Sind Fluchthelfer Schwerverbrecher?
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Olympia-Teilnehmerin und Netflix-Star Sahra Mardini in Griechenland vor Gericht. 24 weitere NGO-Mitarbeiter betroffen. Italien schickt Geflüchtete in Ketten zurück. Was will die EU damit erreichen?
Die Justiz bestraft in Italien diejenigen, die es unterließen, Geflüchtete zu retten, und klagt in Griechenland gleichzeitig jene an, die es taten. Ein Widerspruch, zumal sowohl Italien als auch Griechenland zur Europäischen Union gehören und somit einheitliche Rechtsstandards bei Grundrechten haben müssten.
Tatsächlich ist es noch komplizierter, denn auch in Italien stehen Retter im Fokus der Strafverfolgung. Es kommt wohl auf den Zeitpunkt an, wann die Rettung verweigert wurde. Das gibt scheinbar den Ausschlag dafür, ob sie als Straftat gewertet wird.
2013 war Rettung geboten
Die verurteilten Rettungsverweigerer in Italien müssen indes keine Haftstrafe fürchten. Ihre strafrechtliche Verantwortung ist verjährt. Es handelt sich um ein Bootsunglück vom 11. Dezember 2013, bei dem der Gerichtshof in Rom am 16. Dezember 2022 befand, dass sich die italienische Küstenwache und die Marine der vorsätzlichen Unterlassung der Rettung schuldig gemacht haben und so für den Tod von 268 Flüchtlingen, darunter 60 Kinder, verantwortlich sind.
Die Staatsanwaltschaft hatte beim Verfahren einen Freispruch gefordert. Den Angehörigen der Opfer und den Überlebenden des Unglücks steht nun offen, in zivilrechtlichen Verfahren Entschädigungen einzuklagen.
Aktuell stehen in Italien Retter, darunter auch Crew-Mitglieder des Rettungsschiffs Iuventa, vor einem Strafgericht. Einer der größten Prozesse gegen 21 Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen soll nach dem Willen des Staates belegen, dass sie "Beihilfe zur unerlaubten Einreise nach Italien" geleistet haben und somit die Rettung durch nichtstaatliche Retter de facto verbieten.
Der Prozess stockt. Vor allem, weil es an Übersetzerinnen und Übersetzern mangelt und die Angeklagten so nicht richtig am Prozess teilnehmen können. Die Crew der Iuventa kommentierte dies im Oktober über Twitter:
Die Verweigerung einer angemessenen Übersetzung ist eine Hürde, die Nichtmuttersprachler oft nicht überwinden können. Ihr Recht auf effektive Teilnahme am eigenen Verfahren wird von Behörden systematisch verweigert. … Das ist eine weitere Facette der EU-Gesetzgebung, die gegen Menschen auf der Flucht gerichtet ist, und eine weitere Mauer der Festung Europa, an der die Menschen scheitern sollen.
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