Spaltet Trumps Zoll-Strategie die EU?
Donald Trump verschärft den Ton gegenüber der EU. Mit Zöllen will er das US-Handelsdefizit abbauen. Doch sein Plan könnte die europäische Einheit auf eine harte Probe stellen.
US-Präsident Donald Trump hat kürzlich den Ton gegenüber der Europäischen Union verschärft. Mit Zöllen auf ihre Produkte will er die EU-Länder dazu bekommen, mehr in den USA einzukaufen, um das enorme Handelsdefizit abzubauen.
Sein Groll dürfte sich dabei besonders gegen Deutschland richten. Die Bundesrepublik erzielte im vergangenen Jahr im Handel mit den USA einen Überschuss von fast 70 Milliarden Euro, berichtet Bloomberg. Damit stieg der Überschuss um mehr als zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Der Chefvolkswirt der Allianz, Ludovic Subran, erklärte laut Bericht, dass die Bundesrepublik "in einem vollständigen Handelskriegsszenario an vorderster Front stehen würde und das Risiko eines dritten Rezessionsjahres in Folge hätte".
Die schwache Konjunktur in Deutschland ist einer der Gründe, die zu dem wachsenden Handelsüberschuss geführt haben. Die deutsche Wirtschaft exportierte im vergangenen Jahr zwar mehr in die USA. Aber die anhaltende Flaute hat auch dazu beigetragen, dass weniger Waren und Dienstleistungen aus den USA bezogen wurden.
Maßgeschneiderte Zölle statt Pauschalabgaben?
Zölle auf deutsche Produkte könnten die Schieflage der größten Volkswirtschaft Europas noch weiter verschärfen. Denn Trump erwägt, statt pauschalen Zöllen gegen die gesamte EU zu verhängen, einen maßgeschneiderten Ansatz zu wählen. Mit anderen Worten: Es werden wahrscheinlich nur bestimmte Produktgruppen ins Visier genommen. Etwa auf Automobile, die er schon in seiner ersten Amtszeit für das hohe Handelsdefizit verantwortlich machte.
Experten von Bloomberg Economics (BE) heben hervor, dass eine maßgeschneiderte Strategie dem US-Präsidenten erlauben würde, gezielt jene europäischen Länder abzustrafen, mit denen er die größten Differenzen hat. Zugleich könnte er versuchen, einen Keil zwischen die EU-Staaten zu treiben.
Die BE-Analysten haben acht Nationen identifiziert, die Trumps Unmut besonders auf sich ziehen könnten, darunter Deutschland, Irland und Italien. Sie untersuchten deren wichtigste Exportgüter in die USA. Ergebnis: Vor allem drei Produktgruppen sind im Visier – Industriemaschinen, Autos und Arzneimittel.
Corvette statt Porsche: Zölle auf Autos wahrscheinlich
Arzneimittel, die zwei Drittel der US-Pharma-Importe aus Europa ausmachen, gelten demnach als unwahrscheinliches Ziel. Zu groß wäre die Störung für den US-Markt. Deutlich attraktiver erscheinen Zölle auf Maschinen und Autos aus der EU.
"Es scheint wahrscheinlich, dass einige amerikanische Verbraucher mit etwas Überzeugungsarbeit einen Porsche gegen eine Corvette eintauschen würden", so die BE-Forscher. Heißt im Klartext: Die Bereitschaft, statt europäischer Autos Fahrzeuge aus den USA zu kaufen, dürfte hoch sein. Autobauer wie VW, BMW und Mercedes müssten um ihren wichtigen US-Absatzmarkt fürchten.
Trumps dreifache Strategie
Trumps Ziel ist es offenbar, die Europäer an drei Fronten unter Druck zu setzen: Erstens will er das US-Defizit im Warenhandel durch Zölle verringern. Zweitens stören ihn Digitalsteuern, mit denen EU-Staaten US-Tech-Riesen wie Google und Facebook zur Kasse bitten wollen. Und drittens pocht er darauf, dass die Europäer mehr Geld in Verteidigung und damit in US-Rüstungsgüter investieren.
Mit maßgeschneiderten Zöllen könnte Trump diese Ziele geschickt verfolgen und die EU-Länder gegeneinander ausspielen. Doch dies wäre ein riskantes Spiel, das die transatlantischen Beziehungen nachhaltig beschädigen könnte. Noch hat der US-Präsident nicht gezückt. Doch seine jüngsten Drohungen lassen nichts Gutes ahnen.