Starkregen-Risiko: Was Kommunen und Bürger jetzt tun müssen
Starkregen bedroht zunehmend Städte und Gemeinden. Kommunen erstellen Risikomanagementkonzepte. Doch was können Bürger selbst tun?
Starkregen und Sturzfluten sind die neue Angst vieler Hauseigentümer. Bei diesem Wetterextrem, das jeweils nur regional oder gar lokal auftritt, gehen innerhalb weniger Minuten so gewaltige Regenmengen nieder wie sonst in Wochen oder gar Monaten. Die Vorwarnzeiten sind mit etwa zehn Minuten deutlich kürzer als bei einem Hochwasser, das von einem Fluss ausgeht.
Ein Grund dafür zeigt sich schon im Namen Starkregen, der an einer bestimmten Stelle aus den Wolken fällt und in besiedeltem Gebiet meist auf eine vom Menschen versiegelte Oberfläche trifft. Jedoch sind auch Flächen, welche unter vorheriger Trockenheit gelitten haben, nicht in der Lage, die Regenmassen zu versickern.
Schnell ist dann die öffentliche Kanalisation überlastet, weil sie nicht für diese Wassermengen ausgelegt ist und sie schafft es nicht mehr, die Wassermassen aufzunehmen und vom Ort des Niederschlags abzuleiten.
Hausbesitzer können sich mit einer Wohngebäude- und Hausratversicherung, mit dem Zusatzbaustein "erweiterte Naturgefahren" oder "Elementarschäden", gegen solche Risiken versichern.
Wie kann der Hauseigentümer bauseits vorsorgen?
Tief liegende Hauseingänge sowie Keller und Souterrainräume können bei Starkregen überflutet werden und sollten daher besonders geschützt werden. Rückstauendes Abwasser aus dem öffentlichen Kanal kann ebenfalls Schäden verursachen und davor müssen Rückstauklappen schützen. Im Einzelfall kann es hilfreich sein, sich die Entwässerungssatzung der jeweiligen Kommune durchzulesen.
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Abwasser aus Etagen, die unter dem höchsten Niveau der Kanalisation liegen, muss über Pumpen entsorgt werden, weil bei geschlossenen Rückstauklappen kein Wasser in die Kanalisation geleitet werden kann.
Das Rückstau-Risiko muss in einer Elementarschadenversicherung extra abgesichert werden. Dies gilt auch für die direkten Schäden durch Starkregen, welche in vielen Elementarversicherungen nicht enthalten sind. Nicht versicherbar sind Schäden, die durch steigendes Grundwasser entstehen, weil diese als Baumängel gelten.
Welchen Nutzen hat eine Kommune von einem Starkregenrisikomanagementkonzept?
Telepolis hat diese Frage an Anne Jakobs von Wald und Corbe gestellt, die eine Vielzahl an Kommunen bei der Erstellung von Starkregenrisikomanagementkonzepten (SRRM) betreuen.
Grundsätzlich ist es mit einem SRRM möglich, Vorsorge zu treffen. Während eines Ereignisses kann nur reagiert werden, da die Vorwarnzeiten sehr kurz sind. Daher ist es wichtig im Vorhinein möglichst genau zu wissen, wo sich Risikobereiche befinden.
Die Kommune hat folgende Aufgaben und Nutzen:
1) Informationsvorsorge: Die Bürger werden durch die Starkregengefahrenkarten informiert, ob an Ihrem Gebäude eine Betroffenheit vorliegt und können somit Eigenvorsorge / Objektschutz betreiben.
2) Kommunale bauliche Maßnahmen: Die Kommune erhält ein Handlungskonzept, welche baulichen Maßnahmen sind in welchen Bereichen erforderlich und wie werden diese priorisiert.
3) Krisenmanagement: Die Erkenntnisse aus dem SRRM werden in die Hochwasseralarm- und Einsatzplanung integriert und können somit vom Katastrophenschutz genutzt werden (Alarmierung, Evakuierung, etc.)
4) Flächenvorsorge: Im Bereich von geplanten Neubebauungen (z.B. Wohngebiete, Gewerbegebiete) kann vorab geschaut werden, ob eine Starkregengefährdung vorliegt. Bei einer entsprechenden Gefährdung können bei der Erschließungsplanung schon Hochwasserschutzmaßnahmen berücksichtigt werden. Dies ist deutlich kostengünstiger, als eine Berücksichtigung im Nachgang.
Anne Jakobs
Welchen Nutzen haben die Bürger von einem kommunalen SRRM?
Versicherungen haben i. d. R. ihre eigenen Risikobewertungen. Zürs Geo hilft den Versicherern bei der Beantwortung der Frage, welches Gebäude in welchem Ausmaß hochwassergefährdet ist.
Diese Information hilft Ihnen bei der Kalkulation des Versicherungsbeitrags der Elementarschadenversicherung. In das System von Zürs Geo wurden insgesamt über 22 Millionen Adressen eingespeist. Je nachdem, wie hoch das Überschwemmungsrisiko ist, wird jede Adresse einer von vier Gefährdungsklassen zugeordnet.
Mit dem Hochwasser-Check sollen Mieter und Immobilienbesitzer einfach und schnell ihr individuelles Starkregen- und Hochwasser-Risiko ermitteln können. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen dafür nur ihren Wohnort eingeben. Der Hochwasser-Check basiert auf Zahlen der regionalen Hochwasserämter und der deutschen Versicherungswirtschaft.
Die Risikobewertungen der Versicherungen sind jedoch viel gröber als ein kommunales SRRM. Ein SRRM kann somit auch den Anwohnern helfen, um bei der Versicherung heruntergestuft zu werden, da je nach Situation ein Nachweis einer geringeren Gefährdung aufgeführt werden kann.
Auch jenseits der bebauten Flächen sorgt der Klimawandel für Überschwemmungen und andere Schäden, für die Versicherer in immer kürzeren Abständen aufkommen müssen.
Die Rückversicherer erhöhen bereits ihre Beiträge und verunsichern die Erstversicherer, die jetzt das Risiko fürs Erste selbst tragen wollen. Für die Versicherten werden die Prämien mittelfristig steigen, weil die Extrema das neue Normal werden. Zudem treibt die Inflation die Schadenssummen und damit die Versicherungskosten.