Schattenflotte für LNG-Transporte: Russland setzt auf heimliche Strategie

Gasverarbeitungswerk und -leitungen

Bauarbeiten an neuen Gasverarbeitungswerken und an der Fernleitung auf der Jamal-Halbinsel. Bild: Vladimir B. Aleksandrov / Shutterstock.com

Russland nutzt Freund und Feind, auch US-Pensionsfonds. Neue Schiffsverfolgungsdaten enthüllen geheime russische LNG-Lieferungen.

Kamen im Juni Medienberichte über den Aufbau einer Schattenflotte für LNG-Transporte in Anlehnung an das Ölgeschäft auf, verdichten sich jetzt laut Schiffsverfolgungsdaten die Informationen über den Einsatz solcher Schiffe.

Dazu ist die Flotte der LNG-Eistanker, die das LNG von Novateks Werk Yamal LNG nach Europa und über die Nordostpassage jüngst abtransportiert, mithilfe amerikanischer Gelder auf See unterwegs, berichteten jetzt Medien.

Ohne Freund China läuft nichts

Wie stark Russlands Schicksal vom Partner China abhängt, machte jetzt im Juli Rosneft-Chef Igor Setschin auf dem russisch-chinesischen Energiewirtschaftsforum in Moskau klar. So stellen die Unternehmen auf dem Energiewirtschaftsforum bis zu 40 Prozent des Handels zwischen Russland und China bereit. Gleichzeitig mache Energie mehr als 70 Prozent der Struktur der russischen Exporte nach China aus.

Allein im Jahr 2023 stieg laut Setschin der Handelsumsatz zwischen Russland und China um 26 Prozent auf 240 Milliarden US-Dollar. Außerdem stellte er fest, dass die russisch-chinesische Zusammenarbeit im Bereich der Energieversorgung im eurasischen Raum vom Umfang her nicht mehr gleichwertig sei.

Allein im Jahr 2023 habe Russland 107 Millionen Tonnen Öl, 34 Milliarden Kubikmeter Erdgas und mehr als 100 Millionen Tonnen Kohle nach China exportiert.

Der neue Freund Vereinigte Emirate dient als Handels-Drehkreuz

Im Juli berichteten Medien erneut, dass Russland offenbar nach dem Vorbild der Schattenflotte von Öltankern eine Schattenflotte für Verflüssigtes Erdgas, LNG aufbaut. Anzeichen dafür liefere ein deutlicher Anstieg der Käufe von LNG-Tankern durch Unternehmen, die zumeist in den Vereinigten Arabischen Emiraten registriert sind.

Nach Angaben vom Riskoberatungsunternehmen Windward hätten seit dem 2. Quartal 2023 mehr als 50 LNG-Schiffe den Besitzer an in den VAE ansässige Unternehmen gewechselt. Solche Geschäfte seien davor selten gewesen.

Nach Daten des Schiffsverfolgungsunternehmen Kpler seien einige dieser neu erworbenen LNG-Schiffe jetzt auf Routen unterwegs, die traditionell für den Transport von LNG aus Russland genutzt werden. Schiffsverfolgungsdaten zeigten demnach, dass ein solches Schiff LNG von der Yamal-Halbinsel verlädt, wo Russlands führender Flüssiggasproduzent Novatek sein derzeit größtes Werk Yamal LNG betreibt.

Geld für russische LNG-Flotte ist auch vom Feind aus den USA geflossen

Bloomberg berichtete jüngst über zusammengestellte Daten von der Ermittlungsberatung Data Desk und dem Anti-Corruption Data Collective. Diese hätten gezeigt, dass öffentliche Pensionsfonds, darunter solche, die von den Staaten Washington, New York und Kalifornien verwaltet werden, indirekt in die spezialisierten Eisklasse-Schiffe investiert haben, die für den LNG-Abtransport von Yamal LNG im Einsatz sind.

Yamal sei das größte aktive Gasexportterminal des Landes und ein wesentlicher Bestandteil der Bemühungen des Landes, den lukrativen Handel mit Europa zu ersetzen. Da das Werk Yamal LNG anders als das Projekt Arctic LNG 2 auf der Nachbarhalbinsel Gydan nicht von Sanktionen betroffen ist, gebe es keinen Anlass zu einem Regelverstoß und folglich wenig Handhabe, dieser Einnahmequelle Russlands habhaft zu werden.

Mehr Öl für China über russische Gewässer transportieren

Durch den Öltransitstopp der Ukraine sieht Russland jetzt offenbar veranlasst, möglichst überzählige Ölmengen schnell nach Osten ins Reich der Mitte umzuleiten.

Russland könne die Öllieferungen nach China über die Seehäfen der Ostsee und des Schwarzen Meeres erhöhen, indem es Rohstoffe von anderen Märkten oder aus neuen Projekten umverteile, erklärte Vizepremier Alexander Novak russischen Medien zufolge am 24. Juli zu den Ergebnissen auf dem russisch-chinesischen Energiewirtschaftsforum.

Russische Atomeisbrecher (21 Bilder)

Der Eisbrecher "Lenin" war 1959 der erste Atomeisbrecher und zugleich das erste zivile mit Atomkraft getriebene Schiff der Welt. Bild: Rosatom

"Wir erschließen eine Reihe neuer Felder in der Arktischen Zone. Eine Pipeline wird zum Hafen der Bucht Sewer von Taimyr gebaut. Dies sind vielversprechende Tendenzen, die in Betracht gezogen werden, um Energieressourcen aus dieser Region künftig in den asiatisch-pazifischen Raum zu liefern", fügte Novak hinzu.

Wie die Halbinseln Yamal und Gydan liegt die Halbinsel Taymur am russischen Eismeer. Öl kann von dort auf kürzesten Weg nach Osten in großen Mengen abtransportiert werden, sofern die Schiffbarkeit mit Eisbrechern sichergestellt ist. Das bietet wie beim LNG-Transport ein Sanktionsschlupfloch.