"Stoppt den Krieg": Israeli, der Eltern bei Hamas-Angriff verlor, verlangt Waffenstillstand

Seite 2: Natürlich bin ich gegen die Besatzung

Ich bin kein Gelehrter. Ich bin kein Wortführer. Ich bin kein Politiker. Ich bin ein normaler Mensch. Ich arbeite sehr hart für meinen Lebensunterhalt. Ich ziehe meine drei wunderbaren Kinder auf. Ich bin mit einer wunderbaren und bemerkenswerten Frau verheiratet.

Ich hätte nie gedacht, dass so etwas jemandem wie mir passieren könnte. Man hört es vielleicht in der Ukraine. Man hört es in Afrika. Man hört es an weit entfernten Orten. Diese Katastrophe hat nun mich erreicht. Ich bin sehr emotional, entschuldigen Sie.

Noch einmal, Beileid an Sie, an Ihre Familie. Für heute ist ein Massenprotest in Washington D.C. geplant, der von Gruppen wie Jewish Voice for Peace angeführt wird. Zwei Dutzend Rabbiner wollen an einem zivilen Ungehorsam teilnehmen. Sie fordern ein Ende der Besatzung. Sehen Sie das auch so?

Maoz Inon: Natürlich, aber wir sind in einem Risiko. Wenn wir jetzt dazu aufrufen, dieses oder jenes zu tun, kehren wir zu der Terminologie zurück – wir verwenden dieselbe Begrifflichkeit, die uns in diese Situation gebracht hat. Lasst uns zum Frieden aufrufen.

Lasst uns zur Hoffnung aufrufen. Lasst uns zu einem vollständigen Waffenstillstand aufrufen. Lasst uns dazu aufrufen, Brücken zu bauen.

Natürlich bin ich gegen die Besatzung. Aber das ist im Moment irrelevant. Es könnte – ich fürchte, es wird viele, viele weitere Opfer geben. Wir alle sollten uns jetzt darauf konzentrieren, den Krieg zu beenden. Das ist eine ganz einfache Botschaft. Und wir müssen sie verkünden. Wir müssen unsere Botschaft zu jedem schreien, der ein Herz hat und zuhören kann.

Ich möchte Sie fragen, Maoz, ob es Menschen gibt, israelische Familien, die vor dem israelischen Militärhauptquartier in Tel Aviv stehen, deren Familien als Geiseln genommen wurden, also Mutter, Vater, Tochter, Sohn. Sie sind dort und sagen dasselbe. Wir sehen sie oft in den Medien, wie sie den Schrecken dessen beschreiben, was ihren Angehörigen zugestoßen ist, aber die Medien gehen nicht darauf ein, was sie fordern. Was fordern Sie jetzt von Premierminister Netanjahu, wenn Sie von der Beendigung des Krieges sprechen?

Maoz Inon:Ich weine und flehe, nicht zu Benjamin Netanjahu, nicht zu Führern der Hamas, nicht zu Präsident Biden. Ich weine für die Menschheit, für die gesamte Menschheit, für die gesamte Menschheit. Ich weine, um den Krieg zu beenden.

Ich weine um einen sofortigen Waffenstillstand. Und ich weine um Hoffnung, Hoffnung, die uns aus diesem blutigen Kreislauf in eine neue und strahlende Zukunft führen wird. Wir müssen Hoffnung aufbauen.

Wir müssen eine Zukunft aufbauen. Und diese Zukunft muss auf Gleichheit, auf Partnerschaft und auf Frieden beruhen. Und das ist es, worum ich flehe. Es geht nicht darum, diese oder jene Person zu beschuldigen. Sie sind nicht mehr wichtig. Wir müssen ein neues System aufbauen.

Das Interview erscheint in Kooperation mit dem US-Medium Democracy Now. Hier geht es zum englischen Original. Übersetzung: David Goeßmann.