So gut wie indiziert
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Im Streit um Spiele für Erwachsene sorgt das international gefeierte "Dead Space 2" für neuen Diskussionsstoff
Eine Landesregierung zeigt Einsatz. Statt sich jedoch für bessere Bildungssysteme, Familienpolitik oder Integrationsmaßnahmen einzusetzen, will sie das Verbot eines Videospiels erzwingen, das regulär vom Kontrollgremium der USK abgesegnet wurde: Während Dead Space 2 internationale Charts anführt, muss Electronic Arts die Veröffentlichung seines Prestige-Titels hierzulande immer weiter verschieben. Versandhändler in Österreich und England freut das: Es beschert ihnen auch die Bestellungen deutscher Spieler. EA Deutschland muss dafür Verluste einstecken, die einer Indizierung nahe kommen.
Das bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen unter Führung von Christine Haderthauer (CSU) will die Veröffentlichung von „Dead Space 2“ mit allen Mitteln verhindern – scheinbar um neue Maßstäbe zu setzen. Obwohl die USK den Survival-Horror-Shooter ausgiebig getestet und schließlich für den Verkauf ab 18 Jahren freigegeben hat, bleibt die Ministerin uneinsichtig. Dabei bräuchte sie gar keine Sorge zu haben. Die USK, seit 1994 fest installierte Testinstitution für Computer- und Videospiele in Deutschland, gilt neben Prüfstellen in China und Australien als strengstes Kontrollgremium für interaktive Unterhaltungsprodukte weltweit.
Sie stellt die Weichen dafür, welche Spiele hierzulande erscheinen dürfen und ob sie entschärft werden müssen. Diplomierte Pädagogen und Sozialwissenschaftler unter Vorsitz des ständigen Vertreters der Obersten Landesjugendbehörde, entscheiden nach eingehender Testdokumentation, für welches Alter das Produkt empfohlen wird. Verweigert die USK eine Einstufung, tritt die BpjM (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, ) auf den Plan, was oft die Indizierung des Spieles nach sich zieht.
Fünf Meinungen reichen nicht
Der Streit um die Deutschlandveröffentlichung von „Dead Space 2“ ist auch ein Vorstoß gegen die halbstaatliche Selbstkontrolle der USK. Nicht wenige Gegner zweifeln die Institution an oder stellen ihre Kompetenz in Frage. Ziel ist mindestens eine Schwächung des Gremiums für zukünftige Entscheidungen und noch mehr Mitspracherecht des Staates bei der Zulassung von Unterhaltungselektronik für Erwachsene. Während Erwachsenenspiele in populistischen Argumentationen hierzulande oft voreilig als Verstärker psychischer Schäden bis hin zu Auslösern für Straftaten diffamiert werden, gilt der Markt in anderen europäischen Ländern, den USA oder Russland längst als ernst genommener Wirtschaftsfaktor.
Auch bei „Dead Space 2“ handelt es sich um den Nachfolger eines Millionen-Hits. Teil 1 erhielt 2008 bereits die Einstufung „Keine Jugendfreigabe“, also ab 18 Jahren. Nach diesem hoffnungsvollen Urteil für erwachsene Spieler sollte Teil 2 erwartungsgemäß die gleiche Einstufung erwarten. Um ein wissenschaftlich gestütztes wie lückenloses Testergebnis zu erhalten, ließ die USK „Dead Space 2“ ganze fünf Mal testen – mit dem Ergebnis, dass das Horrorabenteuer auf der Raumstation nicht gegen die Indizierungskriterien der Bpjm verstößt, an denen sich die USK bei der Prüfung orientiert. Bayern legte trotzdem Beschwerde ein und forderte erstmals in der Geschichte der USK ein Appelationsverfahren, das auf den letzten Drücker vor dem internationalen Release-Termin eine sechste Prüfung des Spiels durchsetzte. Vom ursprünglich 27.01., der auch für Nachbarländer wie Österreich, Frankreich oder die Niederlande gilt, verschob sich ein Deutschland-Termin erst auf den 03.02., dann auf den von Händlern wie Amazon angepeilten 24.02. und letztlich auf ein bisher nicht festgelegtes Datum im März.