Stühlerücken auf der Titanic: Warum der Schiffsverkehr weiter ohne Klimakompass fährt

Containerschiff von oben. Bild: Michael / Pexels

Energie und Klima – kompakt: Bis heute ist der internationale Seeverkehr von Klimavorgaben ausgenommen. Die Weltschifffahrtsorganisation kündigt nun Reduktionsziele an. Kritiker schütteln den Kopf und vergleichen den Verband mit der Fifa.

Wie auch bei den Emissionen des internationalen Flugverkehrs fallen die Emissionen des internationalen Seeverkehrs bislang in keine Klimabilanz und unterliegen damit auch nicht den Vereinbarungen des Pariser Klimaschutzabkommens. Nach Angaben der Weltschifffahrtsorganisation (IMO) war der Sektor im Jahr 2018 für knapp drei Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich.

Nun hat sich die IMO am vergangenen Freitag auf eine Klimastrategie geeinigt, die der Branche schrittweise Reduktionsziele vorgibt. Netto-Nullemissionen sollen demnach bis zum oder um das Jahr 2050 herum erreicht werden – hier bleibt die Strategie sehr schwammig. Bis zum Jahr 2030 soll die CO2-Intensität der Schiffstransporte im Vergleich zu 2008 um 40 Prozent sinken, das heißt, im Verhältnis zur transportierten Menge an Gütern dürfen weniger Treibhausgase anfallen.

Da das Volumen der Schifffahrt vermutlich weiter wachsen wird, bedeutet dies aber keine Reduktion der tatsächlichen Emissionen um 40 Prozent. Hier setzt die IMO mindestens minus 20 Prozent bis 2030 als Zielmarke, angestrebt werden sollen minus 30 Prozent. Mindestens um 70 Prozent sollen die Emissionen dann bis 2040 sinken, angestrebt werden sollen minus 80 Prozent.

Die Verabschiedung der IMO-Treibhausgasstrategie für 2023 ist eine monumentale Entwicklung für die IMO und schlägt ein neues Kapitel in Richtung Dekarbonisierung des Seeverkehrs auf. Zugleich ist sie nicht das Endziel, sondern in vielerlei Hinsicht ein Ausgangspunkt für die Arbeit, die in den vor uns liegenden Jahren und Jahrzehnten noch intensiver werden muss,

erklärte IMO-Generalsekretär Kitack Lim.

Nach einer Einschätzung der NGO International Council on Clean Transportation (ICCT) werden die neu beschlossenen Ziele der IMO nicht ausreichen, um die Schifffahrt auf Kurs des 1,5-Gradziels zu bringen. Bis 2032 hätte der Seeverkehr auch mit der neuen Strategie sein CO2-Budget für 1,5 Grad ausgeschöpft.

Das CO2-Budget, um unter einer Erwärmung um zwei Grad zu bleiben, würde jedoch eingehalten. Rechtsverbindlich ist die Klimastrategie der IMO nach Angaben des ICCT jedoch nicht, sie könnte aber in verbindliche Regularien übersetzt werden.

Bisherige rechtsverbindliche Maßnahmen seien der Energieeffizienzindex für bestehende Schiffe (EEXI) und der Kohlenstoffintensitätsindikator (CII). Beide wurden in das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (kurz MARPOL), aufgenommen.

Leider gehen wir nicht davon aus, dass sie in ihrer jetzigen Form zu einer nennenswerten Senkung der Emissionen führen werden. Die EEXI-Richtlinie ist nicht streng genug – es wird erwartet, dass sie bis 2030 etwa ein Prozent der künftigen Emissionen vermeiden wird – und die CII-Richtlinie stuft Schiffe lediglich von A bis E ein,

schreibt das ICCT.