Schluss mit Lockdown: Manipulierte Gene als Rettung vor der nächsten Pandemie?

Illustration des CRISPR-Cas9-Werkzeugs

Illustration des CRISPR-Cas9-Werkzeugs. Bild: Dabarti CGI/ Shutterstock.com

Forscher wollen die nächste Pandemie verhindern. EU-Projekt setzt auf Genmanipulation. In Visier stehen sie hochpathogene Erreger

Ein internationales Forschungsprojekt unter Beteiligung deutscher Experten entwickelt neue Ansätze zur Bekämpfung von wiederkehrenden Viren-Epidemien und -Pandemien. Das Projekt wird von der EU mit 9,6 Millionen Euro gefördert. Es zielt darauf ab, mit modernen Technologien wie dem CRISPR/Cas-Verfahren innovative antivirale Wirkstoffe zu identifizieren, um für zukünftige Pandemien gewappnet zu sein.

Pandemievorsorge verbessern

Das übergeordnete Ziel des Projekts mit dem Namen "Defender" (Verteidiger) ist es, die europäische und globale Pandemievorsorge zu verbessern. Dazu wollen die Wissenschaftler neue Ansätze für antivirale Therapien finden. Im Fokus stehen dabei hochpathogene Viren wie das Nipah-, Lassa-, Zika-, Dengue-, Gelbfieber- und Chikungunya-Virus.

Auf der Seite der Viren sollen Strukturen identifiziert werden, die als Ziele für therapeutische Antikörper dienen können. Auf der Seite des menschlichen Wirts will man Faktoren finden, die bei der Infektion eine Schlüsselrolle spielen. Das übergeordnete Ziel sei es, Viren daran zu hindern, überhaupt erst in den Körper einzudringen, heißt es in einer Darstellung des Forschungsvorhabens.

Attacke auf das Erbgut der Erreger

Eine zentrale Technologie im Defender-Projekt ist das CRISPR/Cas-Verfahren. Dieses ermöglicht es, das Erbgut gezielt zu verändern. CRISPR/Cas basiert auf einem natürlichen Abwehrmechanismus von Bakterien gegen Viren und besteht aus zwei Hauptkomponenten:

1. Guide RNA (gRNA): Eine kurze RNA-Sequenz, die komplementär zur Ziel-DNA ist und das Cas9-Protein dorthin führt.

2. Cas9-Protein: Ein Enzym, das die DNA an der vorbestimmten Stelle schneidet.

Blick auf Virus-Wirt-Interaktion

Nach dem Schnitt repariert die Zelle die DNA, wobei gezielte Veränderungen eingeführt werden können. CRISPR/Cas ermöglicht es, Gene auszuschalten, DNA-Abschnitte zu entfernen oder einzufügen und einzelne Bausteine auszutauschen.

Neben CRISPR/Cas kommen im DEFENDER-Projekt auch bioinformatische Analysen und künstliche Intelligenz zum Einsatz, um neuartige Virus-Wirt-Interaktionen zu identifizieren.

Forscher aus Heidelberg beteiligt

Das Team um Dr. Petr Chlanda an der Universität Heidelberg steuert zum Projekt innovative bildgebende Verfahren bei. Mittels modernster Kryo-Elektronenmikroskopie wollen die Forscher im Detail aufklären, wie neu auftretende RNA-Viren mit menschlichen Zellen interagieren.

Sie interessieren sich insbesondere für Faktoren auf der Wirtsseite, die das Eindringen der Viren hemmen. "Das ist durch die hohe Auflösung unserer Bildgebung möglich, die damit auch Aufschluss über den Wirkmechanismus potenzieller neuer Hemmstoffe geben kann", erklärt Chlanda.

Neue Strategien gegen Viren

"Wir sind davon überzeugt, dass wir einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung künftiger Virusausbrüche leisten werden", betont die Projektleiterin Stephanie Pfänder vom Leibniz-Institut für Virologie.

Man erhoffe sich, durch die systematische Erforschung von Virus-Wirt-Interaktionen und der Entwicklung neuer antiviraler Strategien die Welt besser auf Pandemien vorzubereiten. Schließlich habe die Covid-19-Pandemie "das immense Risikopotenzial durch neu- und wiederauftretende Viren verdeutlicht".