Störsender in der Petrischale

Bakterien als Konversationsbremsen

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Mit chemischen Signalen koordinieren Mikroorganismen nicht nur das Verhalten der eigenen Kolonie, sie können damit auch das Kommunikationssystem anderer Arten stören.

Bakterien sind relativ einfach gestrickt und doch haben sie erstaunliche Fähigkeiten entwickelt. Denn sie sind keine sprachlosen Eigenbrötler, sondern durchaus mitteilsam. Wo immer große Mengen von ihnen vorkommen, zählt nicht nur Konkurrenz, sondern auch Kooperation und Kommunikation. Und zunehmend entdecken Forscher, welche ausgefeilten Mechanismen dabei zum Tragen kommen.

Die amerikanische Forscherin Bonnie Bassler gehört zu den Pionieren auf diesem Gebiet. Schon vor über zehn Jahren fand sie heraus, dass Bakterien sich nicht nur art-intern unterhalten können, sondern auch über „universal verständliche“ Vokabeln verfügen. In einer aktuellen Veröffentlichung in Nature berichtet sie, dass manche Mikrobenarten „Gespräche“ manipulieren können, um andere damit zu verwirren.

Die Masse macht’s

Sie galten lange Zeit als ungesellig, als absolute Einzelgänger, nur darauf gerichtet, sich zu reproduzieren. Zwischenzeitlich steht fest, dass auch die kleinsten Lebensformen über eine soziale Ader verfügen. Mittels bestimmter Botenstoffe tauschen sie untereinander Informationen aus – sogar über Artgrenzen hinweg.

Eine der wichtigsten Techniken, die ihnen dabei zur Verfügung stehen, ist das so genannte Quorum Sensing. Es bezeichnet die Fähigkeit festzustellen, wie viele Bakterien der gleichen oder einer anderen Art sich in der Umgebung befinden. Um das zu messen, geben die Mikroben kontinuierlich chemische Signalmoleküle ab, so genannte Autoinduktoren. Überschreitet deren Konzentration einen Schwellenwert – ist also eine bestimmte Populationsdichte erreicht – löst das eine chemische Reaktion aus: einige meeresbewohnende Bakterien (z. B. Vibrio fischeri, Vibrio harveyi) beginnen bläulich aufzuleuchten, andere bilden einen dichten Biofilm.

Winzige Saboteure

In Anbetracht der Möglichkeiten, die das Quorum Sensing eröffnet, ist es nicht erstaunlich, dass manche Organismen versuchen, die Kommunikationssysteme anderer Arten zum eigenen Nutzen zu stören. Die Molekularbiologin Bonnie L. Bassler und ihr Team am Howard Hughes Medical Institute der Princeton University sind dieser Vermutung nachgegangen. Bereits in früheren Versuchen hatten sie sich mit dem Quorum Sensing bei Bakterien wie Vibrio harveyi, Escherichia coli und Vibrio cholerae beschäftigt und waren dabei auf das Signalmolekül Al-2 gestoßen, das von sehr vielen Mikroorganismen produziert wird, und ihnen ermöglicht, artübergreifend zu kommunizieren.

Bei ihren Experimenten brachten Bassler und Kollegen E. coli-Bakterien mit dem im Meer lebenden Leuchtbakterium Vibrio harveyi zusammen – eine Mischung, die in der freien Natur nie vorkommt. Doch bei beiden Arten gelang es, mittels der Al-2-Produktion des einen Bakteriums das Quorum Sensing des anderen auszulösen. Trotzdem garantiert die gemeinsame Vokabel Al-2 nicht immer, dass die richtige Nachricht durchkommt. Denn E. coli kann Al-2 sowohl produzieren als auch konsumieren. In Versuchen, in denen Basler E. coli Al-2 konsumieren ließ, ging bei Vibrio harveyi das Licht aus. Ähnlich, wenn auch weniger deutlich, fielen entsprechende Versuche mit dem Choleraerreger Vibrio cholerae aus.

„Das wirklich Entscheidende daran ist die Interferenz“, kommentiert Bassler. „Das Konsumieren des Signals könnte ein Mechanismus sein, mit dem eine Bakterienart eine andere Art daran hindert, die eigene Populationsdichte zu messen und abhängig davon, das Verhalten zu koordinieren.“

Hoffnung auf neue medizinische Therapien

Mindestens 50 verschiedene Arten verständigen sich über den Autoinduktor Al-2, darunter sind auch Erreger, die Krankheiten auslösen. Sie leben innerhalb ihres Wirts, ohne ihn zu schädigen, erst wenn sie zu stark werden, ändern sie ihr Verhalten. In den Lungen von Menschen mit Mukoviszidose beispielsweise entscheidet Pseudomonas aeruginosa durch Quorum Sensing, wann Virulenzfaktoren freigesetzt werden. Mit Hilfe dieser Strategie gelingt es den Bakterien vermutlich, das menschliche Immunsystem auszutricksen und im frühen Infektionsstadium unentdeckt zu bleiben.

Inzwischen knüpft auch die Pharmaindustrie große Hoffnungen an die Entschlüsselung der Mikrobenkommunikation: Zuvor gefährliche Bakterien könnten durch die Kappung des Kommunikationssystems ihre pathogenen Eigenschaften verlieren.