Schizophrenie: Wenn das Gehirn zu schnell altert

Alexander F Santillo
CT-Scan eines Gehirns

CT-Scan eines Gehirns: Das Hirnalter weicht bei Schizophrenen vom chronologischen Alter ab

(Bild: Triff/Shutterstock.com)

Schizophrenie könnte mit beschleunigter Gehirnalterung zusammenhängen. Hinweise darauf finden sich im Blut der Betroffenen. Ein Gastbeitrag.

Was verursacht Schizophrenie? Schizophrenie ist eine schwere psychische Erkrankung, von der weltweit mehr als 20 Millionen Menschen betroffen sind und die durch wiederkehrende Halluzinationen und Wahnvorstellungen gekennzeichnet ist. Es handelt sich um eine komplexe Störung, die sich auf nahezu alle Lebensbereiche auswirkt.

Gehirnalterung als Ursache

Aktuelle Theorien über die Ursachen der Schizophrenie deuten darauf hin, dass sie mit Veränderungen in der Gehirnentwicklung während dieser kritischen Phase des Erwachsenwerdens zusammenhängen könnte.

Schizophrenie wird auch mit Erkrankungen wie Legasthenie, Autismus und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) in Verbindung gebracht, die mit der Entwicklung des Nervensystems zusammenhängen, aber normalerweise in der Kindheit auftreten.

Unsere Forschung deutet jedoch darauf hin, dass eine beschleunigte Alterung des Gehirns ein weiterer möglicher Faktor für die Entwicklung von Schizophrenie sein könnte – und dies kann mit einem einfachen Bluttest gemessen werden.

Unsere Studie ist einzigartig, weil wir Proteine im Blut gemessen haben, die direkt von Hirnnervenzellen – den Nervenzellen des Gehirns – von Menschen mit Schizophrenie stammen. Dieses Protein, das so genannte Neurofilament-Leichtprotein (NfL), besteht aus langen, fadenähnlichen Strukturen, die helfen, die Größe und Form der Nervenzellen zu erhalten.

NfL wird ins Blut und in die Rückenmarksflüssigkeit freigesetzt, wenn Nervenzellen im Gehirn geschädigt werden oder eine Neurodegeneration durchlaufen. Seine Freisetzung bei Schädigung dieser Zellen macht es zu einem nützlichen Biomarker für die Diagnose und Überwachung neurodegenerativer Erkrankungen und neurologischer Schädigungen. Die Messung der NfL-Konzentration kann auch Aufschluss über das Ausmaß der neuronalen Schädigung geben.

Geschädigte Neuronen

Neuronale Schädigung ist eine Schädigung oder Beeinträchtigung von Neuronen, den spezialisierten Zellen des Nervensystems, die für die Kommunikation im Gehirn, Rückenmark und peripheren Nervensystem unerlässlich sind.

Wenn Neuronen geschädigt werden, wird ihre Fähigkeit, richtig zu funktionieren, beeinträchtigt, was je nach Schwere und Ort der Schädigung zu einer Reihe neurologischer Symptome führen kann.

Erhöhte NfL-Werte wurden mit einer Reihe neurologischer Erkrankungen in Verbindung gebracht, darunter Alzheimer, Multiple Sklerose, Parkinson und frontotemporale Demenz. Die NfL-Werte steigen jedoch in der Regel mit zunehmendem Alter an, da diese Proteine ihre Fähigkeit zur effektiven Reparatur verlieren. Dies ist auf eine Kombination von Faktoren zurückzuführen, einschließlich des allmählichen Abbaus von Nervenzellen im Laufe der Zeit.

Während eine Abnahme der grauen Substanz, der weißen Substanz und der Konnektivität des Gehirns Teil des normalen, gesunden Alterns ist, sind diese Veränderungen in der Regel allmählich und nicht behindernd.

Die graue Substanz enthält die meisten Neuronen des Gehirns und ist für die Informationsverarbeitung, das Gedächtnis, die Entscheidungsfindung, die Muskelsteuerung sowie das Sehen und Hören verantwortlich. Die weiße Substanz besteht aus langen Fasern, die verschiedene Hirnregionen miteinander verbinden und so eine schnelle und effiziente Kommunikation ermöglichen.

Erkennbare Symptome des normalen, gesunden Alterns des Gehirns können etwas mehr Vergesslichkeit, langsamere Reaktionszeiten und Schwierigkeiten bei der Bewältigung mehrerer Aufgaben sein.

Solche Veränderungen unterscheiden sich deutlich von den Mustern, die bei Krankheiten wie Schizophrenie beobachtet werden. Hier zeigt unsere Studie, dass der Abbau schneller und stärker ist, was auf ein höheres Gehirnalter hinweist, als es dem chronologischen Alter des Patienten entsprechen würde.

Beschleunigter Hirnalterungsprozess

Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die NfL-Werte bei Menschen mit Schizophrenie mit zunehmendem Alter schneller ansteigen als bei Gesunden, was auf eine Beschleunigung des Alterungsprozesses des Gehirns hindeutet.

Wir untersuchten auch Proben von Menschen mit bipolarer Störung, die nicht den gleichen beschleunigten Anstieg zeigten. Daten aus anderen Methoden, wie die Berechnung des "Gehirnalters" aus MRT-Scans, deuten ebenfalls auf eine beschleunigte Gehirnalterung bei Menschen mit Schizophrenie hin.

Lebensstilfaktoren

Für Menschen mit Schizophrenie ist die beschleunigte Alterung des Körpers bereits ein ernstes Problem, wie Christos Pantelis, Psychiater aus Melbourne und Hauptautor der Studie, erklärt:

Ein wichtiges Problem ist, dass Menschen mit chronischer Schizophrenie oft einem insgesamt ungesunden Lebensstil ausgesetzt sind. Sie leiden unter Isolation, Arbeitslosigkeit, Bewegungsmangel, Rauchen – und viele greifen zu illegalen Drogen, die ihren Zustand verschlimmern können.

Die Lebenserwartung von Menschen, bei denen Schizophrenie diagnostiziert wurde, liegt derzeit 20-30 Jahre unter dem Durchschnitt. Dies ist vor allem auf das frühere Auftreten häufiger altersbedingter Krankheiten wie Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen.

Etwa die Hälfte der an Schizophrenie Erkrankten leidet an mindestens einer weiteren chronischen Erkrankung wie Adipositas, Atemwegserkrankungen, chronischen Schmerzen und Substanzstörungen.

Menschen mit Schizophrenie sind aufgrund einer Kombination biologischer, psychologischer und umweltbedingter Faktoren einem höheren Risiko für Substanzstörungen ausgesetzt. Dazu gehören die Selbstmedikation bei belastenden Symptomen, eingeschränkte kognitive Funktionen, soziale Isolation und Schwierigkeiten bei der Einhaltung der Behandlung.

Während der Lebensstil ein Faktor für die beschleunigte Alterung des Körpers bei Menschen mit Schizophrenie ist, könnte unsere Studie einen weiteren wichtigen Schritt zum Verständnis – und letztlich zur Behandlung – dieser belastenden Erkrankung darstellen.

Alexander F Santillo ist Außerordentlicher Professor für Psychiatrie, Facharzt für Psychiatrie, Universität Lund (Schweden).

Cassandra Wannan ist Forschungsstipendiat im Bereich Psychose-Risikoforschung, Universität Melbourne (Australien).

Dhamidhu Eratne ist Neuropsychiater und Doktorand, Universität Melbourne.

Dieser Text erschien zuerst auf The ConversationThe Conversation auf Englisch und unterliegt einer Creative-Commons-Lizenz.