Sternstunde der Planetenjäger
Seite 2: Aufbruch zur Planetenjagd
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Der Startschuss zum Wettlauf um den ersten extrasolaren Planeten fiel bereits Mitte der 1970er-Jahre, als in Nordamerika die ersten Konferenzen und Workshops zu diesem Thema stattfanden. Inspiriert von dem neuen astronomischen Themenfeld, suchten ab den 1980er-Jahren die ersten Teams den Himmel nach Sterntrabanten ab. Eine andere Gruppe unter der Leitung des polnischen Radioastronomen Alexander Wolszczan von der Pennsylvania State University, die nicht gezielt nach Exoplaneten suchte, gab 1992 die Entdeckung von zwei Planeten um den Pulsar PSR B1257+12 im Sternbild Virgo (Jungfrau) bekannt. Die beiden Planeten mit der dreifachen Erdmasse umkreisen einen Überbleibsel eines explodierten Sterns und sind höchstwahrscheinlich selbst die Relikte ehemaliger Gasriesen, die infolge der Supernova selbst viel Masse verloren haben. Von der Science Community wurden die Pseudo-Planeten jedenfalls schnell verächtlich als Pulsarplaneten abgetan und zu keinem Zeitpunkt als echte Planeten angesehen und katalogisiert.
Wichtige Pionierarbeit auf der Suche nach Planeten um aktive Sonnen leisteten vielmehr die beiden Astronomen Geoffrey Marcy und Paul Butler von der Berkeley-Universität in Kalifornien, die heute weltweit zu den erfolgreichsten Planetenjägern zählen.
Aber gerade deswegen mutet es wie eine Ironie der Wissenschaftsgeschichte an, dass weder Marcy noch die anderen Wegbereiter der Planetenjagd der legendären Konferenz in Florenz beiwohnten, auf der Mayor seine Entdeckung verkündete und heftige Kritik erntete. "Einige sagten mir, dass meine Daten von Sonnenflecken oder einem Doppelstern herrühren. Andere rieten mir zu einer schnellen Veröffentlichung", so Mayor. Dass sich viele Astronomen mit seinem Planeten so schwer taten, war dessen Steckbrief geschuldet. Diesem zufolge umkreiste der 50 Lichtjahre entfernte Gasplanet seinen Stern binnen 4,2 Tagen einmal - und dies in der auffallend geringen Distanz von nur 0,05 Astronomischen Einheiten, was dem Zwanzigstel der Distanz zwischen Erde und Sonne entspricht. Der Stern eierte mit einer Radialgeschwindigkeit von 70 Meter pro Sekunde.
Laut damaliger Theorie hätte es einen Planeten dieser Machart nicht geben dürfen. Derart nah gelegen an seinem Mutterstern hätte er eigentlich nicht entstehen und überleben dürfen. Doch trotz der heftigen Kritik hielten Mayor und Queloz unbeirrt an ihren mehrfach überprüften Messdaten fest - und behielten Recht. Eine Woche später bestätigte das kalifornische Team um Marcy die Richtigkeit der Daten und somit die Existenz von 51 Pegasi b.
Status Quo und Erfolgsquote
Mayors Dominostein kippte - mit der Folge, dass sich innerhalb der Astronomie binnen wenigen Jahren eine neue Disziplin etablierte: die Exoplanetenforschung. Sie ist inzwischen untrennbar mit der Astrobiologie verknüpft. "Tatsächlich ist die Suche nach Leben im All eines der wichtigsten Ziele bei der Planetenjagd", sagt die Astrophysikerin Heike Rauer vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) in Berlin.
Bis auf den heutigen Tag haben die Planetenjäger mit unterschiedlichen Observationstechniken sowie Boden- und Weltraumobservatorien 1968 bestätigte Exoplaneten (Stand: 03.10.15) detektiert, die sich auf 1248 Sternsysteme verteilen. Noch prägen extrem heiße, teils aber auch abgekühlte Gasriesen in der Größenklasse von Neptun (17-fache Erdmasse) bis hin zu dem weitaus größeren Jupiter das Bild. Sie rasen in geringer Distanz um ihre Heimatsterne oder umrunden diese weit entfernt in exzentrischen Umlaufbahnen. Vor allem Supererden, zu denen Welten von der ein- bis zehnfachen Erdmasse zählen, und erdgroße Felsenplaneten gewinnen immer mehr an Bedeutung.
Auch wenn die Astronomen sogar einige Exoplaneten in habitablen Zonen lokalisieren konnten, in denen sich flüssiges Wasser halten kann, verirrte sich keine zweite Erde in die Fangnetze der Planetenfischer. Keine Zwillingswelt, keine Erde 2.0. wurde an die Gestade unserer Wahrnehmung geschwemmt.
Suchmethoden par excellence
Selbst mit den besten Teleskopen und den besten Suchtechniken gelang den Forschern dieser Coup nicht. Eine davon ist die Radialgeschwindigkeitsmethode, mit der Michel Mayor seinen Erstlingsplaneten aufspürte. Bei dieser Technik messen Astronomen die minimale Bewegung eines Sterns. Infolge der Anziehungskraft seines Planeten bewegt sich der Stern vor- und zurück. Dieses Eiern nennen Planetenjäger Radialgeschwindigkeit. Mit Spektrografen, die das Licht in seine farblichen Bestandteile und Spektrallinien zerlegen, ist dieser minimale Effekt messbar. Bewegt sich der Stern auf die Erde zu, verschieben sich die Spektrallinien ins blaue Licht des optischen Spektrums, im umgekehrten Fall ist eine Rotverschiebung zu sehen. Mithilfe dieser Taumelbewegung erhalten Astronomen wichtige Daten von der Größe und Umlaufbahn des Planeten.
Weitaus mehr Informationen über Planeten liefert die Transit-Technik und Transmissionsspektroskopie. Bei der Transit-Methode misst die Sonde die Helligkeitsschwankungen eines Sterns. Kreuzt ein extrasolarer Planet die Sichtlinie seines Muttersterns, kommt es für die Dauer der Passage zu einem kleinen Amplitudenabfall in der Lichtkurve. Je nach Größe des jeweiligen vorbeiziehenden Objekts variieren die Helligkeitsschwankungen. Aus der Intensität und Dauer der dabei wiederkehrenden Muster können die Forscher noch genauer auf die Größe und Umlaufbahn des extrasolaren Planeten rückschließen.
CoRoT und Kepler
Wie effektiv die Transit-Technik ist, bewies die europäische Satellitenmission CoRoT (Convection, Rotation and Planetary Transits). Als erstes Weltraumteleskop fahndete CoRoT gezielt nach extrasolaren Planeten - mit großem Erfolg. "Von 2007 bis 2012 spürten wir insgesamt 32 extrasolare Planeten auf. Eine Höhepunkt der Mission war die Entdeckung von CoRoT-7b, des ersten Gesteinsplaneten. Diese Welt hat gerade einmal den zweifachen Erdradius und die fünffache Erdmasse", sagt Heike Rauer, die damals Projektleiterin der CoRoT-Beteiligung des DLR war.
Nicht minder erfolgreich operierte das leistungsstärkere Weltraumteleskop Kepler der US-Raumfahrtbehörde NASA, das ebenfalls die Transit-Methode nutzte. Ab 2009 nahm es vier Jahr lang sage und schreibe 160.000 Sterne unter die Lupe und erhob dabei allein 1030 Anwärter in den planetaren Olymp. 4696 weitere Kandidaten müssen noch im Rahmen von Nachfolgebeobachtungen bestätigt werden. Dabei bilden diese nur die spitzeste Spitze des exoplanetaren Eisberges, wie Michal Mayor bestätigt:
Ich erwarte in fast allen Sternsystemen massearme Planeten, ja sogar erdähnliche Welten, in manchen sogar mehrere.
Dieser Optimismus nährt sich vor allem von Computersimulationen und mathematisch-statistischen Extrapolationen. So berechnete Charles Lineweaver von der Australian National University in Canberra/Australien die potenzielle Anzahl erdähnlicher Planeten in bewohnbaren Zonen. Ausgehend von den Kepler-Daten und mit Blick auf die mindestens 200 Milliarden Sterne in der Milchstraße, kam er Anfang dieses Jahres auf einen fantastischen Wert .
Unserer Studie zufolge besitzt fast jeder einzelne Stern in der Galaxis einen oder zwei Planeten in einer habitablen Zone.