Smart Meter Rollout: Deutschland wagt den Neustart

Christoph Jehle
Männchen in Deutschland-Farben schiebt Smart-Meter an

Die Digitalisierung der Stromzähler in Deutschland nimmt einen neuen Anlauf. Nach mehreren Rückschlägen soll der Smart-Meter-Rollout nun endlich gelingen.

Dass die Digitalisierung der Stromversorgung eine Grundvoraussetzung für eine Erfolg versprechende Energiewende ist, wird in der Fachwelt nicht mehr bezweifelt. Daher gab es mehrere Anläufe, den Rollout für die Smart Meter endlich in die Gänge zu bekommen.

Im Gegensatz zu anderen Ländern der EU hatte man in Deutschland technik-offen auf Wettbewerb gesetzt, bei welchem unterschiedliche Anbieter ihre kompatible Technik vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizieren lassen müssen und erst, wenn der Wettbewerb gesichert war, sollte die Smart Meter-Einbaupflicht beginnen.

Doch mit Beschluss des OVG Münster wurde die Vollziehung einer Allgemeinverfügung des BSI ausgesetzt und damit entfiel die Pflicht zum Einbau von Smart Meter.

Mit dem "Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende" (GNDEW) sollte der deutsche Smart-Meter-Rollout als zentraler Baustein der Energiewende und der cybersicheren Energieversorgung in Deutschland dann erneut Fahrt aufnehmen.

Doch die damals festgelegte Preisobergrenze für die Installation und den Betrieb der benötigten digitalen Messeinrichtungen war nicht zu halten. So zeigte sich schon gegen Ende 2024, dass die Preise für die Digitalisierung deutlich erhöht werden müssen, wenn die Umstellung noch gelingen sollte.

Die Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes

Dass die Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) trotz der anstehenden Bundestagswahl und dem unvermeidlichen Wahlkampf unter dem Zusammenwirken aller bürgerlichen Parteien der Mitte noch rechtzeitig durch den Bundestag und Bundesrat gebracht wurde, zeigt die große Relevanz für die Energiewende auf.

Nicht zuletzt die von vielen Messstellenbetreibern geforderten Anpassungen der Preisobergrenzen, aber auch die weiterentwickelten Rollenverteilungen wurden vielfach erwartet und können jetzt zeitnah umgesetzt werden.

SmartGrids BW veranstaltete zu diesem Themenfeld ein Webseminar am 18. Februar 2025, auf welchem von Michael Weise von Becker Büttner Held erläutert wurde, wie die Novelle des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) den Smart-Meter-Rollout beeinflussen wird und welche konkreten Änderungen es gibt und wie diese die Kostensituation für die Haushalte beeinflussen. Er betonte dabei die Bedeutung der Gesetzesänderung für die Beschleunigung der Digitalisierung in der Energiewende und den Abbau regulatorischer Hürden.

Paradigmenwechsel vom Smart Meter-Rollout zum Smart-Grids-Rollout

Ein zentraler Punkt der jetzt erfolgten Novelle ist die Erleichterung des Smart-Meter-Rollouts nicht nur der Verbrauchszählerablesung, sondern auch im Sinne der Anlagensteuerung. Die neuen Rahmenbedingungen entwickeln das Wesen des Smart-Meter-Rollouts hin zum Smart-Grids-Rollout, da die netzdienlichen Eigenschaften stärker in den Fokus rücken.

Stand bislang beim Smart Meter Rollout die Messung von Energieflüssen im Vordergrund, so wird der Smart Meter nun zum zentralen Steuerungselement für die Energieinfrastruktur und somit ein Kernelement der Digitalisierung der Elektrizitätsversorgung. Dabei steht besonders die Interoperabilität der Systeme im Vordergrund, die durch die Fokussierung auf den Smart Meter als standardisiertes Element erreicht werden soll.

Die Rolle der Messstellenbetreiber erfährt durch die Novelle eine bedeutende Erweiterung, die den meisten Stromkunden bislang noch nicht bewusst ist. Die Messstellenbetreiber erhalten zusätzliche Aufgaben mit erweiterten Verantwortungsbereichen bei der Einbindung dezentraler Erzeugungsanlagen und Speichersysteme. Die Position der wettbewerblichen Messstellenbetreiber wird dabei gestärkt, um mehr Marktvielfalt und Innovation zu ermöglichen.

Zudem wird das Sanktionsregime mit Blick auf die Erfüllung der Ausstattungsverpflichtung verschärft. Derzeit sind bei Verstößen gegen die Ausstattungsverpflichtung nur Aufsichtsmaßnahmen der BNetzA möglich, künftig soll die BNetzA in bestimmten Fällen einen Auffangmessstellenbetreiber einsetzen können, der die geforderten Leistungen erbringen, aber seinen Sitz nicht in der Nähe des Kunden haben muss.

Finanzierungslücke geschlossen

Eine der zentralen Diagnosen des Digitalisierungsberichts des Bundeswirtschaftsministeriums vom 22. Juli 2024 war die Finanzierungslücke durch die bisherigen Preisobergrenzen. Diese wurden in der Novelle nun angepasst, ebenso die Entgeltlogik für Steuerungseinrichtungen.

Weiterhin wurde die Möglichkeit für grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSB) geschaffen, sich Zusatzleistungen in angemessenem Rahmen vergüten zu lassen. Die Kosten für die Endkunden können sich aufgrund der Gesetzesnovelle deutlich erhöhen.

In der Novelle gibt es jetzt auch Neuerungen in Bezug auf die Rolloutquoten sowie die Preisunterschiede für Pflicht- und freiwillige Einbaufälle von Smart Metern. Nach § 29 MsbG haben grundzuständige Messstellenbetreiber, soweit dies nach § 30 wirtschaftlich vertretbar ist, Messstellen an ortsfesten Zählpunkten zu den in § 45 genannten Zeitpunkten wie folgt auszustatten.

Einerseits mit intelligenten Messsystemen bei Letztverbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch über 6.000 Kilowattstunden.

Andererseits mit intelligenten Messsystemen und einer Steuerungseinrichtung am Netzanschlusspunkt sowohl bei Letztverbrauchern, mit denen eine Vereinbarung nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes besteht und auch bei Betreibern von Anlagen mit einer installierten Leistung über sieben Kilowatt, soweit diese erforderlich ist, um jeweils bis zum Ablauf der gesetzlichen Zieljahre Anlagen zu den nach § 45 Absatz 1 gebotenen Anteilen an der installierten Leistung auszustatten.