Schlägt Thailand Europa bei der Elektromobilität?

GWM Ora 03 auf thailändischer Flagge

GWM Ora 03

Thailand greift nach der E-Auto-Krone. Die Regierung lockt mit massiven Kaufprämien und ambitionierten Zielen. Doch kann das Land wirklich Europa überholen?

Die Zeiten, in welchen viele Einwohner Bangkoks nur mit Atemmaske unterwegs waren, um sich vor dem üblen Smog zu schützen, der oft tagelang in der Luft hing, sollen dem Ende entgegengehen. Das hat schon vor Jahren mit dem Aufbau des SkyTrain und der Metro begonnen, welche ihre Fahrzeuge und beachtliche Teile der Verkehrswegetechnik vom deutschen Siemenskonzern bezogen hatten. Inzwischen ist China der bevorzugte Lieferant.

Im Individualverkehr startete die Elektrifizierung bei den Tuk Tuks, die als Zweitakter ebenso als Luftverpester galten wie die alten Dieselbusse. Vergleichsweise schnell etablierten sich in den vergangenen Jahren zumeist aus China stammende BEV.1

Hatten in Thailand über viele Jahre japanische Autokonzerne wie Toyota und Honda gewaltige Fertigungskapazitäten im Eastern Seaboard sowohl für die lokale Versorgung als auch den weltweiten Export aufgebaut, kommen mit der Elektrifizierung jetzt chinesische Hersteller ins Land, das heute schon weltweit zu den zehn größten Automobilproduzenten zählt.

Staatliche BEV-Förderung als Startbooster

Thailand hatte, gänzlich unbeachtet in Europa, bereits in den vergangenen Jahren einen starken Fokus auf Elektromobilität gelegt. Was mit Elektrorollstühlen zur Mobilitätsförderung der alternden Gesellschaft bis in das kleinste Dorf im Dschungel begann, weitete sich schnell auf vollwertige Pkw aus.

Im ersten Jahr des Förderprogramms EV 3 stieg die Anzahl der neu zugelassenen Elektrofahrzeuge um das 7,6-fache an. Insgesamt wurden seit 2017 bereits Investitionen in Höhe von 77,6 Milliarden Baht in die thailändische E-Mobilitätsindustrie getätigt.

Die in den ersten beiden Jahren 2022 und 2023 angebotenen Anreize für importierte Autos und Motorräder zielten darauf ab, eine breitere und schnellere Nutzung von Elektrofahrzeugen im Land anzuregen. Von 2024 bis 2025 will sich die Regierung vorwiegend auf die Förderung der Nutzung von Elektrofahrzeugen aus heimischer Produktion konzentrieren.

Und so hat sie inzwischen ein neues Anreizpaket zur Förderung der Elektromobilität verabschiedet. Das neue Förderungspaket läuft unter dem Namen "EV 3.5" und soll dazu beitragen, dass Thailand bis 2030 mindestens 30 Prozent aller produzierten Fahrzeuge als emissionsfreie E-Modelle herstellt. Gleichzeitig soll das Land zum regionalen Zentrum für die E-Auto-Produktion werden. Die Subventionen erfolgen über das Board of Investment.

Das inzwischen verabschiedete Paket sieht unter anderem Subventionen für den Kauf von Elektrofahrzeugen vor. Je nach Fahrzeugtyp und Batteriekapazität sollen Käufer zwischen 5.000 und 100.000 Baht Zuschuss erhalten.

Für Elektroautos mit einem Preis von unter 2 Millionen Baht und einer Batteriekapazität von mindestens 50 kWh soll der Zuschuss beispielsweise 50.000 bis 100.000 Baht betragen. Für Elektroautos mit einem Preis von unter 150.000 Baht und einer Batteriekapazität von mindestens drei kWh will man einen Zuschuss 5.000 (136,12 Euro) bis 10.000 Baht (272,24 Euro) bezahlen.

Als zusätzlicher Anreiz wird die Verbrauchssteuer auf Elektroautos gesenkt. Für Modelle unter sieben Millionen Baht sinkt die Steuer von acht auf zwei Prozent. In den Jahren 2024 und 2025 ist zudem geplant, die Einfuhrzölle für Elektroautos um bis zu 40 Prozent zu senken. Und im nächsten Schritt steht die Elektrifizierung von Lkws und Bussen an, die gerade auf dem Land dringend benötigt werden, weil die Bahn bei Weitem noch nicht so gut ausgebaut ist, wie es notwendig wäre.

Der Import soll nur als Einstieg dienen

Thailand will die lokale Produktion von batterieelektrischen Fahrzeugen ankurbeln, indem Importeure ab 2026 dazu verpflichtet werden für jedes importierte Elektroauto zwei Fahrzeuge in Thailand zu produzieren. Ab dem Folgejahr müssen es sogar drei lokal produzierte Fahrzeuge sein.

Wie bei allen Industrieansiedlungen in Thailand bietet die Regierung neben den genannten Forderungen auch andere Fördermaßnahmen, wie Subventionen für eine lokale Produktion oder eine zeitlich befristete Steuerbefreiung.

Die Förderung der Elektromobilität in Thailand bietet gewaltige Wachstumschancen, geht jedoch auch mit größeren Herausforderungen einher. Dazu gehören die Installation eines dichten Netzes an Ladestationen.

Das bis vor wenigen Jahren gerade auf dem Land labile Stromnetz wurde in der Zwischenzeit schon so weit ertüchtigt, dass die ehemals gängigen Stromausfälle der Vergangenheit angehören. Das Wichtigste allerdings wird die Bereitstellung von Strom aus erneuerbaren Energien sein, damit die traditionellen Emissionen tatsächlich reduziert werden.

Hintergrund sind Zollhürden für chinesische Fahrzeuge in den USA und der EU

Europäische Automobilhersteller sind in Thailand nie über den Status der Montage von CKD-Modellen hinausgewachsen. Als Opel noch eine Tochter von GM war, hatte man zulasten des deutschen Standorts in Rayong eine eigenständige Pkw-Fertigung aufgebaut, dessen Personal aus deutschen Entwicklungshilfegeldern ausgebildet wurde.

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Als das Werk fertiggestellt war, hat man es auf den Mutterkonzern übertragen, wurde damit jedoch nicht glücklich und hat es schließlich an die chinesische Great Wall Motors verkauft, die dort mit dem GWM Ora 03 das erste batterieelektrische Fahrzeug im Land produziert. Auf dem in China produzierten Ora 03 basiert inzwischen auch das aktuelle elektrische Mini-Modell von BMW.

Der Produktionsstandort in Thailand bietet für die chinesischen Hersteller den gewaltigen Vorteil, dass sie ihre Fertigungsanlagen über die neu ausgebauten Bahnstrecken von Kunming über Vientiane in Laos bis zum Eastern Seaboard problemlos erreichen können. Und für den Export gibt es in der Region auch ausreichend Hafenkapazitäten.

Mit der Produktion in Thailand kann man die neu aufgebauten Zollhürden der alten Industrieländer elegant umgehen und profitiert noch von den im Vergleich zu China deutlich weniger explodierenden Lohnkosten.