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Syrien: Deeskalation mit "Teufel im Detail"

Ahrar al-Sham in Hama. Bild: Propaganda, Twitter

Die USA und Russland sollen sich bei der Frage der Flugsicherheit wieder nähergekommen sein. Bei der Unterstützung der "Deeskalationszonen" achtet US-Verteidigungsminister Matthis auf Abstand

Die USA wollten safe zones, "absolut", wie Präsident Trump Ende Januar bekräftigte [1]. Russland, Iran und die Türkei haben in Astana ein Abkommen [2] über vier de-escalation areas getroffen, das in Teilen bereits in Kraft getreten sein soll. Seit 1. Mai fliege die russische Luftwaffe keine Angriffe mehr in den gekennzeichneten Zonen, so General Sergej gegenüber Tass [3].

Die Aufteilung Syriens

Russland ist den USA damit zuvorgekommen. Die Rivalität über die jeweiligen Einflusszonen wird weitergehen. Die Aufteilung Syriens wird konkreter und der Einfluss der syrischen Regierung über ihr Territorium ist begrenzt, sie sitzt hier nicht am großen Hebel. So hat zwar Außenminister al-Muallim offiziell das Einverständnis seiner Regierung zum Astana-Memorandum erklärt [4], aber er hatte auch nicht wirklich eine andere Option als formell zu bestätigen, was dort abgemacht wurde.

Al-Muallim sprach sich gegen einen Einsatz von UN-Truppen als Aufsicht über die Deeskalationszonen in Idlib, Homs, Ost-Ghouta und im Süden Syriens [5] aus. Von einer Entsendung von UN-Truppen war in den allerersten Plänen über Pufferzonen die Rede, wie sie von der Türkei und den USA unter Obama in die Debatte geworfen worden waren. Das hatte damals keine realistische Aussichten und jetzt auch nicht, wie der syrische Außenminister bestätigte.

Ob der Waffenstillstand und das Konzept der Deeskalationszonen halten, hängt von vielen Faktoren ab, eine große Rolle spielt, wie sich Russland und die USA arrangieren. Die Politik der beiden rivalisierenden Großmächte in Syrien lässt im Kleinen an die großen Abmachungen zu Einflusszonen während des Kalten Krieges denken, wie Elijah J.Magnier näher ausführt [6].

Russland hat die Lufthoheit über große Teile Syriens. Seit Trumps Tomahawk-Angriff [7] auf syrischen Boden Anfang April ist das gegenseitige Abkommen über Flugmanöver ausgesetzt, mittlerweile gibt es wieder Bewegung in der Sache.

Lufthoheit: USA und Russland im ständigen Kontakt

Der russische Generalstabschef Gerasimow und sein US-Gegenüber Dunford sollen Ende vergangener Woche bei einem Telefongespräch der Wiedereinsetzung der "russisch-amerikanischen Verständigung" über Flugsicherheit in Syrien" ein gutes Stück nähergekommen [8] sein. Man wolle Konflikte bei Einsätzen gegen den IS oder die al-Nusra vermeiden und habe ausgemacht, "regulären Kontakt zu halten".

Die Abstimmung erfolgte im Zusammenhang mit den Astana-Vereinbarungen zu den Deeskalationszonen. Eine eindeutige Zustimmung seitens der USA gibt es dazu nicht, die US-Regierung will sich Spielraum erhalten. So achtete Verteidigungsminister Matthis auf Distanz: "Wir schauen uns die Vorschläge genau an", sagte [9] er am Montag Journalisten.

Seine "Skepsis" bezig sich auf die Rolle des Iran als Garantiemacht, dass "Damaskus sich in der Vergangenheit nicht an Abmachungen hielt" - und "auf den Teufel im Detail". Man müsse wissen, wer genau dafür sorge, dass die Zonen sicher seien und welche Gruppen von dort herausgehalten werden.

Demarkationslinien und Militärpolizei

Laut Astana-Memorandum [10] sollen am 4.Juni die genauen Karten der Deeskalationszonen, und also die Demarkationslinien, feststehen. Zudem wird dort ausgeführt, dass zu diesem Zeitpunkt auch Schritte zur Trennung der bewaffneten Oppositionsgruppen von den terroristischen Gruppen unternommen werden. Wer die jeweiligen Checkpoints an den Grenzen der Zonen übernimmt, geht aus dem Memorandum nicht hervor.

Der syrische Außenminister al-Muallim sprach [11] davon, dass die Garantiemacht Russland erklärt habe, dass "Militärpolizei" entsendet werde. Wer diese stellt, ist noch offen.

Klar ist, wie al-Muallim erklärte, dass sich der IS (z.B. bei Hama), die al-Nusra-Front sowie mit ihr verbündete terroristische Gruppen sich in den Zonen aufhalten und diese von den anderen Gruppen, die das Astana-Memorandum unterzeichnet haben, getrennt werden müssten. Wie das vonstatten gehen wird, gehört zu den größeren Schwierigkeiten.

In Idlib zum Beispiel dominiert die al-Nusra-Front die Milizen, die sämtlich ihre Vorstellung von einem islamistischen Syrien teilen [12]. In Ost-Ghouta erklärte Jaysh al-Islam, ebenfalls Dschihado-Islamisten, ihren früheren Verbündeten, wozu auch die al-Nusra-Formation Hayat al-Tahrir al Sham gehört, den Krieg [13]. Anfang Januar war Jaysh al-Islam noch bei der Astana-Konferenz zugegen [14].

Die Deeskalationszonen sind zunächst für 6 Monate geplant. Russland hat heute bei der UN einen Entwurf für eine Sicherheitsratsresolution abgegeben [15], die das Astana-Memorandum unterstützen soll.


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Links in diesem Artikel:
[1] http://abcnews.go.com/Politics/transcript-abc-news-anchor-david-muir-interviews-president/story?id=45047602
[2] http://www.mid.ru/ru/foreign_policy/news/-/asset_publisher/cKNonkJE02Bw/content/id/2746041?p_p_id=101_INSTANCE_cKNonkJE02Bw&_101_INSTANCE_cKNonkJE02Bw_languageId=en_GB
[3] http://tass.com/politics/944818
[4] http://sana.sy/en/?p=105711
[5] http://www.mid.ru/ru/foreign_policy/news/-/asset_publisher/cKNonkJE02Bw/content/id/2746041?p_p_id=101_INSTANCE_cKNonkJE02Bw&_101_INSTANCE_cKNonkJE02Bw_languageId=en_GB
[6] https://elijahjm.wordpress.com/2017/05/07/us-and-russia-compete-in-syria-on-reducing-escalation-and-safe-zones/
[7] https://www.heise.de/tp/features/Ein-wenig-praeziser-US-Praezisionsschlag-gegen-syrischen-Stuetzpunkt-3678773.html
[8] http://tass.com/politics/944920
[9] http://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-mattis-idUSKBN184162
[10] http://www.mid.ru/ru/foreign_policy/news/-/asset_publisher/cKNonkJE02Bw/content/id/2746041?p_p_id=101_INSTANCE_cKNonkJE02Bw&_101_INSTANCE_cKNonkJE02Bw_languageId=en_GB
[11] http://sana.sy/en/?p=105711
[12] http://www.alternet.org/grayzone-project/i-visited-al-qaedas-syrian-stronghold-and-saw-how-us-backing-moderate-rebels
[13] https://www.almasdarnews.com/article/jaysh-al-islam-declares-war-former-allies-east-ghouta/
[14] https://www.rt.com/news/374734-astana-syria-peace-meeting/
[15] http://tass.com/world/945017