Shutdown, Reduzierung der Sozialkontakte und Einhalten der sozialen Distanz
Seite 2: II. Reduzierung der Sozialkontakte
Bundeskanzlerin Angela Merkel rief am 12. März dazu auf, Sozialkontakte, so weit es geht, zu vermeiden. Wenige Tage später mahnte auch der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, Sozialkontakte rigoros zu reduzieren. Die neuen Maßnahmen zur Eindämmung der zweiten Welle basieren ebenfalls auf dem zentralen Ziel der massiven Einschränkung der Sozialkontakte.
Der "Berufsverband Deutscher Psychologen und Psychologinnen" reagierte im März nur wenige Tage später mit der Einrichtung einer landesweiten Corona-Hotline und erklärte in einer Pressemitteilung:
Die Maßnahmen der Bundesregierung anlässlich der Corona-Krise und die sich täglich überschlagende Berichterstattung gehen an keinem spurlos vorbei. (…) . Diese Reduzierung der Sozialkontakte kann für den Einzelnen eine hohe Belastung bedeuten. Dazu kommt die Angst vor einer Ansteckung oder die Befürchtung, vielleicht jemanden angesteckt zu haben. Die aktuelle Situation löst in der Bevölkerung Unsicherheit und Befürchtungen aus.
BDP
Dass die Maßnahmen, unabhängig davon, inwiefern sie berechtigt sind, nicht "spurlos" an den Menschen vorüber gehen können, liegt in der Natur des Menschen begründet und kann niemanden ernsthaft überraschen, der diese auch nur ein wenig kennt. Sind die Maßnahmen doch diametral der Natur und den Bedürfnissen des Menschen zuwider.
Betrachtet man die Gruppe älterer Menschen, für die die flüchtigen Kontakte im Alltag oftmals eine wichtige psychologische Stütze und eine Hilfe gegen das Gefühl der Einsamkeit sind, auf die sie nun zu verzichten gezwungen sind, belegen Studien, die die Zunahme der Einsamkeit untersuchen. Allerdings gibt es auch hierbei eine gute Nachricht. Zumindest in den Niederlanden: "In dieser Pandemie nahm die Einsamkeit älterer Menschen zu, aber die psychische Gesundheit blieb in etwa stabil."
In Großbritannien, ein Land, das grundsätzlich massive Probleme mit Einsamkeit hat, belegt eine Studie, dass sich die Sorge bewahrheitet und der Lockdown das Phänomen der Einsamkeit und der Isolation noch deutlich verstärkt hat. Mehr als ein Viertel der Befragten fühlte sich einsam. Besonders betroffen hiervon waren allerdings jüngere Menschen. Eine Tatsache, die man gerne angesichts des evidenten Einsamkeitsproblems der älteren Generation leicht übersieht. Besonders besorgniserregend folgende Aussage der Studie: "In der vergangenen Woche gaben 49% bis 70% der Befragten an, dass sie sich manchmal oder oft isoliert, außen vor gelassen oder ohne Begleitung fühlten."
Eine sehr umfangreiche Studie in Großbritannien über die Auswirkungen des Lockdowns und der sozialen Distanzierung offenbart auch, dass eine weitere Subgruppe massiv betroffen ist, die im öffentlichen Diskurs kaum Beachtung findet: junge Frauen. Das zentrale Ergebnis der wichtigen Studie lautet:
Die psychische Gesundheit in Großbritannien hat sich infolge der Covid-19-Pandemie erheblich verschlechtert - um durchschnittlich 8,1%. Deutlich höher liegt dieser Prozentsatz für junge Erwachsene und für Frauen, d.h. Gruppen, die bereits vor der Covid-19-Pandemie einen niedrigeren Grad an psychischer Gesundheit hatten. Die Ungleichheiten im Bereich der psychischen Gesundheit wurden also durch die Pandemie verstärkt. Noch größere durchschnittliche Auswirkungen sind bei Messungen der psychischen Gesundheit zu beobachten, die die Anzahl der gemeldeten Probleme oder den Anteil der Bevölkerung erfassen, der über häufige oder schwerwiegende Probleme berichtet, die sich bei einigen Gruppen wie jungen Frauen mehr als verdoppelt haben.
Zur Lage der Kinder gibt es aus Deutschland Fakten, die nachdenklich stimmen sollten. Bei Kindern erhöhte sich das Risiko für psychische Auffälligkeiten. Vor der Krise lag dieses Risiko bereits bei etwa 18 Prozent. Während der Krise war dann fast jedes dritte Kind betroffen.
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