Strafgerichtshof und Gaza-Krieg: London gibt Widerstand auf, Berlin steht Netanjahu zur Seite
Chefankläger verteidigt Vorgehen gegen Kriegsparteien. Neue britische Regierung korrigiert Kurs. Was das über Werte aussagt.
Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, hat in einem Interview mit der BBC die Klageanträge gegen führende israelische Politiker verteidigt. Die Maßnahmen des UN-Gerichtshofes seien notwendig, um Gerechtigkeit sichtbar zu machen.
Dies äußerte er im Kontext des Antrages auf Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu, seinen Verteidigungsminister Joaw Galant sowie drei Führungsmitglieder der Hamas. Khan unterstrich die Notwendigkeit, dass der Gerichtshof alle Nationen nach denselben Standards in Bezug auf mutmaßliche Kriegsverbrechen behandelt.
IStGH gegen Netanjahu: London gibt Widerstand auf
Die neue britische Regierung hat ihre Opposition gegen die Haftbefehle fallen gelassen, eine Entscheidung, die Khan begrüßte. Khan begrüßte diese Entscheidung als wichtigen Politikwechsel. Zum Vergleich: Unter Verantwortung von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) steht die deutsche Bundesregierung der teilweise rechtsextremen israelischen Regierung bei, um laufende Verfahren zu verschleppen.
Khan erklärte, dass die Anfrage nach Haftbefehlen für Führungspersönlichkeiten auf beiden Seiten gestellt wurde, um sicherzustellen, dass Menschen weltweit denken, das Gericht wende "das Gesetz gleichmäßig auf der Grundlage gemeinsamer Standards an".
Würde man nur gegen israelische Beamte vorgehen, ohne die Gaza-Führung einzubeziehen, könnten einige dies als "Obszönität" auffassen, so Khan. Er wies darauf hin, dass unterschiedliche Herangehensweisen für Länder mit mächtigen Verbündeten und klarem Gerichtsstand inakzeptabel seien.
Im Mai äußerte sich Khan dahingehend, dass es vernünftige Gründe für die Annahme gäbe, dass Netanyahu, Gallant und die Hamas-Führer Yahiya Sinwar, Mohammed Deif und Ismail Haniyya strafrechtliche Verantwortung für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit trügen, beginnend mit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober. Die Anträge auf Erteilung der Haftbefehle müssen jedoch noch von den Richtern des ICC genehmigt werden. Zwei der Hamas-Angeklagten sind inzwischen von den israelischen Streitkräften getötet worden.
Khan beschuldigte die israelischen Führer, Verbrechen wie das Aushungern von Zivilisten als Kriegsmethode, Mord, gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung und Ausrottung begangen zu haben. Die Hamas-Führer wiederum würden Verbrechen wie Ausrottung, Mord, Geiselnahme, Vergewaltigung und sexuelle Gewalt sowie Folter zur Last gelegt.
Israel und die Hamas haben beide die Vorwürfe zurückgewiesen. US-Präsident Joe Biden bezeichnete den Antrag auf Haftbefehle gegen israelische Führer als "empörend", harsche Kritik kam auch aus Berlin.