Straße oder Schiene: Streit in der Koalition über Prioritäten der Verkehrspolitik
Die FDP drängt auf schnelleren Ausbau von Straßen und Autobahnen. Die Grünen sind dagegen und wollen nur klimafreundliche Projekte fördern. Wie die Schiene fit für die Zukunft werden soll.
Im Gebälk der Regierungskoalition knirscht es – das ist nichts Neues. Diesmal streiten sich Sozialdemokraten, Liberale und Grüne, ob sie in erster Linie Projekte im Straßenbau anschieben wollen oder auf der Schiene.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" erklärt: Der Güterverkehr per Bahn müsse dringend ausgebaut werden. Aber auch auf der Straße gebe es gesteigerte Anforderungen. "Wir können ja nicht leere Supermarktregale produzieren, weil wir die Infrastruktur nicht schnell genug ausbauen", so der Minister.
Die FDP setzt sich deshalb dafür ein, dass Genehmigungsverfahren auch im Straßenbau beschleunigt werden. Und damit provozieren die Liberalen einen Zwist mit den Grünen.
Politiker aus ihren Reihen warfen dem Bundesverkehrsministerium in der vergangenen Woche vor, gegen den Koalitionsvertrag zu verstoßen. Die Grünen wollen die beschleunigten Verfahren nur für Projekte gelten lassen, die den Klimaschutz voranbringen.
Diese Position unterstrich Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Montag noch einmal. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erteilte sie einem schnelleren Neu- und Ausbau von Autobahnen, Straßen und Wasserstraßen eine klare Absage.
Diese Art von Projekten diene nicht dem Klimaschutz. Die Bundesregierung habe bereits "eine ganze Reihe von Beschleunigungsmaßnahmen für Planung, Genehmigung und Realisierung zentraler Vorhaben auf den Weg gebracht". Im Juni habe das Bundeskabinett beschlossen, "dass dabei Projekte im Fokus stehen müssen, die dem Klimaschutz dienen – ebenso wie Investitionen in die Schiene oder den Erhalt und den Ersatzneubau, insbesondere von Brücken".
In einem Interview mit der Allgemeinen Zeitung (AZ) spricht Wissing davon, dass etwa 4.000 Autobahnbrücken instandgesetzt oder erneuert werden müssen. Vor allem, wenn eine Ersatzbrücke gebaut werden muss, will Wissing etwa auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichten. Er sagte:
Warum brauchen wir eine Umweltverträglichkeitsprüfung, wenn wir eine alte Brücke, die schon seit den 1960er-Jahren steht, durch eine neue ersetzen? Wir transportieren jährlich 3,7 Milliarden Tonnen Güter auf den Straßen. Tendenz steigend. Im Jahr 2024 werden es 50 Millionen Tonnen mehr sein. Auf der Schiene werden lediglich zehn Prozent der Güter bewegt. Deswegen brauchen wir eine verlässliche Straßeninfrastruktur.
Volker Wissing
Mit Blick auf die Position der Grünen pocht Wissing auf den Koalitionsvertrag und wirft ihnen eine Blockadehaltung vor. Mit dem Papier habe man vereinbart: Die Planungszeiten müssen halbiert werden. Da helfe es nichts, zu sagen, was nicht gehe. "Wir müssen einen Weg finden", so Wissing.
Neben der Straße schenkt Wissing auch der Schiene Aufmerksamkeit. In den vergangenen Jahren sei viel zu wenig investiert worden, monierte der FDP-Politiker. Sie sei in einem schlechten Zustand und dran müsse sich etwas ändern.
Am Dienstag übergibt eine "Beschleunigungskommission" dem Minister Vorschläge, was zu tun sei, um die Schiene fit für die Zukunft zu machen. Das Handelsblatt berichtete schon vorab.
Der Bericht ist ernüchternd. "Die Eisenbahninfrastruktur in Deutschland ist überaltert", stellt die Kommission fest. Das Netz sei in einem desolaten Zustand, Züge fallen in Masse aus oder kommen zu spät. Es sei auch unrealistisch, bis 2030 doppelt so viele Menschen zu transportieren und deutlich mehr Güter auf die Schiene zu bekommen.
Der Ausbau der Schieneninfrastruktur soll deutlich beschleunigt werden, darin war sich die Kommission einig. Unterschiedliche Meinungen bestanden dem Bericht zufolge darin, wie der Ausbau künftig finanziert werden soll. Der Bund solle zwei Fonds einrichten, heißt es in dem Bericht der Kommission. Mit ihnen soll unter anderem der Erhalt und die Modernisierung der Infrastruktur bestritten werden.
Aus welchen Mitteln sich die Fonds letztlich speisen werden, darin gab es keine Übereinstimmung in der Kommission.
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