Schwarzgeldskandal weitet sich zur Regierungskrise in Spanien aus
Die Zeitung El País hat Listen des veröffentlicht, wonach auch Ministerpräsident Rajoy regelmäßig Bargeldumschläge erhalten habe
Der ehemalige Schatzmeister der in Spanien regierenden Volkspartei (PP) hatte kürzlich damit gedroht, die "Atombombe" im Schwarzgeldskandal platzen zu lassen (Schwarzgeldskandal wird zur "Atombombe" für spanische Regierung). Heute hat nun hat die große Tageszeitung El País Listen der führenden PP-Politiker veröffentlicht, die von Luis Bárcenas monatlich Bargeld erhalten haben sollen. Sie wurden handschriftlich geführt. Aus ihnen geht hervor, dass praktisch die gesamte Spitze der rechten Partei und auch der heutige Ministerpräsident Mariano Rajoy monatlich Bargeld an der Buchhaltung und Steuer vorbei in Umschlägen erhalten haben soll.
Zudem scheinen sich die Befürchtungen zu bestätigen, dass Bárcenas 11 der 22 Millionen Euro, über die er bei der Dresdner Bank in Genf verfügte, im Rahmen der Steueramnestie der Regierung Rajoy gewaschen und legalisiert hat. Entsprechende Dokumente hat der Ex-Schatzmeister gestern dem zuständigen Ermittlungsrichter Pablo Ruz am Nationalen Gerichtshof übergeben Er hat damit Beweise für die bisherigen Angaben seines Anwalt erbracht, denn die Regierung hatte dies dementiert.
Ruz ermittelt den "Gürtel-Skandal", in dessen Rahmen Bárcenas 2009 zurücktreten musste, weil er vom Unternehmer Francisco Correa 1,35 Millionen Euro erhalten hat, damit dieser an lukrative öffentliche Aufträge kommt. Als der wohl größte PP-Korruptionsskandal 2008 seinen Weg in die Medien fand, wurden die Zahlungen offenbar eingestellt. Er weist deutlich auf illegale Parteienfinanzierung hin und wurde nach Correa benannt. Gürtel ist die deutsche Übersetzung seines Namens und unter diesem Decknamen wurden die Ermittlungen geführt. Viele PP-Führungsmitglieder haben ausdrücklich erklärt, keine Umschläge erhalten zu haben. In einer Presseerklärung hat die Partei auch diese konkreten Vorwürfe nun dementiert. Allerdings nur halbherzig, denn nun wird nur noch von "systematischen Zahlungen an konkrete Personen" gesprochen. Man kenne die veröffentlichten Dokumente nicht will aber nun eine "interne und externe" Buchprüfung vornehmen. Finanzminister Cristóbal Montoro hatte gerade Nachfragen von Parlamentariern sogar als "unverschämt und ruinös" bezeichnet.
Dabei wird es schwer werden, die Fakten weiter zu negieren. Denn auf den Listen finden sich auch Zahlungen an die PP-Generalsekretärin María Dolores de Cospedal und an den früheren Innenminister Jaime Mayor Oreja, der auch weiterhin keine Probleme mit der Franco-Diktatur hat (Katholische Kirche stellt sich hinter Franquisten). Neben weiteren Ex-Ministern wie Francisco Álvarez-Cascos, Javier Arenas, Ángel Acebes stößt man auch auf den Namen von Rodrigo Rato, einst Wirtschaftsminister. Er wechselte auf den Chefsessel des Internationalen Währungsfonds (IWF) und nach seiner Rückkehr fuhr er in Spanien die Großbank Bankia an die Wand, die einen großen Teil der Milliarden für die Bankenrettung verschlingt. Der spanische Regierungschef Rajoy soll 11 Jahre lang jährlich 25.200 Euro erhalten haben.
Bárcenas macht seine Drohungen wahr, weil sich die Partei von ihm distanziert hat. Noch kürzlich hatte er, obwohl er angeblich kein Parteimitglied mehr gewesen sein soll, noch ein Büro, eine Sekretärin und einen Dienstwagen in der Parteizentrale in Madrid. Er will die Partei dazu bringen, ihn vor einer Haftstrafe zu schützen. Tatsächlich war es bisher auffällig, dass das Ministerium für Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen ihn immer wieder einzustellen versuchte. Der Fall hat Parallelen und überschneidet sich mit dem Korruptionsskandal, in den Schwiegersohn des Königs verwickelt ist (Anklage gegen königlichen Schwiegersohn erhoben).
Auch der Geschäftspartner von Iñaki Urdangarin droht immer wieder mit neuen Veröffentlichungen. Am Mittwoch hat der Ermittlungsrichter gegen Diego Torres und Urdangarin eine Rekordkaution von insgesamt 8,1 Millionen Euro verhängt. Das Geld dient als Sicherheit im Falle einer Verurteilung für die Rückzahlung von veruntreuten Geldern. Die sollen aus der öffentlichen Hand über die Stiftung Nóos geflossen sein, in der auch die Königstochter Cristina in der Führung saß (Auch nicht vorbildhaft).
Die Einschläge kommen nun noch näher ans Königshaus heran, da nun auch gegen Cristinas Privatsekretär García Revenga ermittelt wird. Er war Schatzmeister der Stiftung. Obwohl sich das Königshaus längst von Urdangarin distanziert hat, hält es weiter an Revenga fest.