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Smarte Maschinen

Kismet, ein Roboter des MIT,der Emotion erkennen und simulieren kann (Ende 90er Jahre). Bild: Polimerek / CC-BY-SA-3.0

Wie werden Menschen und Roboter zusammenleben?

Ein Thema wandert länger schon durch die Medien: Maschinen übernehmen die Arbeitswelt der Menschen, Androiden werden neue Liebespartner, das Gespenst der Automatisierung kehrt zurück in die Fabriken und hinterlässt einen Maschinenpark. Was steckt hinter dieser Berichterstattung? Anstelle eines Medienspiegels soll von der Entwicklung selbst geschrieben werden. Informationen von den Quellen, den Labors, den Think-Tanks, an denen die Maschinen von Morgen gebaut werden.

Wenn wir heute an eine Maschine denken, die die Aufgaben eines Menschen übernimmt, dann gibt es einen solchen Automaten entweder schon, oder wir können zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass irgendjemand in einem Labor oder einer Garage an Version 0.1 bastelt

so die Autoren Erik Brynjolfsson und Andrew McAfee des Buchs "The Second Machine Age" und weiter:

Unsere Generation dürfte das Glück haben, zwei der faszinierendsten Ereignisse der Geschichte mitzuerleben: die Entwicklung wirklich intelligenter Maschinen und die Vernetzung aller Menschen über ein gemeinsames digitales Netz, das die Weltwirtschaft verändert. (S. 301)

Beteiligt an diesem Umbruch werden "Innovatoren, Unternehmer, Wissenschaftler, Bastler und viele andere Computerfreaks" sein. Brynjolfsson und McAfee weisen nur wenige Seiten später auf die Gefahren von komplexen Netzwerken hin. Mit der Technologie geht eine Verantwortung einher.

Der Wissenschaftsjournalist Ulrich Eberl [1] hat ein ausführliches Buch zum Thema geschrieben; viele seiner Kapitel leitet er mit fiktionalen Zukunftsszenarien ein, die die Mensch-Maschine-Beziehung thematisieren. Er erreicht damit vor allem eines: ein Gefühl für den Umgang mit smarten Maschinen zu vermitteln. Denn die zunehmende Automatisierung, die zunehmende Emanzipation der Maschinen und der Menschenähnlichen (Androiden) ist längst nicht mehr allein Stoff der Science Fiction-Literatur.

Anwendungsgebiete

Smarte Maschinen betreffen zunächst Alltagsgegenstände, die die Wohnung zum Smart Home machen, die "mitdenken".

Eine andere Liga der smarten Maschinen sind Roboter und autonome Fahrzeuge. Es liegt umfangreiche SF-Literatur vor, in der Roboter bereits unzählige Rollen im Verhältnis zu Menschen und anderen Robotern eingehen. Sehr eindrücklich in unserer Gegenwart natürlich die entsprechenden Filme mit Roboter-Rollenbesetzung.

Roboter (0 Bilder) [2]

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Der Ursprung des Wortes "Roboter" entstammt dem slawischen Sprachraum und leitet sich vom tschechischen Wort robota ab, das so viel wie "Zwangsarbeit" bedeutet. Karol Čapek nutzt in seinem Theaterstück "R.U.R. Arms" die Bezeichnung labori. Das Wort robot hatte Karols Bruder Josef vorgeschlagen. Das ist ein eigenes Thema, wie Roboter in diesen Werken präsentiert werden - als Partner oder Feind des Menschen.

In Bezug auf das Thema smarte Maschinen geht es um Cognitive Computing (Begriff von IBM), um das Selbstlernen der Maschine zu bezeichnen. Aus ihren Tätigkeiten entwickelt sie künstliche Intelligenz, auch unter dem englischen Kürzel AI (für artificial intelligence) bekannt.

Maschinen, auch oder gerade weil sie smart sind, sollen Aufgaben übernehmen, die für Menschen zu öde oder gefährlich sind, sie sollen helfen und möglicherweise das gesellschaftliche Verhältnis zur Arbeit neu bestimmen. Für ungeliebte Arbeiten könnten intelligente Roboter eingesetzt werden. Die Angst, dass Roboter aus ihrer Arbeitsfunktion ausbrechen könnten und eigenen Willen entwickeln, spielt in diesem kulturellen Kontext des künstlichen Menschen immer mit.

Wenn Roboter die Arbeit von Pflegekräften übernehmen, sieht es plötzlich anders aus. Die alten Familienmitglieder Maschinen anzuvertrauen, steht gegen eine humanitäre Ethik, gegen menschliches Mitgefühl. Solche Haltungen sind bis zu einem gewissen Grad willkürlich.

Wichtig für die zunehmende Verbesserung der Roboter sind so genannte neuromorphe Chips. Chips, die sich an das Neuronennetzwerk des menschlichen Hirns technologisch annähern. Die Neurochips kommen dabei jedoch noch nicht an die Leistungen von Supercomputern ran. Es kann in etwa das Hirn einer Maus simuliert werden, jedoch eher im Ruhezustand als in Aktion. Die Entwicklung befindet sich noch am Anfang. Ziel ist es, die unendliche schnelle Komplexität des menschlichen Hirns als Modell für das Lernen der Maschinen nachzubilden.

Mensch-Maschine-Beziehungen

Ein vieldiskutiertes Modell ist das autonome Fahrzeug, das nicht nur das Fahren übernimmt, sondern durch die Anbindung an ein Netzwerk aktuelle Informationen über mögliche Staus, Wetterlage, Gefahrenlagen aufnimmt und sollte es selbst betroffen sein, diese Information an andere Fahrer weitergeben kann.

Die Herausforderung, rotes Ampellicht vom Rücklicht eines vorfahrenden Autos zu unterscheiden, ist nicht zu unterschätzen. Was für menschliche Verkehrsteilnehmer durch Beobachtung und Kombination leicht(er) zu lösen ist, wird für autonom fahrende Fahrzeuge schwierig. Radarsensoren und Kameras wie auch eine Software, die die gewonnenen Bilddaten in Echtzeit auswertet, müssen fehlerfrei miteinander agieren. Ein Objekt auf der Straße mag für ein Computer-Auto ein Hindernis darstellen, ob es nun eine Papiertüte oder ein Stein ist. Die identische Form unterscheiden zu können in Bezug auf das Gewicht, wird durch Deep Learning versucht.

",Olli" ein autonomer Bus, der durch Watson gesteuert wird (CeBIt 2017). Bild: Frank Schwichtenberg / CC-BY-SA-4.0 [4]

Deep Learning bezeichnet die Mustererkennung - Maschinen müssen wie kleine Kinder die Gegenstände kennen lernen und den richtigen Umgang damit beigebracht bekommen. Die Rechenleistung, so die Planung der Robotiker, erleichtert den Abgleich der wahrgenommenen Bilddaten mit einer Datenbank. Eine hohe Menge an Informationen kann abgeglichen und entsprechend kategorisiert werden. Schwierig wird es, von den meist zweidimensionalen Bildbeständen im Internet auf dreidimensionale Gegenstände in der Realwelt zu schließen.

Wird ein solches System vom Menschen benutzt und die Erkenntnisfähigkeiten dieses Spezialisten durch die Maschine verstärkt, ergeben sich angestrebte synergetische Effekte.

So ermöglicht der IBM-Supercomputer Watson in Schwellenländern eine Fernbehandlung - er ist mit dem System einer US-Klinik, einem Krebszentrum, verbunden und kann durch Bilddiagnose die Tumore mit dem bestehenden Datenstand vergleichen. Innerhalb kurzer Zeit werden mögliche Therapieformen durchforscht und vorgeschlagen. Hochauflösende Bildübertragung ermöglicht auch Fernchirurgie.

Kinderhirn im Supercomputer

Dennoch sprechen manche Forscher noch von "Kinderhirnen im Supercomputer". Die aktuelle Forschung setzt sich - je nach Perspektive - ambitionierte oder bescheidene Ziele: Die Intelligenz eines etwa zehnjährigen Kindes soll etwa bei dem Aristo-Projekt erreicht werden. Dazu erzählt Oren Etzioni:

Wir wollen […] erreichen, dass unser System im Jahr 2016 bei Tests für Viertklässler besser als das durchschnittliche amerikanische Kind abschneidet. (Eberl, S. 139)

Ein Computersystem kann zwar eine Vielzahl an Daten überschauen, doch die richtigen Schlüsse zu ziehen, erfordert ein Hintergrundwissen. Ein gutes Beispiel wäre, ein gutes Buch schreiben. Wie kann man einer Maschine den Unterschied zwischen einem guten von einem schlechten Buch erklären? Sind diese Werturteile nicht Ergebnisse jahrhundertelanger Kanonisierungs- und Ausschlussprozesse? Lassen sich einer smarten Maschine Minimalanforderungen an Stil und Rhetorik beibringen? Schreiben zukünftig Roboter Texte für Menschen?

Bislang wird die in den Achtzigern begonnene Automatisierung weiter ausgebaut. Die Interaktion mit menschlichen Arbeitern soll zunehmend verfeinert werden. Roboter stellen sich auf die menschlichen Kollegen ein; wenn eine Erschütterung von den Sensoren wahrgenommen wird, schaltet der Roboter in einen "soften Sicherheitsmodus" um. Der menschliche Kollege soll nicht durch die Wucht des Metallarms verletzt werden. Die Grundidee ist es, die Arbeit zu erleichtern oder stark mechanisierte Vorgänge von Robotern erledigen zu lassen.

Aber ist dieser Gedanke noch aktuell?

Human-Brain-Projekt

Es geht längst darüber hinaus. International arbeitet die Robotik an einer möglichst überzeugenden Simulation des menschlichen Hirns; das Projekt firmiert unter dem Namen "Human Brain". Einerseits ist eine hohe Rechnerleistung notwendig, andererseits müssen die Roboter feinmotorische Abläufe einstudieren. Bislang sind die Fähigkeiten noch begrenzt. Der Atlas-Roboter kann zumindest auf Treppenstiegen hüpfen und eine Rolle nach hinten machen.

Ziel des Projekts "Human Brain" ist es hingegen, ein menschliches Hirn mit seiner Schnelligkeit und Komplexitätserfassung im Metallkopf eines Robots zu simulieren. In Heidelberg entwickelt der Physiker Karlheinz Meier einen ziemlich neuen Supercomputeransatz: "neuromorphe Chipstrukturen" ersetzen digitale Technologie. Sie funktionieren wie Nervenzellen im Hirn. Meier führt dazu aus:

Das ist im Gehirn genauso. Da sind die Nervenzellen und ihre Verbindungen Prozessor und Speicher zugleich - und die Neuronen entscheiden selbst, wann sie feuern. Nämlich dann, wenn ihr Membranpotenzial einen bestimmten Schwellenwert erreicht hat. (Eberl, S. 149)

Die neuromorphen Chips sind 10000 Mal schneller als das biologische System. Zugleich lassen sie sich frei einstellen und den zu nachbildenden biologischen Modellen anpassen. Aus diesem Material könnten dann eventuell auch bio-mechanische Wesen gebaut werden, die der Auffassungsgabe des Menschen ziemlich nahe kommen könnten. Die Neuronen stülpen sich über die elektronischen "Implantate".

Kodomoroid® der erste Nachrichtensprecher-Android von Hiroshi Ishiguro. Bild: Franklin Heijnen / CC-BY-SA-2.0 [5]

Phänotypisch arbeitet der japanische Ingenieur Hiroshi Ishiguro in Osaka an einem menschlichen Doppelgänger. Ein weibliches Modell (Geminoid F) erinnert nicht von ungefähr an manche Science Fiction-Phantasie. Von Ishiguro gibt es auch einen Doppelgänger - die Ähnlichkeit zwischen Mensch und Maschine ist verblüffend. Vorbehalte hat der Visionär nicht:

Sie werden in Zukunft eigenständiges Verhalten bekommen sowie Bedürfnisse und Ziele. Sie sollen nach Menschen Ausschau halten, mit ihnen sprechen und eine Vorstellung davon entwickeln, was ihr Gegenüber gerade tun will", erläutert Ishiguro. Das wäre eine "Theory of Mind also, dazu Gefühle, eine innere Motivation mit Belohnungen und eigenständigen Zielen. Das sei eine enorme Herausforderung, betont Ishiguro, denn mit Androiden sei so etwas noch nie angegangen worden. (Eberl, S. 323-324)

Die schwedische SF-Serie "Real Humans (Äkta människor)" [6] stellt die Frage nach der Trennlinie zwischen Mensch und menschenähnlichem Roboter (Android).

Inmitten der schwedischen Gegenwart sind Hubots erhältlich (menschenähnliche Roboter), die für den Haushalt, als Chauffeur, als verlässliche Arbeitskräfte, aber auch schon als Partner für alleinerziehende Mütter oder pubertierende Teenager zu erwerben sind. Doch sind nicht alle Hubots für den rein kommerziellen Zweck geschaffen. Eine kleine Gruppe von Hubots sagt sich von der Vermarktung los und entwickelt vom Menschen unabhängige Pläne.

Die Serie spricht den Zwiespalt zwischen Maschine und menschenähnlichen Wesen an - welche Rolle übernehmen Roboter, die wie Menschen aussehen und teilweise darauf programmiert sind, so wie wir zu fühlen?

Diese Frage berührt die Simulation des menschlichen Hirns - wenn sie möglich ist, könnten dann Apparate, die nicht durch Geburt auf unsere Welt gekommen sind, aus Erfahrungen lernen, selbstständig werden? Für Produktionsabläufe ist ein menschliches Aussehen nicht erforderlich. Greifarme sind wichtiger als schöne Hände.

Sollen die Roboter jedoch im menschlich-persönlichen Bereich eingesetzt werden, wären ansprechbare Gesichter und feinmotorische Finger vonnöten. Das bereits erwähnte "unheimliche Tal" liegt dazwischen. Ist der Roboter menschenunähnlich, könnten pflegebedürftige Senioren Ängste entwickeln. Ist er wiederum zu menschenähnlich, könnte die gesellschaftliche Angst vor zu großer Nähe umgehen.

Neujahr 2018 feierte der Roman "Frankenstein" der britischen Schriftstellerin Mary Shelley 200. Geburtstag. Frankensteins Monster wird aus Leichenteilen zusammengeflickt, ein künstlicher Mensch geschaffen. Frankenstein ist ein Produkt des 1. Maschinenzeitalters. Können Roboter also die Frankensteine des 2. Maschinenzeitalters werden? Statt Dampf und Elektrizität nun Digitalisierung und Prozessortechnologie. Shelleys Roman entwirft eine Zukunft, in der die technologischen Möglichkeiten das ethische Bewusstsein übersteigen. Doktor Frankenstein ist nicht in der Lage, seinem geschaffenen Wesen Orientierung zu geben.

Die Roboter unterscheiden sich hiervon deutlich: bislang überwachen die Entwickler jeden Schritt ihrer metallischen Zöglinge. Wenig wahrscheinlich, dass einer der Roboter zu einem frankensteinschen Monster mutiert. Die Bewegung solch künstlicher Intelligenz in der Welt der Dinge scheint unendlich schwieriger als hochkomplexe Rechenaufgaben in Sekundenschnelle lösen zu lassen.

Dennoch geht eine andere Angst um: Nicht so sehr vor einem neuen Frankenstein-Monster, sondern vor dem Verlust des eigenen Arbeitsplatzes. Oder aber der drohende Verlust der Kontrolle im eigenen Smart Home.

Internet-of-Things oder wie Dinge denken lernen

Die Überlegung, durch Digitalisierung das alltägliche Leben zu vereinfachen, durchzieht das Internet of Things (IoT). Gebrauchsgegenstände werden durch entsprechende Digitaltechnik, wie Sensoren und Verbindung zum Internet zu selbsttätigen Geräten, die zum Beispiel das Nachfüllen und Nachordern den menschlichen Benutzern abnehmen. Oder aber das kürzlich auf der Smart City Expo in Barcelona präsentierte Modell einer Bewässerung der Grünanlage nach voriger Messung der Luftfeuchtigkeit und Wassergehalt im Erdboden.

Sind die Geräte nur unzureichend geschützt, fällt eine "Infiltration" der Steuerung nicht schwer. Einige veraltete Geräte lassen sich gar nicht umfassend an den aktuellen Stand der Digitalisierung anpassen. Gibt es dann zwei Welten, deren Lücken sich die Hacker bedienen?

Langzeitbelichtung eines Saugroboters, die seine Route sichtbar macht. Bild: Chris Bartle / CC-BY-2.0 [7]

Ein positives technologisch-fortschrittliches Programm zeichnet eine Zukunft, in der sich der Mensch vom Joch der Arbeit befreit hat. Es sind einfache Tätigkeiten. Oder überschaubare, wie das Fahren auf der Autobahn. Dass ein Computer das Schreiben von intelligenten und schön geschriebenen Texten übernommen hätte, ist bislang nicht vorgekommen. Die smarten Maschinen brauchen nach wie vor Anweisung beziehungsweise werden auf bestimmte Bewegungen und Gesten der Menschen programmiert. Sobald diese Muster erscheinen, laufen Routinen ab. Kreative Schlüsse aus Erfahrungen zu ziehen scheint nach wie vor ein Alleinstellungsmerkmal der Menschen zu sein. Auch entscheiden die Maschinen bislang nur innerhalb der vorgegebenen Befehlskette. Bis jetzt sind Ballspielende und auf die Straße springenden Kinder für autonome Autos ein Problem.

Eine kooperative Umgebung empfiehlt sich, wenn Menschen mit Maschinen zusammenarbeiten und die vernetzten Dinge "mitdenken".

Man könnte direkt fragen, ob dieser Text von einer Maschine geschrieben wurde? Robo-Journalismus ist möglich: Aus der Vielzahl der im Netz erhältlichen Artikel zum Thema kann eine mit dem Internet verbundene maschinelle Schreibkraft signifikante Häufungen in den Texten erkennen, die Sätze übernehmen und in korrekte Syntax überführen. Das Rechtschreibprogramm in Word ist nur ein zarter Anfang. Dies ist jedoch kein selbstständiges Arbeiten, sondern Addition des vorgefundenen Webmaterials. Cut & Paste des Menschenwerks. Im Digitaldiskurs wird diese Methode der Altmaterialverwendung als selbstverständlich verstanden. Nicht nur der Autor ist längst gestorben, sondern auch die Originalität. "Die Kopie von der Kopie von der Kopie von der Kopie", wie es der Berliner Rapkünstler Romano in seinem Song "Copyshop" [8] auf den Punkt bringt.

Das ist nicht weiter schlimm, wenn man das große Bild im Blick behält: die sehr bekannten Asimovschen Gesetze sehen vor, dass Robotwesen stets dem Menschen zugeordnet bleiben und jede Motivation gegen ihre Herren unterdrücken. Mit den Dingen verhält es sich ebenso. Die Horrorvisionen eines Stephen Kings, dass sich Autos verselbstständigen und ihre Besitzer umfahren, also bewusst töten, scheint weit entfernt zu liegen.

Wie sieht es jedoch mit einem anderen (filmischen) Beispiel aus? Die Rede ist von HAL 9000, dem Raumschiffcomputer in Stanley Kubricks Film "2001: Space Odyssey": Er wendet sich gegen den Astronauten, entwickelt eigene Bewertungskriterien. Vor allem, weil es um seine Abschaltung geht.

Im Smart Home ist Milch als bekömmliches und gesundes Getränk für den Menschen gespeichert und so bestellt der PC eine neue Packung, sobald der Vorrat weniger wird. Der Mensch möchte auf Milch verzichten, da er sich zunehmend schlechter fühlt. Er führt das auf Milch zurück, da er jeden Morgen Müsli isst. Er weiß es noch nicht, aber er entwickelt eine Lactoseintoleranz. Hierzu existieren noch keine Untersuchungswerte (vom Hausarzt z.B.) in der Cloud, weil sich der Verdacht noch nicht erhärtet hat. Der Smart Home-PC jedoch orientiert sich an den zur Verfügung stehenden Daten, zum Beispiel aus dem Gesundheitsordner.

Der PC bestellt also weiterhin die Milch und überwacht die Einnahme, weil vor einem Jahr der Techniker die Milch als gesundheitsfördernd einprogrammiert hatte. Die Frage stellt sich, welchen Spielraum das Smart Home dem eigenverantwortlich handelnden Bewohner dieses Hauses einräumt. Wer trägt die letztgültige Entscheidung?

Wie smart sind sie jetzt wirklich?

Die Kommunikation zwischen der Dingwelt, den Maschinen und Menschen ist bislang noch fehleranfällig. Andererseits gab es kürzlich in der amerikanischen Zeitschrift Wired einen Artikel zu lesen [9], der für 2017 ein sehr positives Jahr für die Entwicklung rekapituliert.

Die Computertechnik ist schnell genug, die Chips sind klein genug geworden und die Fähigkeit ist gewachsen, große Datenmengen zunehmend intelligenter analysieren zu können. Die Masse an möglichen Daten erschwert eine rein algorithmische Einschätzung eines möglichen Problems. Aus Big Data muss Smart Data werden. Die Vielzahl an Informationen muss für die jeweilige Situation fokussiert werden.

Gerade die Vielfalt des menschlichen Hirns und die Masse an Nervenzellen, die mit den Neurochips nachgebildet werden müsste, um an das Niveau eines menschlichen Hirns zu kommen, stellt die Forschung noch vor große Aufgaben. Bis die Intelligenzleistung einer Maus oder eines Schimpansen erreicht sei, würde laut Experte Nick Bostrom noch viel Zeit vergehen. Wenn jedoch erstmal das Niveau eines "Dorftrottels" erreicht sei, wäre Einstein nicht mehr weit.

Erlangt diese KI Bewusstsein, würde ihre Intelligenz den Ingenieuren, die sie entwickelten, davon galoppieren. Diese negativen Vorahnungen werden von vielen Forschern in diesem Gebiet nicht geteilt, weil man jetzt noch nicht vorher sehen könne, was aus solcher Selbstorganisation entstünde. Vielleicht kann eine ziemlich gegenwärtige Science Fiction, die sich vom bereits jetzt Möglichen etwas in die Zukunft vorwagt, am besten mögliche Szenarien entwerfen? Die Angst geht um, man stoße eine Entwicklung an, die nicht mehr aufzuhalten sei.

Man könnte entgegensetzen, dass auch das Internet keinen Ausschaltknopf habe. Bis eine selbsttätige und lernende Systematik entwickelt ist, wird das menschliche Leben durch smarte Maschinen erleichtert. Bereits jetzt helfen Prothesen verletzten und schwerbehinderten Menschen im Alltag. Körper verwachsen mit metallischen implantierten Mikrochips, Logistikzentren wie vom Handelsriesen Amazon setzen Roboter ein, in der industriellen Produktion schon lange, Smartphones sind längst kleine mobile Schaltzentralen und Infozentren. Sich dagegen wehren hieße, diese Gerätschaften nicht zu kaufen und zu nutzen. Das kommt zumindest im privaten Feld häufiger vor.

Jede Maschine ist nach wie vor von Menschen konstruiert. Mehr als Unterstützung ist bislang nicht in Sicht. Maschine ist dann letztlich, was wir daraus machen. Science Fiction-Filme behandeln nach wie vor das Thema Mensch-Maschine oder Replikanten-Verwechselungen. Medienberichte häufen sich, was Roboter, Haushaltsgeräte und Menschen miteinander tun können. Mehr noch, wenn sie alle miteinander vernetzt sind. Das Zeitalter der Digitalisierung wird beschworen, Beginn und Ende bedacht.

Ein Ausblick

Kurzum: Das Zusammenleben mit smarten Maschinen wird davon abhängen, wie die betroffenen Bürger mit der Automatisierung des täglichen Lebens umgehen. Algorithmen bestimmen den Rhythmus. Andererseits eröffnen gerade sie ungeahnte kreative Möglichkeiten.

Die mangelnde Fähigkeit der Roboter zur Kontextualisierung, was Menschen durch Beobachtung und Konversation lösen, stellt noch ein großes Problem dar. Wie kann eine Maschine Humor erkennen? Wie nimmt ein Android Gruppengespräche wahr? Welche Uhrzeit stellt der Wecker mit Kontakt zum Internet für einen persönlich ein?

Das "unheimliche Tal" zwischen Mensch und smarter Maschine wird durchschritten, doch der Weg ist noch lang, bis sie als smarte Partner interagieren können. Doch vielleicht soll ein anderer Pfad beschritten werden? Im Buch "The Second Machine Age" schließen die Autoren mit den Worten: "Technologie ist kein Schicksal. Wir haben unser Schicksal selbst in der Hand." (S. 309) Vielleicht sind diese Worte etwas zu hoch gegriffen? Ray Kurzweil, Director of Engineering bei Google, schreibt ein Buch mit dem Titel "The Singularity is Near" (2005), womit er ein maschinelles digitales Selbstbewusstsein meint. Doch davon sind wir noch weit entfernt. Kurzweil gibt sogar eine Jahreszahl (2045) an. Er hat sich eine besondere Diät verordnet, um nicht vor diesem Ereignis zu sterben.

Die Maschinen sind bislang so smart, wie ihre menschlichen Entwickler sie gestalten. Der (mögliche) Frankenstein bleibt vorerst ein Golem. Doch wer weiß, ob das mystisch-magische Geschöpf nicht bald Realität wird? Arthur C. Clarke hat den bekannten Spruch geprägt, dass High-Tech nicht viel anders als Magie sei. Und schreibt daher nicht von ungefähr der polnische Autor Stanislaw Lem sein Buch "Also sprach GOLEM" (1981) über einen Supercomputer namens GOLEM? GOLEM steht hier für "General Operator, Longrange, Ethically Stabilized, Multimodelling" - ein kybernetisches System, das mehrere Qualitäten in sich vereinigt und als Stratege zumindest in der Fiktion mehrere Staatsämter und Militärgrade bekleidet. Die Künstliche Intelligenz mit dem Namen eines künstlichen Knechts, der durch Magie zum Leben erweckt wird. Mehrere Werke beschäftigen sich mit der Sagengestalt Golem. Zentral ist das Verhältnis von Herr und Knecht.

Minoru Asada, japanischer Professor für adaptive Maschinen und Leiter der Neurorobotik an der Osaka-Universität, möchte soziale Roboter und er ist überzeugt, dass im 21. Jahrhundert ein Zusammenleben von Menschen und Robotern geschehen wird. Ein Abschied vom Verständnis des Roboters als Knecht des Menschen. Sein Landsmann Ishiguro geht noch weiter und ist davon überzeugt, dass sein weibliches Modell Geminoid F "Sonzai-kan" besitze. Das ist der japanische Ausdruck für die Präsenz einer Seele in einer Person oder einem Objekt.

Es wird deutlich, dass die Frage: Wie clever und smart Maschinen sein sollen, darüber entscheiden wird, wie viel Bewusstsein die Apparate erhalten werden. Das Verhältnis zwischen Selbst- und Fremdbestimmung wird die technologische Entwicklung unverändert begleiten.

LITERATUR

Brynjolfsson, Erik und Andrew McAfee: The Second Machine Age. Wie die nächste Revolution unser aller Leben verändern wird, Kulmbach ³2015.

Drux, Rüdiger (Hg.): Der Frankenstein-Komplex: Kulturgeschichtliche Aspekte des Traums vom künstlichen Menschen, Frankfurt am Main 1999.

Eberl, Ulrich: Smarte Maschinen. Wie Künstliche Intelligenz unser Leben verändert, München 2016.

Lem, Stanisław: Also sprach GOLEM, Frankfurt am Main 1986.

Shelley, Mary: Frankenstein Oder der moderne Prometheus, 1818 - 2018 (kontinuierlich aktualisiert; zuerst anonym veröffentlicht).


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[4] http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en
[5] http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/deed.en
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Real_Humans_%E2%80%93_Echte_Menschen
[7] http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.en
[8] https://www.youtube.com/watch?v=6Z0lWw4Jw9c
[9] https://www.wired.com/story/2017-was-the-year-the-robots-really-truly-arrived/?mbid=nl_123017_daily_intro