Shell und Equinor stoppen geplante Wasserstoff-Projekte in Norwegen
Aufgrund mangelnder Nachfrage und hoher Kosten ziehen Shell und Equinor den Stecker bei geplanten Wasserstoff-Anlagen in Norwegen.
Der Energiekonzern Shell hat seine Pläne für eine kohlenstoffarme Wasserstoffanlage an der norwegischen Westküste aufgegeben. Das teilte das Unternehmen kürzlich mit, nur wenige Tage nachdem der norwegische Ölgigant Equinor ein ähnliches Projekt abgesagt hatte.
Als Grund nannten beide Unternehmen die mangelnde Nachfrage nach blauem Wasserstoff, der aus Erdgas in Kombination mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) gewonnen wird.
Hohe Kosten und regulatorische Unsicherheiten bremsen Wasserstoffprojekte
Obwohl blauer Wasserstoff als Sprungbrett zur Dekarbonisierung der europäischen Industrie und zur Erreichung der Klimaziele vermarktet wird, ist er derzeit teurer als herkömmliche Verfahren. "Wir haben den Markt für blauen Wasserstoff nicht kommen sehen und beschlossen, das Projekt nicht weiterzuverfolgen", erklärte ein Sprecher von Shell in Norwegen gegenüber Reuters.
Gemeinsam mit den Partnern Aker Horizons und CapeOmega wollte Shell bis 2030 täglich rund 1.200 Tonnen blauen Wasserstoff am Aukra Hydrogen Hub produzieren. Die im Juni ausgelaufene Partnerschaft wurde jedoch nicht verlängert. Derzeit habe Shell keine weiteren aktiven Wasserstoffprojekte in Norwegen, so der Unternehmenssprecher.
McKinsey senkt Prognose für Wasserstoffnachfrage bis 2050
Die Entscheidungen von Shell und Equinor spiegeln die wachsende Skepsis gegenüber Wasserstoff wider. Die Unternehmensberatung McKinsey hat in ihrem jüngsten Bericht "Global Energy Perspective" ihre Prognose für den weltweiten Wasserstoffbedarf bis 2050 um bis zu 25 Prozent gesenkt.
Als Gründe nennt McKinsey steigende Kapitalkosten, langsamere Lernraten und höhere Ausgaben für Technologien zur Speicherung erneuerbarer Energien und Elektrolyse. Dadurch seien die Produktionskosten für grünen Wasserstoff um 20 bis 40 Prozent gestiegen. Hinzu kämen regulatorische Unsicherheiten.
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Grüner Wasserstoff bleibt Hoffnungsträger trotz Herausforderungen
Trotz der Rückschläge bleibt Wasserstoff ein wichtiger Baustein der Energiewende. McKinsey erwartet, dass die Nachfrage hauptsächlich in traditionellen Sektoren wie Chemie und Raffinerien steigen wird. Bis 2050 soll der weltweite Verbrauch von grünem Wasserstoff, der ausschließlich aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, auf 179 Millionen Tonnen pro Jahr steigen – heute sind es weniger als eine Million Tonnen.
Laut McKinsey wird der Anstieg jedoch langsamer ausfallen als bisher angenommen. Das könnte die Abhängigkeit von Erdgas verlängern. Blauer Wasserstoff wird ebenfalls eine Rolle spielen: Bis 2050 könnte demnach die weltweite Nachfrage nach dem CCS-Energieträger auf 40 bis 100 Millionen Tonnen pro Jahr steigen.