Stockender Wohnungsbau: Familien und Migranten wohnen oft auf engstem Raum
Beengte Wohnverhältnisse in deutschen Großstädten sind keine Seltenheit, stellt eine aktuelle Studie fest. Ein Grund: Es fehlt an bezahlbarem Wohnraum. Warum das Problem noch länger bestehen könnte.
In Deutschland mangelt es an bezahlbarem Wohnraum – das ist seit Langem bekannt. Und das merkt man nicht nur, wenn man innerhalb einer Großstadt umziehen möchte. Viele Menschen leben auch in beengten Wohnverhältnissen, hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer aktuellen Studie herausgefunden.
Demnach leben sechs Prozent der Mieterhaushalte in Großstädten in beengten Verhältnissen. Das heißt, ihnen stehen weniger Räume zur Verfügung, als es Bewohner gibt. Gleichzeitig leben ebenfalls sechs Prozent in großzügigen Wohnungen. Das sind Wohnungen, in denen die Zahl der Räume die Zahl der Bewohner um das Dreifache übersteigt. Für einen Single wäre das etwa eine Vierzimmerwohnung.
Betroffen sind hauptsächlich Familien und Haushalte mit Migrationshintergrund. Ein Fünftel von ihnen muss sich mit zu kleinen Wohnungen begnügen. Wegen der hohen Mieten können sich viele einen Umzug in eine größere Wohnung nicht leisten.
Große Wohnungen werden dagegen vorwiegend von älteren Bestandsmietern bewohnt. Viele ziehen auch nicht in kleinere Wohnungen, wenn die Kinder ausziehen oder der Partner stirbt. Die hohen Mieten in den Großstädten machen einen Umzug in eine kleinere Wohnung für viele von ihnen wenig lukrativ: Die alten Verträge sind oft günstiger als ein neuer Mietvertrag.
Daran dürfte sich in den nächsten Jahren wenig ändern, denn der Wohnungsbau geht weiter zurück. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mitteilte, gingen die Aufträge im Wohnungsbau im November im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent zurück.
"Seit Juli sind die Order im Wohnungsbau auf Talfahrt und das mit zunehmender Geschwindigkeit", erklärte am Mittwoch Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. "Die Verdopplung des Zinsniveaus allein seit März, bei zugleich deutlich gestiegenen Lebenshaltungs- aber auch Baukosten hat die Pläne vieler Bauwilligen zunichtegemacht."
Diesen Trend bestätigt das Statistische Bundesamt. Demnach sind die Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe von Januar bis November 2022 preis- und kalenderbereinigt um 8,2 Prozent zurückgegangen.
Die Bundesregierung will eigentlich, dass in der Bundesrepublik jährlich 400.000 Wohnungen gebaut werden. Damit soll der Wohnungsmarkt entlastet werden. Doch im vergangenen Jahr wurden nach Schätzungen der Bauwirtschaft rund 280.000 Wohnungen gebaut. Für dieses Jahr rechnet die Branche nur noch mit 245.000 Wohnungen.
"Der Wohnungsmarkt ist eingebrochen – die Ziele der Bundesregierung wurden 2022 gerissen und sind für 2023 und 2024 nicht zu schaffen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller.
Mit einem neuen Förderprogramm möchte die Bundesregierung den stockenden Wohnungsbau ankurbeln – und könnte damit das Gegenteil erreichen. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) kündigte am Mittwoch an, dass es für den Bau und Kauf besonders klimafreundlicher Häuser künftig nur noch zinsgünstige Kredite geben soll. Zuschüsse soll es dagegen nicht mehr geben.
Wer ein besonders nachhaltiges Wohngebäude bauen oder kaufen will, kann einen Kredit von maximal 150.000 Euro pro Wohneinheit beantragen, für den es dann vergünstigte Zinsen geben soll. Für klimafreundliche Wohngebäude ohne Nachhaltigkeitssiegel sollen nur noch Kredite in Höhe von 100.000 Euro pro Wohneinheit gefördert werden. Die Zinslast soll durch die Förderung um vier Prozent gegenüber dem Marktniveau gesenkt werden.
Der Energieberaterverband GIH zeigte sich enttäuscht von der Reform. Viele potenzielle Bauherren könnten abgeschreckt werden, wenn nur noch zinsverbilligte Kredite möglich seien. Mit Kredithöchstsummen von 100.000 Euro pro Wohneinheit komme man bei einem Effizienzhaus 40 mit Lebenszyklusanforderung nicht weit, erklärte der Verbandsvorsitzende Jürgen Leppig.
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