ideologische Geschrei der veränderungsscheuer Konservativer und Faschisten an sich abperlend lassend – Arbeitsplätze und Wertschöpfung in sonst eher abgehängten Regionen schaffen.

Doch Fernwärme ist natürlich noch nicht per se klimaneutral. Von den erwähnten eher kleinen dörflichen Beispielen abgesehen, kommt sie in Deutschland – anders als in Dänemark – meist aus Gas- oder gar Kohlekraftwerken. Aber Fern- und Nahwärmesysteme haben den großen Vorteil, dass sich nicht jeder einzelne Hausbesitzer mit dem Problem herumschlagen muss, welches System für ihn am besten ist.

Mal davon abgesehen, dass im Mieterland Deutschland, die Wärmepumpen-Frage ohnehin nur maximal für etwas weniger als die Hälfte der Bevölkerung Relevanz hat.

Die eigentlich interessante Frage ist also, wie sich die bereits existierenden und die möglichst bald ausgebauten Fern- und Nahwärmesysteme möglichst rasch und effektiv auf erneuerbare Energieträger umstellen lassen. Die Antwort darauf ist vielfältig und manches davon schon erprobt.

Sie reicht vom Einsatz von Biomasse über Erdwärme in unterschiedlichen Formen, bis hin zum Einsatz von Sonnenwärme (Solarthermie) und von überschüssigem Strom. Beides wird zunehmend in Dänemark praktiziert.

Künftig könnte auch die Nutzung der bei der Elektrolyse für die Erzeugung von Wasserstoff anfallende Abwärme eine Rolle spielen. Aber derlei setzt natürlich eine gewisse weitblickende Planung voraus, etwas, was im Zeitalter des vorherrschenden, technologieoffenen Neoliberalismus tunlichst vermieden wird.

Schließlich riecht diese zu sehr nach Sozialismus, und den wollen wir ja nun wirklich nicht, wo doch der Kapitalismus so gut funktioniert, nicht wahr?