Spiderman ohne Netzanschluss

Das coole Popkultur-Portal StanLee.Net muss die Segel streichen

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Letzten Freitag hätte sich Stan Lee, der Vater von Spiderman und anderer X-Men sicherlich auch gewünscht, eine der Fähigkeiten seiner Superhelden zu haben. Doch weder Cyclops, Wolverine oder Professor X hätten das Abrutschen der Firmennotierung an der NASDAQ-Börse auf einen Wert unter 80 Cent oder das zögerliche Verhalten der Banken bezüglich der Aufstockung des Kreditvolumens aufhalten können. Und so wurden letzten Freitag um 16 Uhr rund 140 Mitarbeiter von www.stanlee.net Auf ein sehr langes Wochenende nach Hause geschickt. Damit hat wieder ein weiteres bekanntes Internetunternehmen die Segel gestrichen.

Screenshot von StanLee.Net

Dabei schien am Jahresanfang für den über 80-jährigen Stan Lee noch alles so optimistisch. Der Börsenwert erreichte im Februar sogar die 28$-Marke vom früheren Arbeitgeber Marvel Comics, die Bryan Singer-Verfilmung von X-Men wurde im Sommer zum Kassenerfolg (Lee hatte dort auch einen Gastauftritt) und mit dem Einkauf von Conan Properties Inc. wurde ein weiterer Schritt ins Filmgeschäft getätigt. Zusammen mit Warner Brothers und dem Regisseur John Milius sollte eine Neuverfilmung von "Conan - Der Barbar" auf Zelluloid gebracht werden. Larry and Andy Wachowski, die als Regisseure und Drehbuchautoren von "The Matrix" weltbekannt geworden sind, sollten am neuen Conan-Konzept mitarbeiten.

Auch andere Lee-Projekte sahen vielversprechend aus: Für die Comicserie "The 7th Portal" konnte ebenfalls ein Filmdeal ausgehandelt werden und die Comicumsetzungen der Backstreet Boys oder der Soul-Diva Mary J.Blidge erschlossen erfrischend neue Erzählformen für Popstars. Unter dem Namen "Drifter" wurde an einer TV-Serie gearbeitet und mit sogenannten Webisodes wie "Slam Girl" oder "Accuser" versucht man sich an fortlaufenden Erzählstrukturen für das Internet, die mittlerweile auch von anderen Contentanbietern aufgegriffen wurde. Der fortlaufende Online-Comic "Shadow of the Vampire" ist da nur eines der besseren Beispiele.

Ex-Mitarbeiter von StanLee.Net, die sich jetzt in Newsgroups und Chats über ihre Ex-Firma austauschen, geben der zerstrittenen Firmenführung die Schuld für das Scheitern des Internetportals. Eine fehlende klare Linie bei der Entscheidung zwischen dem Engagement für konventionelle Medien wie Fernsehen und Kino im Gegensatz zu Netzinhalten habe zu den kostenintensiven Firmenaufkäufen geführt, die allein auf 20 Millionen Dollar eingeschätzt werden. Die fehlenden kurzfristigen Erträge solcher Filmprojekte und der allgemeine Negativtrend bezüglich Internetwerten hätten letztendlich die Notierung von StanLee.Net ganz fallen lassen. Während im November die Aktie noch achteinhalb Dollar wert war, sank sie im Dezember auf unter zwei Dollar. Am letzten Montag stellte die Börsenleitung den Handel bei einem Wert von unter 12 Cent schließlich ganz ein.

Übrig bleibt noch die Chefetage bestehend aus CEO Ken Williams, CFO Bob Schultz, General Counsel Rick Madden und John Caelan Cassell, die in den nächsten Wochen versuchen werden, für das Internetportal eine neue Finanzstruktur zu finden. Auch der als äußerst fähig eingestufte Ken Williams, der früher Präsident der Sony Pictures Imageworks Digital Studio Division war und zum Jahresanfang in die Firma gerufen wurde, konnte die Firmenverluste nicht aufhalten. Stan Lee selber trägt noch den Titel des Chief Creative Officer, auch wenn er im täglichen Geschäft nur wenig Einfluss ausübte und dies vielleicht auch nicht die beste Entscheidung war. Das Ende des Internetportals ist auch im Zusammenhang der gerade laufenden Spider-Man-Verfilmung Unter der Regie von Sam Raimi äußerst schade. Der Film mit Toby Maguire als Spider-Man und Willem Dafoe als The Green Goblin wird im Jahr 2002 in den Staaten über Columbia TriStar in die Kinos kommen und gerade erst erschien dazu der erste Teaser-Trailer. Stan Lee selber wird dann vielleicht im Premierensaal sitzen und seiner alten Internetwebsite ein kleinen Seufzer hinterschicken....