Stiftung Mercator: Klima-Lobby, "Hitzetod" und "globale Probleme"
Eine einflussreiche NGO und ihre Rolle in der Klimadebatte: Wie unabhängig ist die Wissenschaft? Ein Blick auf Verbindungen und Interessenkonflikte.
Während in Deutschland ein Sommer voranschreitet, der manchem zufolge seinen Namen kaum verdient hat, reißen Meldungen nicht ab, wonach die Menschheit sich geradezu inmitten eines Überlebenskampfes befindet.
Noch Mitte Juni veröffentlichte die Tagesschau einen Beitrag zum "stillen Hitzetod", den hohe Temperaturen etwa in Griechenland auch für die deutschen Längengrade ankündigten. Der bereits im vergangenen Jahr und kurz vor besagter Publikation erneut beworbene Hitzeschutzplan des Gesundheitsministeriums erscheint vor diesem Hintergrund als eine unumgängliche Maßnahme.
Dass höhere Temperaturen zu mehr Todesfällen führen können, dürften die Wenigsten bestreiten. Der Fokus einer Berichterstattung wie derjenigen der Tagesschau erscheint allerdings aus mehreren Gründen eng gesetzt, und grenzt zuweilen ans Tendenziöse.
Nicht etwa nur, weil Berichte vom "tötenden Klimawandel" die Verhältnismäßigkeit gegenüber den noch immer tödlicheren Kältewellen ausklammern, sondern weil sich jene Gewichtung teilweise direkt zu einflussreichen Organisationen im Hintergrund der wissenschaftlichen Diskursoberfläche zurückverfolgen lässt. Eine der erfolgreichsten ist die Stiftung Mercator.
Ein Beitrag der Tagesschau aus dem vergangenen Jahr illustriert diesen Erfolg besonders deutlich.
Faktenfinder: Vier Experten, eine Meinung
Der am 20. Januar 2023 veröffentlichte Faktencheck von Pascal Siggelkow ("pflanzenbasierter" Sprengstoff) und seiner Kollegin Carla Reveland widmet sich der "Desinformation", wonach klimabedingte Todesfälle im Zuge des vergangenen Jahrhunderts rückläufig gewesen seien.
Aufgestellt hatte sie der umstrittene Klima-Skeptiker Björn Lomborg anhand einer Statistik der Emergency Events Database (EM-DAT).
Als Zeugen dafür, dass es sich bei Lomborgs Behauptung um eine Desinformationskampagne handelt, wird unter anderen der Leiter der Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC), Felix Creutzig, aufgerufen.
Creutzig sucht die aufgestellte Behauptung damit zu entkräften, dass viele Hitzewellen in der zitierten Statistik nicht berücksichtigt seien und daher eine Reihe klimabedingter Todesfälle nicht erfasst worden sei.
Eine weitere Expertin, die Leiterin der Forschungsabteilung Transformationspfade beim Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Katja Frieler, weist darauf hin, dass der überwiegende Teil ("90 Prozent") klimabedingter Katastrophen erst nach 1980 Eingang in entsprechende Erhebungen gefunden habe.
Klimaforscher Niklas Höhne, Mitbegründer des New Climate Institutes, wird als dritter Experte im Bunde mit der Aussage zitiert, dass die Zahl der Todesfälle nur aus gegenwärtiger Perspektive rückläufig erscheine.
Ergreife man nicht umgehend entsprechende Maßnahmen, so Höhne, werde sich deren Anzahl in die erwartet besorgniserregende Höhe steigern. Gegenteiliges zu behaupten, sei eine "Desinformationsstrategie der Wissenschaftsleugnung".
Zuletzt bemühen die "Faktenfinder" mit Toralf Staud vom "Wissensportal" klimafakten.de ein weiteres Argument gegen Lomborgs These, welches eine historisch gewachsene, "bessere Vorbereitung auf Naturkatastrophen" für – nur vermeintlich – rückläufige Zahlen verantwortlich macht.
Vier Experten, eine Stiftung
Einen Faktencheck aus dem vergangenen Jahr zu zitieren, mag auf den Leser anachronistisch oder gar selektiv – und daher: manipulativ – wirken. Doch der Beitrag der Tagesschau veranschaulicht, wie Medien durch das Versammeln vermeintlich unabhängiger Stimmen eine diskursive Bandbreite suggerieren können, die bei genauerer Betrachtung nicht zwingend gegeben ist.
Edward Herman und Noam Chomsky hatten dieses Phänomen 1988 mit dem Begriff des "elite consensus" beschrieben. Warum aber verfällt der Verfasser auf diesen Gedanken?
Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass die Experten ironischerweise die Strategien der "Wissenschaftsleugner" oder "merchants of doubt" spiegeln, wo sie sich auf die Unvollständigkeit der Datenlage oder – in gleichsam "postfaktischer" Manier – auf das Präventions-Paradox berufen ("ohne Intervention wird das in Rede stehende Szenario eintreten").
Durch diese Strategien bleibt die Prämisse unangefochten. Egal, ob es sich dabei nun um eine wissenschaftliche Hypothese oder eine Verschwörungstheorie handelt. Das ist allerdings nicht der Kern des Phänomens und Thema dieses Artikels.
Sondern, dass alle vier befragten Wissenschaftler enge Verbindungen zu einer Lobby-Organisation unterhalten, die den deutschen Diskurs um die Gefahren des Klimawandels in kaum zu unterschätzender Weise prägt: die Essener Stiftung Mercator.
Dass Thoralf Stauds klimafakten.de auf einer gemeinsamen Initiative der European Climate Foundation (mehr dazu später) und der Stiftung Mercator gründet, dürften wenige Tagesschau-Leser wissen.
Und noch weniger, dass Niklas Höhne im Auftrag der Stiftung Mercator 2015 eine Studie darüber verfasst hat, warum "die Ziele nicht-staatliche Akteure" stärker in die Klimaschutzbemühungen integriert werden sollten.
Mehr als erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die unter Höhnes Leitung erfolgte Evaluation zur (Graichen-) skandalumwitterten Lobbyorganisation Agora Energiewende und die widersprüchliche Doppelrolle, die die Stiftung Mercator an dieser Stelle als Auftraggeber und Mitgründer der Agora übernimmt.
Ob den beiden Faktenfindern die Einseitigkeit der Experten-Auswahl aufgestoßen ist, ist fraglich. Autorin Carla Reveland zumindest zitiert in anderen Faktenchecks auch das Institute for Strategic Dialogue (ISD) als reputable Quelle, das unter anderem wegen seiner Verbindungen zu einschlägig bekannten philanthropischen NGOs und der Nato (s. etwa hier und hier) in die Kritik geraten ist. Einer der Förderer des ISD trägt ebenfalls einen bekannten Namen: die Stiftung Mercator.
Creutzig, Frieler und Co. sind nicht die einzigen Wissenschaftler, die sich in deutschen Medien regelmäßig zu den Gefahren des Klimawandels äußern und den politischen Diskurs auch über das mediale Feld hinaus prägen.
Zu den prominentesten Protagonisten zählen die Ko-Direktoren des PIK, Johann Rockström und Ottmar Edenhofer (zugleich Direktor des MCC), der ehemalige PIK-Direktor Joachim Schellnhuber oder der Leiter des Fachbereichs Erdsystemanalyse am PIK, Stefan Rahmstorf.
Auch die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), deren Vorsitzender Martin Herrmann im Tagesschau-Artikel "Wenn der Klimawandel krank macht" zu Wort kommt, wird von der Stiftung Mercator finanziert. Telepolis berichtete zuletzt im Artikel zum One-Health-Konzept der Weltgesundheitsorganisation über die Allianz, die als einer der stärksten Befürworter gilt.
Im vergangenen Jahr trat mit der Übernahme der Mercator Professur an der Uni Duisburg-Essen ein weiteres bekanntes Gesicht zu dieser Gruppe hinzu, die Chemikerin und Influencerin Mai-Thi Ngyuen-Kim, die für ihr Engagement in der Corona-Krise mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.
Die politische "Fantasie anregen"
Die Stiftung Mercator wurde 1996 von der Handelsfamilie Schmidt-Ruthenbeck (Metro AG) gegründet. Neben ihrem Hauptsitz in Essen hat sie weitere Standorte in Berlin, Istanbul und Peking. Mit einem Stiftungskapital von 116,8 Millionen Euro förderte Mercator bisher mit insgesamt rund 907 Millionen Euro 1.973 Projekte in den Bereichen Digitalisierte Gesellschaft, Europa in der Welt, Klimaschutz sowie Teilhabe und Zusammenhalt (Stand 2022). Ihren Etat bezieht die Organisation von ihrer ebenfalls in Essen ansässigen Dachorganisation, der Meridian Stiftung.
In ihrem Leitbild hält die Stiftung Mercator fest:
Wir beflügeln Ideen, entwickeln sie und unterstützen sie praktisch. Wir schaffen Freiräume für Neues, das unsere Gesellschaft zum Besseren verändern kann. In einer vielfältigen Gesellschaft gelingt dies am besten in einer Balance von Auseinandersetzung und Kompromiss, Vision und Praxisreife, individueller Freiheit und Gemeinwohlorientierung. Wir treten ein für gleiche Rechte und gleiche Lebenschancen, für sozialen Zusammenhalt, Respekt, Toleranz, Weltoffenheit und den Schutz von Natur und Umwelt.
Leitbild der Stiftung Mercator
Zu ihren Zielen zählt die Stiftung den "Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen", "Bildung und Chancengleichheit", die "Selbstentfaltung von Kindern (und) Jugendlichen", das "friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft" sowie "ein geeintes Europa".
Außerdem verpflichtet sich die Stiftung in ihrem Leitbild dazu, die "Wissenschaft und Forschung zu ihren Zielen und Themen im Interesse aller (zu) fördern". Zu erreichen sucht sie dieses Ziel, indem sie "die Fantasie aller anregt, die in Politik und Gesellschaft besondere Verantwortung tragen" und "allein oder gemeinsam mit Partner*innen Anstöße für die Gestaltung der Zukunft gibt".
Auf welche Weise die Stiftung "die Fantasie" der Politik anregt, zeigt sich etwa in Studien wie der am Exzellenzcluster Klima, Klimawandel und Gesellschaft (CLICCS) der Universität Hamburg in Auftrag gegebenen Untersuchung zu Faktoren, die den "klimaneutralen Umbau" Deutschlands "bremsen", wie sich deren Leiter Stefan Aykut bei der Veröffentlichung im Mai ausdrückte.
Problematisch erscheint es, wenn die Stiftung einerseits Klima- oder Integrationsstudien liefert, "aus denen Empfehlungen für die Politik resultieren" und die von den Medien aufgegriffen werden, andererseits zugleich Studien in Auftrag gibt, die selbige Medien – je nach Themenfeld – bewerten und ihnen anschließend eine weitgehende Neutralität oder aber eindeutige Vorurteile zuschreiben. Die Stiftung operiert so gewissermaßen an beiden Enden des Kommunikationskanals.
So bescheinigte eine Mercator-Studie im Januar dieses Jahres der deutschen Medienlandschaft eine größtenteils ausgewogene Berichterstattung innerhalb des politischen Spektrums. Studienleiterin Christiane von Websky zog dabei abschließend das Fazit, dass sich die Redaktionen "angesichts der wachsenden Demokratie-Skepsis in der Gesellschaft" fragen sollten, "ob eine so starke Konzentration auf Fehler und Versäumnisse der Politik noch angemessen ist". Paraphrasiert: zu viel Kritik schadet der Demokratie.
Eine – themenbezogen – mangelnde Ausgewogenheit in der Berichterstattung kritisierte eine von der Mercator-Stiftung geförderte Studie der Uni Mainz dagegen 2021, damals unter dem Titel: "Medien berichten deutlich negativer über Geflüchtete als im Jahr 2015."
Freilich besagt all das noch nichts über die jeweilige Qualität der Studien, wohl aber über den Einfluss auf den öffentlichen Diskurs, den die Organisation mittels ihrer Zuwendungen geltend machen kann.
Kritik an Mercator und Agora: Nicht nur die Agrarlobby
Die schärfste Kritik an der Mercator Stiftung und der von ihr geförderten Lobby-Organisation Agora Energiewende wurde im Zuge der sogenannten Graichen-Affäre vorgebracht. Speziell von konservativ ausgerichteten Medien wie der Welt und FAZ, aber auch anderen Grünen-Antagonisten wie der Agrarlobby.
So nahm unter anderen das Landwirtschafts-Portal agrarheute.com im August 2023 die engen Verbindungen zwischen Vertretern der Bundesregierung und der Lobby-Organisation Agora Energiewende in den Blick. Vor allem ging es dabei um die Rolle des Agora-Direktors und späteren Referatsleiters für Energie im Bundesumweltministerium, Patrick Graichen.
Schon zuvor sah sich Graichen "Drehtür "-Vorwürfen ausgesetzt, weil er seine Direktorenstelle im Anschluss an die Tätigkeit als persönlicher Referent des früheren Umwelt- und Wirtschaftsstaatssekretärs Rainer Baake antrat, welcher später seinerseits Direktor der Stiftung Klimaneutralität (auch dazu später mehr) werden sollte.
agrarheute.com stellte in besagtem Artikel außerdem heraus, dass insgesamt vier Staatssekretäre der Bundesregierung Mitglieder in den Räten der unterschiedlichen Agora-Denkfabriken (Agora Agrar, Agora Energiewende, Agora Industrie, Agora Verkehrswende) seien, darunter Silvia Bender aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium sowie Jochen Flasbarth, Dr. Christiane Rohleder und Stefan Tidow.
Auch die Bundesregierung erntete für ihre Rolle als mittelbarer finanzieller Unterstützer der Agora-Gruppe Kritik. Obwohl Agora Agrar keine direkten Zuwendungen erhalten habe, flossen agrarheute.com zufolge über die gemeinnützige Trägerorganisation Smart Energy for Europe Platform (SEFEP) Gelder an Agora Energiewende und Agora Industrie.
Die SEFEP ihrerseits sammelte demnach 2022 fast 19 Millionen Euro an Spenden und Zuschüssen, die hauptsächlich von US-amerikanischen Stiftungen wie der Climate Imperative Foundation und dem Aspen Global Change Institute stammten und mehr als die Hälfte ihrer Mittel ausmachten. Beide dieser Organisationen sind eng mit dem US-amerikanischen Klima-Mäzen und Rockefeller-Eleven Hal Harvey verknüpft.
Kritik aus den eigenen Reihen
Kritik an der Stiftung Mercator kommt derweil nicht nur von Seiten agrarwirtschaftlicher oder marktliberaler Interessenvertreter. Auf dem Blog klimareporter.de beklagte bereits im März 2021 der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium (2005-2009), Michael Müller, dass Thinktanks wie die von der Stiftung Mercator geförderten Agora-Einrichtungen bei der eigentlich begrüßenswerten Durchsetzung von Klimaschutzbemühungen eine ambivalente Rolle spielten.
So seien die Agora und die US-finanzierte Stiftung Klimaneutralität (Rainer Baake, s.o.) nicht nur inhaltlich und personell eng miteinander vernetzt, die Thinktanks unterstützten sich außerdem "wechselseitig bei der Vermarktung oder Neuverpackung von Ideen und Interessen".
Im Zuge der sogenannten Graichen-Affäre wurde auch die enge Verknüpfung von Agora mit der European Climate Foundation kritisiert, deren Gründung ebenfalls auf den US-Amerikaner Hal Harvey zurückgeht.
Besonders aber erregte Graichens Nennung von Blackrock-CEO Larry Fink als leuchtendes Klimaschutz-Beispiel Müllers Misstrauen gegenüber einem "grün angestrichenen Neoliberalismus", der Müllers allgemeinen Eindruck von Thinktanks als "Interessen(-verbunde) alter und neuer Machteliten" nährte.
Im Juni 2023 hielt selbst die zuweilen an Klima-Aktivismus grenzende Taz fest, dass die positiven Beiträge der Mercator Stiftung zum Klimaschutz durch dadurch getrübt würden, dass die Dachorganisation Meridian einen auffallend intransparenten Umgang mit ihren Investitionsquellen pflege.
Der Journalist Stefan Laurin fasste die Agenda der Mercator-finanzierten Agora-Denkfabriken in einem Artikel vom Oktober 2023 auf dem Blog ruhrbarone.de folgendermaßen zusammen:
Sie liefern Studien, die in ihr Konzept eines radikalökologischen Umbaus der Gesellschaft passen. […] Dass zu den Konsequenzen aus der Öko-Wirtschaft nach Agora-Art auch der Abschied des Wirtschaftswachstums gehören, stört diejenigen nicht, die finanziell von ihr profitieren.
Und auch der ehemalige Agora-Chef und Habeck(-)Intimus (Patrick Graichen) hatte damit kein Problem. Für ihn gab es keine Alternative zur Deindustrialisierung. Stefan Laurin
Laurin beteuerte allerdings, dass diese Agenda nicht notwendigerweise mit den politischen Zielen der Grünen Parteibasis deckungsgleich sei. Dabei stützte er sich auf das Urteil eines anonymen Parteimitglieds der Grünen, das den Zusammenhang folgendermaßen darstellte:
Die haben eine Ideologie, in deren Zentrum Strom aus erneuerbaren Energien steckt. Ob das alles Jobs kostet oder Menschen sich nicht mehr erlauben können, ihre Wohnungen warm zu halten, interessiert sie nicht.
Anonymes Parteimitglied der Grünen, zititert nach Stefan Laurin, ruhrbarone.de
Laurin rückte in seinem Artikel auch die umfassende Medienarbeit der Stiftung Mercator in den Fokus, zu der unter anderem auch die Unterstützung der "lokalen Klimaberichterstattung" des Recherche- und Faktencheck-Portals Correctiv, der Webseite verfassungsblog.de sowie des Berliner Anti-Desinformations-Projekts Publix zählt.
Meta-Thinktank Council for Global Problem-Solving
Wo die Agenda der Stiftung Mercator ihren wirklichen Ursprung hat, lässt sich analog der verborgenen Geldquellen nur erahnen. Ein Blick in das Lobbyregister des Deutschen Bundestags offenbart unter den insgesamt 11 Mitgliedschaften der Stiftung auch den Council for Global Problem-Solving (CGP). Das zunächst unverfängliche Leitbild des Rats für globale Problemlösung lautet wie folgt:
Die Global Solutions Initiative schlägt politische Antworten auf wichtige globale Probleme vor, die durch ein diszipliniertes Forschungsprogramm entwickelt, in politischen Dialogen ausgearbeitet und von der G20, der G7 und anderen Global-Governance-Foren behandelt werden.
Council for Global Problem-Solving
Der Rat ist eine Art Meta-Thinktank, der namhafte Denkfabriken – von Bruegel und Brookings bis zur Bertelsmann-Stiftung – versammelt und eine Ausgründung der Global Solutions Initiative darstellt.
Diese Global Solutions Initiative wurde während der deutschen G20-Präsidentschaft 2017 von ihrem Präsidenten Dennis J. Snower gegründet. Die Initiative beschreibt sich selbst als "Sprungbrett" ("stepping stone") zu den alljährlichen Gipfeln der G20 und unterstützt den angeschlossenen Think20-Gipfel für internationale Denkfabriken.
Die Global Solutions Initiative wird hauptsächlich von großen deutschen Stiftungen und öffentlichen Einrichtungen finanziert. Zu dieser öffentlich-privaten Partnerschaft zählen neben der Stiftung Mercator sowohl deutsche Bundesministerien und NGOs wie auch die Stiftungen von Bayer, Bosch, Bill and Melinda Gates, George Soros’ Open Society Foundations und die William and Flora Hewlett Stiftung.
Unter den "knowledge partners" sind vor allem das Weltwirtschaftsforum und das Pariser Friedensforum hervorzuheben. Zu guter Letzt erhält die Global Solutions Initiative "strategische Unterstützung" von Fleischman-Hillard, der laut Lobbycontrol umsatzstärksten Einflussorganisation innerhalb der Europäischen Union.
Sozial-demokratische Gerechtigkeit aus Hinterzimmern?
Die Versprechen einer grünen Transformation, die die Stiftung Mercator voranzubringen sucht, sind gewaltig und für sich genommen durchaus erstrebenswert: Die Emanzipation von der fossilen Industrie und ihren inhärenten globalen Ressourcenkonflikten, die Dezentralisierung der Energieversorgung und schließlich: weitgehende energetische Autonomie. Das sind die Versprechen.
Der Verfasser hat allerdings auf Telepolis schon mehrfach Beiträge publiziert, die Zweifel an der Ehrwürdigkeit dieser Vorhaben anmelden. Wohlgemerkt – und sicher oft missverstanden – nicht als "merchant of doubt" und strategischer Kommunikator gegen eine "grüne Agenda", sondern als Skeptiker gegenüber einem dezidiert globalistischen Ansatz, der soziale Gerechtigkeit mit den Interessen "nicht-staatlicher Akteure" (s. oben) in Einklang bringen will.
Zuletzt ausgehend von der Person des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler.
Die Frage, die man sich vor diesem Hintergrund immer wieder stellen, die contradictio in adiecto, die man schließlich auflösen müsste: Wie kann eine in Hinterzimmern ausgehandelte Agenda zu sozial-demokratischer Gerechtigkeit beitragen?