Schweden: Zweiter Booster als Alten-Vorsorge
Die alten Menschen in Schweden brauchen den zweiten Booster. Das dortige Gesundheitsamt hat diese Empfehlung Anfang dieser Woche bekannt gegeben
Die Infektionsrate ist in Schweden weiterhin hoch und es wurden "vermehrt Fälle bei Personen mit besonderem Risiko vermerkt, wie Menschen in Altersheimen", heißt es in der Presseerklärung der Behörde.
"Wir wissen zudem, dass die Impfung nur über drei bis vier Monate Schutzeffekt bietet", so Sören Andersson, Leiter des nationalen Impfprogramms. Die Regelung für den zweiten Booster soll ab kommender Woche gelten und betrifft alle Bewohner von Altersheimen und Menschen, die ambulanter Pflege bedürfen, wenn der erste Booster nicht weniger als vier Monate zurückliegt.
Die "Nachrüstung" wird von einigen Medizinern auch deshalb begrüßt, da die Untervariante von Omikron, welche sich in Schweden ausbreitet, noch weniger auf die gängigen Impfstoffvarianten reagiere.
Schweden ist kürzlich dem Beispiel von Nachbar Dänemark gefolgt und hat am 9. Februar praktische alle Pandemie-Beschränkungen aufgehoben, auch gilt Covid-19 nicht mehr als "gesellschaftsrelevante Krankheit". Begründet wird der Schritt, da die dominante Variante "Omikron" in der Regel zu weniger schweren Verläufen führt.
Ausbrüche in Altersheimen
Dabei kommt es seit Januar wieder vermehrt zu Ausbrüchen mit schweren Verläufen und Todesfällen in Altersheimen. In Schweden starben über 16.716 Menschen an oder mit Covid-19. Vor allem die alten Menschen traf es zu Anfang der Pandemie, da sie nicht ausreichend geschützt wurden. Das skandinavische Land ist bekannt dafür, vornehmlich mit Empfehlungen zu arbeiten und im Frühjahr 2020 keinen Lockdown umgesetzt zu haben.
Am letzten Freitag wurden dort innerhalb von 24 Stunden 109 Personen festgestellt, die mit Covid-19 verstorbenen sind.
In der vergangenen Woche verzeichnete man zudem mit 3.394 Neuinfektionen an einem Tag bei Menschen mit Altersheimen und in den Pflegediensten der Rekordwert seit Beginn der Pandemie.
Aktuell gelten die Ungeimpften unter dem Pflege-Personal als ein Problem, wie es die Zeitung Göteborgposten vom Montag moniert. Erzählt wird dort die Geschichte einer Achtzigjährigen, die sich vergeblich beim kommunalen Pflegedienst dagegen wehrte, dass man ihr umgeimpfte Helfer ins Haus schickte. Die Pensionärin leidet an einer Immunkrankheit und gehört so zu einer besonderen Risikogruppe.
Eine Statistik über den Anteil der Ungeimpften beim Pflegepersonal gibt es nicht, in einem Heim in Uppsala sollen es zwanzig Prozent sein.
Der schwedische "Sonderweg"
Das Weglassen der Restriktionen wurde nicht von allen Experten begrüßt. Viele Maßnahmen waren es auch nicht, die wegfielen - wie etwa Einschränkungen bei der Versammlung in Innenräumen, Begrenzung der Öffnungszeiten sowie die Möglichkeit, einen Impfpass vor dem Einlass zu verlangen. Eine Maskenpflicht gab es in Schweden nie.
Yngve Gustafson, Professor für Altersforschung an der Universität Umea, sieht aufgrund der Lockerungen "Tausende Tote auf Schweden" zukommen, auch die mildere Omikron-Variante wäre für ältere Menschen lebensbedrohend.
Gustafson hält an einer Personal-Aufstockung und strengen Hygieneregeln fest, dazu gehöre auch die Maskenpflicht, die jedoch in Schweden nie durchgesetzt wurde.
Das Sterben der vielen alten Menschen ist auch Gegenstand einer Untersuchungskommission. Glaubt man einem leitenden Arzt des bekannten Karolinska-Krankenhauses bei Stockholm, so sollen viele kranke alte Menschen mit Covid-19 dort abgewiesen worden sein.
Im Gegensatz zum Gros der Länder in der EU wird in Schweden hingegen davon abgeraten, die Fünf - bis Elf-Jährigen zu impfen. Auch hier geht das Land einen "Sonderweg". Über 72 Prozent der Bevölkerung wurden zweimal geimpft, 44 Prozent erhielten den ersten "Booster-Schuss".