Superkurz, aber einigermaßen intensiv
Ein deutsch-österreichisches Physikerteam hat erstmals laserähnliche Röntgenstrahlen erzeugt.
Wissenschaftler der Technischen Universität Wien, der Universitäten Würzburg und München und vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching sind der Entwicklung eines Röntgen-Lasers einen Schritt näher gekommen: Im aktuellen Nature stellen sie das erste kompakte Laborgerät vor, das einen laserähnlichen Röntgenstrahl für eine Wellenlänge von einem Nanometer erzeugen kann.
Kohärente Strahlen
Röntgenstrahlen mit den Eigenschaften von Laserlicht sind ein großer, bislang jedoch unerfüllter Wunsch vieler Wissenschaftssparten. Biologen könnten mit ihrer Hilfe Biomoleküle in der Größenordnung von Nanometern (ein Nanometer ist ein Millionstel Millimeter) in vivo beobachten, Mediziner samt Patienten könnten durch Röntgenbilder profitieren, die über eine weit höhere Auflösung verfügen, bei einer um ein Vielfaches niedrigeren Strahlendosis.
Doch wie geht man vor, wenn man laserähnliche Röntgenstrahlen erzeugen möchte? "Unser Ausgangspunkt ist Laserlicht, das in Form der kürzestmöglichen Lichtpulse ausgesandt wird", erklärt Ferenc Krausz, der Leiter des Projekts. "Mit solchen Blitzen beschießen wir ein atomares Gas, d. h. einen Gasstrahl, in dem sich viele Millionen Atome befinden. Diese Atome werden durch das hochintensive Lichtfeld angeregt und sie beginnen zu strahlen. Und sie werden so stark angeregt, dass sie bis in den Röntgenbereich strahlen können."
Schwingen, ohne abzureißen
Das klingt recht simpel und in der Tat existiert bereits eine Standardtechnik mit der laserähnliche Strahlung im so genannten extrem ultravioletten Bereich erzeugt werden kann. Das ist der Wellenlängenbereich von 100 Nanometer bis unterhalb von 10 Nanometer. Erst darunter, also im Bereich ab 1 Nanometer, beginnt der Röntgenstrahlenbereich und damit die enormen Schwierigkeiten Strahlung zu erzeugen.
Der Grund: Die hochintensive Strahlung, der die Atome beim Beschießen mit Lichtpulsen ausgesetzt werden, zerlegt die Atome in ihre Bestandteile. Durch die Einwirkung des starken Laserfeldes wird die negativ geladene Elektronenwolke, die normalerweise mehr oder weniger symmetrisch um den positiv geladenen Atomkern angeordnet ist, zuerst in eine Richtung weggezupft und dann durch das schwingende Laserfeld wieder zurückgeschleudert. Diese schwingende Bewegung muss extrem angeregt werden. Die Elektronen müssen um einen Abstand, der ein Vielfaches ihres durchschnittlichen Abstandes zum Atomkern beträgt, zuerst weggezogen und dann wieder zurückgeschleudert werden, so dass eine atomare Schwingung mit einer sehr großen Auslenkung entsteht. Denn nur wenn diese Auslenkung sehr groß ist, wird es überhaupt möglich, dass die Atome auch bei ganz kurzen Wellenlängen bis in den Röntgenbereich strahlen. Wenn jedoch die Elektronen zu stark weggezogen werden, besteht die Gefahr, dass sie vom Atomkern abgerissen werden und das bedeutet das Aus für die Strahlung.
Die Lösung: ultrakurze Lichtpulse
Um erfolgreich Röntgenstrahlung zu generieren, muss also das Abreißen der Atome verhindert werden. Bei der Lösung dieses Problems setzten die Wissenschaftler um Krausz auf die Bestrahlung mit den weltweit kürzesten hochintensiven Laserpulsen. Sie fokussierten diese nur 5 Femtosekunden (für Millionstel einer Milliardstel Sekunde) dauernden Blitze auf Heliumgas. Dabei wurden die Atome des Gases so schlagartig angeregt, dass die Elektronenwolke einmal weggezogen und einmal zurückgeschleudert wurde und das Atom sein Röntgenquant abstrahlte noch bevor es zerfiel.
"Weil wir den Laserpuls so schnell und so schlagartig einschalten können, findet die Aussendung der Röntgenwelle statt, noch bevor das Atom zerfällt. Und es macht jetzt nichts mehr aus, dass das Atom zerfällt, weil es seinen Job schon erledigt hat. Bei längeren Pulsen war das Atom schon zerfallen, bevor es das energetische Röntgenquant abstrahlen konnte“, berichtet Krausz.
Schwingen im Gleichtakt
Die winzigen atomaren Kurzwellen sind zwar noch außerordentlich schwach, aber sie addieren sich, da viele Millionen Atome im Gleichtakt schwingen. Dadurch entsteht eine Röntgenwelle, die schon einigermaßen intensiv ist, insgesamt ist der erzeugte Röntgenstrahl aber noch zu schwach für praktische Anwendungen – Radiologen werden sich noch ein Weilchen gedulden müssen.
"Für medizinische Zwecke benötigt man noch deutlich kürzerwelliges Röntgenlicht, so im Bereich von 0,1 Nanometer und kürzer. Bis dahin ist es noch ein gutes Stück Arbeit“, erklärt Krausz. "Wir befinden uns jetzt im 1 Nanometerbereich. Doch das, was wir haben, könnte man z. B. für die Entwicklung eines Röntgenmikroskops einsetzen, mit dem man einzelne Biomoleküle sichtbar macht.“