Sudan: Wer vom Krieg profitiert

Luftaufnahme von Khartum mit Rauchsäulen

Brände aufgrund von Kämpfen in Khartum. Foto: Abd_Almohimen_Sayed, shutterstock

Warum wird im Sudan immer weiter gekämpft? Vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate haben großen Einfluss. Woran der Frieden scheitert. Ein Update.

Im Schatten der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten ist der Bürgerkrieg im Sudan fast völlig in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, denn das menschliche Leid, das hier entsteht, kann nur als unermesslich bezeichnet werden.

Die in vielen Medien und Hilfsorganisationen gemeinhin genannte Zahl von etwas mehr als 15.000 Toten ist definitiv zu niedrig angesetzt. Die einfache Addition der Todesopfer aus den bisher bekannten Zusammenstößen und Gräueltaten lässt auf mindestens 65.000 Tote schließen. Tom Perriello, der US-Gesandte für den Sudan, spricht von 150.000 Opfern.

Dabei sind die anhaltende Hungersnot und die humanitären Probleme, die seit Jahrzehnten im Sudan und den angrenzenden Gebieten herrschen, überhaupt nicht berücksichtigt. Anfang Juli veröffentlichte das UNHCR einen revidierten Aufruf, in dem für das nächste halbe Jahr 1,03 Mrd. US-Dollar Soforthilfen gefordert werden.

Die halbe Bevölkerung hungert

Gekämpft wird fast überall im Sudan – vor allem um Khartum und im Süden des Landes. Besondere Aufmerksamkeit im Westen erhielten die Kämpfe in der Provinz Dafur, die sich derzeit im Ringen um die Stadt El Fasher zuspitzen.

Derzeit irren etwa elf Millionen Flüchtlinge durch das Land oder vegetieren in Lagern vor sich hin. Zehn Mio. von ihnen wurden unter Anwendung oder Androhung von Gewalt verjagt. 25,6 Mio. Menschen, etwa die Hälfte der Bevölkerung des Sudan, hungert oder ist akut von Hunger bedroht.

Aber warum geht der Krieg immer weiter? Vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) haben großen Einfluss auf den Krieg. Die UNO vermutet, dass die VAE die Rapid Support Forces (RSF) für ihren Kampf gegen die Regierungsseite bewaffnet haben. Die VAE bestreiten die Vorwürfe allerdings.

Der Economist weist darauf hin, dass die Unterstützung der VAE für die RSF zumindest teilweise das Ergebnis persönlicher Beziehungen ist.

Die VAE treiben den Krieg maßgeblich

Der Anführer der RSF, Muhammad Hamdan Dagalo, besser bekannt als Hemedti, schickte seine Truppen im Auftrag Saudi-Arabiens und der VAE als Söldner gegen die Huthis in den Jemen. In Libyen kämpften die RSF für Khalifa Haftar, einem weiteren von den VAE unterstützten Kriegsherrn.

Das ausgedehnte Geschäftsnetz der RSF, das vom Goldbergbau bis zum Tourismus reicht, wird nach Erkenntnissen des Economist von einem Berater mit Sitz in den VAE verwaltet.

Darüber hinaus betreiben die VAE kommerzielle Unternehmungen im Sudan - von Mineralien (Gold) über Logistik bis hin zur Landwirtschaft. Emiratische Firmen haben Zehntausende Hektar sudanesischen Ackerlands gekauft und 2022 ein Abkommen über den Bau eines Hafens für den Export der Erzeugnisse unterzeichnet.

Politisch bauen die Emirate ein Netzwerk auf, um den politischen Islam zu bekämpfen und ihren Einfluss am Roten Meer auszuweiten. Die USA lassen Abu Dhabi gewähren, da die VAE den proisraelischen Kurs der Vereinigten Staaten scheinbar vorbehaltlos unterstützen.

Die Regierungen der Region unterstützen mehrheitlich die RSF

Die Regierungen der Region unterstützen ebenfalls mehrheitlich die RSF. Äthiopien braucht das Geld der VAE, Unterstützung bei seinen Bemühungen um einen Zugang zum Meer über Somaliland und einen Hebel zur Eindämmung des ägyptischen Einflusses im Sudan.

Der Südsudan muss seine Ölexporte zum Roten Meer aufrechterhalten. Wie die Africanist Perspectives melden, ist Juba dafür sogar bereit, Schutzgebühren und Zölle an beide Konfliktparteien zu zahlen. Auch darüber hinaus habe der Südsudan "starke finanzielle Anreize, um fest in der Umlaufbahn der VAE zu bleiben".

Auch der Tschad ist fest an die VAE gebunden und dient als wichtiger Nachschubweg für Waffen und von der RSF rekrutierte ausländische Kämpfer. N'Djamena erhält sowohl militärische als auch zivile Hilfe aus Abu Dhabi, ganz zu schweigen von den direkten Gewinnen aus der sudanesischen Kriegswirtschaft, die der Tschad als wichtigstes logistisches Zentrum der RSF erzielt.

Schließlich unterstützt auch die Libysche Nationalarmee von Khalifa Haftar quasi als Gegenleistung die RSF.

Nur Ägypten und Eritrea sind Verbündete Khartums

In Bezug auf den Beistand durch Nachbarländer ist die Regierungsseite der Sudan Armed Forces (SAF) also klar unterlegen. Nur Ägypten und Eritrea können als Verbündete Khartums angesehen werden. Ägypten ist ein natürlicher Verbündeter der SAF, vor allem aufgrund der Geschichte. Kairo würde es vorziehen, seine langjährigen Beziehungen zur SAF und seinen Einfluss in Khartum aufrechtzuerhalten.

Außerdem möchte Ägypten – wie auch Eritrea – Äthiopien aus dem Konfliktgeschehen heraushalten. Erschwerend für die SAF kommt hinzu, dass Ägypten und die VAE prinzipiell gut miteinander auskommen: Kairo erhielt kürzlich eine Finanzspritze in Höhe von 35 Milliarden Dollar aus Abu Dhabi.

Die Beziehungen Khartums zum Iran und zu Russland halten die Africanist Perspectives für überbewertet. Zwar erhielten die SAF ihre Drohnen hauptsächlich aus dem Iran. Und Russland habe inzwischen die Seiten gewechselt und sich von den RSF abgewandt. Sowohl Moskau als auch Teheran sind sehr daran interessiert, Militärbasen an der Küste Sudans zum Roten Meer zu errichten.

China hat seine Staatsbürger evakuiert und von jeglicher Beteiligung an dem Krieg abgesehen. Pekings bedeutendste Investitionen in diesem Zusammenhang sind die in den südsudanesischen Ölsektor. Im Jahr 2023 hat Peking rund 330 medizinische Fachkräfte und Ingenieure als UN-Friedenstruppen in den Südsudan entsandt.

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