Schüler: Tragen der Masken gelernt und akzeptiert?
Sinkende Corona-Fallzahlen: Lehrervertreter halten Forderungen zur Abschaffung der Maskenpflicht an Schulen für unverantwortlich und vorschnell
Lehrervertreter sind trotz der sinkenden Fallzahlen und der steigenden Temperaturen im Sommer gegen eine Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen. Den Anstoß dazu, sich die Frage der Maskenpflicht neu zu stellen, hatte unter anderem Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Wochenende gegeben. Sie ging dabei konkret auf die Situation an den Schulen ein.
Die Verantwortlichen in den Ländern müssen laufend genau prüfen, ob und wo eine Maskenpflicht noch verhältnismäßig ist, wenn die Inzidenzzahlen niedrig sind und weiter sinken. Das gilt auch für die Schulen, denn Schülerinnen und Schüler sind von der Maskenpflicht besonders betroffen.
Christine Lambrecht
Dass Schüler die Masken stundenlang im Unterricht tragen müssen, sei eine Belastung. Demgegenüber statuiert der Präsident des Nordrhein-Westfälischen Lehrerverbands, Andreas Bartsch, dass das "Tragen der Masken" gelernt und akzeptiert sei.
Bartsch hält den Vorstoß aus der "Bundespolitik" für "völlig unverantwortlich". Hoffentlich komme niemand in NRW auf die Idee, dass man noch für die letzten drei Wochen vor den Ferien die Maskenpflicht an den Schulen abschaffe, erklärte er gegenüber RP-Online.
Er argumentiert damit, dass noch zu wenig aus der Lehrerschaft geimpft seien - mit "geschätzt" rund 45 Prozent erstgeimpften Lehrer in NRW und 15 bis 20 Prozent mit vollständigen Impfschutz - und Ständige Impfkommission eine "untragbare Entscheidung gefällt habe", da sie eine grundsätzliche Freigabe des Impfstoffs für Kinder ablehne.
Um nach den Sommerferien im Präsenzunterricht weiterzumachen, müssten Masken getragen werden. "Wir müssen uns doch klarmachen, dass 30 bis 32 Kinder ohne Abstand in einem geschlossenen Raum über längere Zeit nebeneinander sitzen." Im Freien könne man die Maskenpflicht lockern, aber nicht an den Schulen, da herrsche eine andere Situation. Zudem würden Pneumologen und Virologen vor einer vierten Welle warnen, die möglicherweise mit einer Mutante "auf uns zurollt".
Auch der Präsident des deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, warnte vor einer vorschnellen Abschaffung der Maskenpflicht. - mit ähnlichen Argumenten wie Bartsch: zu wenig geimpfte Lehrer und Schüler, die Gefahr der vierten Welle. Aber doch mit anderen Beobachtungen aus dem Schulalltag.
Meidinger sprach nicht obenhin und pauschalisierend davon, dass das Tragen der Masken gelernt und akzeptiert sei, sondern sieht und hört, was Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte auch und nicht selten erzählen: Dass Masken eine Belastung sind. In der Gesamtabwägung plädiert er aber für "größtmögliche Vorsicht".
Indessen sorgt die Irritation über die Werte, die entscheidend sind für die Maskenpflicht, weiterhin für Gesprächsstoff unter Eltern. So hieß es beispielsweise letzten September Jahr in Bayern zum Schulanfang, dass eine Maskenpflicht im Unterricht (ab Klasse 5) ab einer regionalen Sieben-Tage-Inzidenz von 35 greife. Mittlerweile liegt die Inzidenz in einem Großteil der Städte und Landkreise in Bayern darunter. Die Maskenpflicht bleibt.
Die allgemeine Maskenpflicht betreffend könnte das Aufrechterhalten der Maskenpflicht zu einer Sache für Gerichte werden, äußerte der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki am Wochenende: "Bei einer klaren Inzidenz unter 35 darf der Staat gar keine Grundrechte pauschal für alle Bürger einschränken". Die Landesregierungen müssten jetzt "zügig" ihre Verordnungen ändern, sonst würden sie bald von den Verwaltungsgerichten dazu gezwungen.
Gesundheitsminister Spahn sprach sich vor eine vorsichtige, abgestufte Vorgehensweise bei fallenden Inzidenzen aus. In einem ersten Schritt kann die Maskenpflicht draußen grundsätzlich entfallen. In Regionen mit sehr niedriger Inzidenz und einer hohen Impfquote könne die Pflicht dann nach und nach auch drinnen entfallen.