Studie warnt: Trading-Apps machen süchtig nach riskantem Aktienhandel

Broker hält Finger auf Kauf- oder Verkaufsknopf am Smartphone

(Bild: Ground Picture / Shutterstock.com )

Neue Studie zeigt, wie Trading-Apps das Anlageverhalten von Nutzern beeinflussen. Führen die günstigen Apps zu mehr Börsenbeteiligung oder verleiten sie zum Zocken?

Einfach, günstig und immer verfügbar: Trading-Apps wie Trade Republic oder Scalable Capital machen den Börsenhandel kinderleicht. Eine neue Untersuchung der Universität Trier und der Hochschule München wirft nun ein differenziertes Licht auf den Einfluss dieser Neobroker auf die Anlagestrategien ihrer Nutzer.

Trading-Apps erschließen neue Zielgruppen für Wertpapieranlagen

Die repräsentative Studie basiert auf zwei Umfragen unter deutschen Anlegern. Die erste Befragung fand im Dezember 2022 statt, die zweite im August 2023. Befragt wurden sowohl Nutzer von Trading-Apps als auch Kunden klassischer Online-Broker.

Die Studie zeigt, dass Trading-Apps fast ausschließlich Kunden gewinnen, die zuvor noch nie am Aktienmarkt aktiv waren. "Das ist eine gute Nachricht, insbesondere für junge Fonds- und Aktiensparer, die langfristig ihre Rente sichern möchten", meint Marc Oliver Rieger, Professor an der Universität Trier.

Allerdings wussten die Befragten nur selten über die versteckten Kosten der Apps Bescheid. Diese verstecken sich in sogenannten Rückvergütungen: Die Trading-App bietet meist nur einen Handelsplatz an und die aktuellen Kurse der Wertpapiere sind daher im Schnitt teurer als bei Online-Brokern oder Filialbanken. Diese Kosten waren nur fünf Prozent der Befragten bekannt.

Günstiger Handel verleitet zum Spekulieren

Ein zentrales Ergebnis: Die Nutzer von Neobrokern sind im Durchschnitt deutlich jünger als Anleger, die ausschließlich klassische Online-Broker nutzen. Zudem sind sie risikofreudiger als andere Anleger.

Dabei nimmt die Risikobereitschaft der Neobroker-Nutzer mit zunehmender Nutzungsdauer sogar noch zu, wie der Vergleich der beiden Befragungen zeigt. 52 Prozent der Neobroker-Nutzer geben zudem an, aus Spaß an der Freude zu investieren – bei den traditionellen Anlegern sind es nur 32 Prozent.

Die höhere Risikobereitschaft spiegelt sich auch im Portfolio wider: Neobroker-Nutzer halten häufiger spekulative Anlageinstrumente wie Derivate, Kryptowährungen oder Exchange Traded Commodities (ETCs). Gleichzeitig schätzen sie diese Produkte als weniger riskant ein als klassische Anleger.

Auch ihre Handelsfrequenz ist höher: Im Durchschnitt tätigen Neobroker-Nutzer rund vier Trades pro Monat, andere Anleger nur zwei bis drei. Diese erhöhte Handelsaktivität werde durch die Apps gezielt gefördert, so die Forscher.

Für das Geschäftsmodell der Trading-Apps ist es gut, wenn die Kunden viele Einzeltransaktionen tätigen. Denn die Neobroker verdienen an jeder Transaktion durch Rückvergütungen der Handelsplätze, an die sie die Aufträge weiterleiten. Diese sogenannten Payment-for-Order-Flows sollen in der EU ab Juli 2026 verboten werden.

Keine nachhaltige Freude an Wertpapieren

Trotz – oder gerade wegen – der höheren Risikobereitschaft und Handelsaktivität erzielen Neobroker-Nutzer auch höhere Renditen als klassische Anleger: Im Durchschnitt gaben sie eine jährliche Rendite von 11,4 Prozent an, während andere Anleger nur auf 6,2 Prozent kamen.

Die Studie zeigt auch, dass viele Neobroker-Nutzer, die die Apps nicht mehr nutzen, das Investieren ganz einstellen – ein Hinweis darauf, dass es sich häufig um unerfahrene Anleger handelt.

Das Fazit der Forscher: Neobroker öffnen zwar vielen jungen Menschen die Tür zur Aktienanlage. Wegen der zum Teil bedenklichen Auswirkungen auf das Anlageverhalten stehen sie den Apps aber auch kritisch gegenüber.