Tag (((i))) in Leipzig
Demonstration gegen das Verbot der linken Plattform Indymedia-Linksunten und für Pressefreiheit in Leipzig
Für Bild und Co. war es nur wieder einmal eine Randale im Leipziger Szeneviertel Connewitz, die am 25. Januar stattgefunden hat. Nicht nur das Boulevardblatt hatte lediglich die Leuchtspurmunition im Blick, die von einem Teil der Demonstranten in den nebligen Leipziger Winterabend geschossen wurde. Die Demonstration hatte den Stadtteil Connewitz erreicht und war bald am Endpunkt, als es zu einer kurzen Eskalation kam. Nach der Polizei gab es 13 verletzte Beamte und sechs Festnahmen. Nach MDR wurden "Polizisten attackiert, Journalisten bedroht, geschubst und bei ihrer Arbeit behindert".
Nach ca. 30 Minuten beruhigte sich die Situation wieder und rund um das Connewitzer Kreuz betätigte sich im Anschluss eine Trommelgruppe noch künstlerisch. Sie hatte das hintere Ende der Demonstration bespaßt. Dort hatten sich vor allen Menschen aus Leipzig und Umgebung viele eingereiht. Im vorderen Teil hatten sich organisierte Linke aus dem gesamten Bundesgebiet versammelt. Sie protestierten im Rahmen des Tag (((i))) gegen das Verbot der linken Plattform Indymedia-Linksunten. Sie war im Juli 2017 nach dem teilweise militanten Aktionen rund um den Hamburger G20-Gipfel vom Bundesinnenministerium nach dem Vereinsgesetz verboten worden (Linksunten verboten. Auf der Auftaktkundgebung sprachen sich mehrere Rednerinnen und Redner für eine stärkere Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Kräften auf. Pressefreiheit sei historisch immer erkämpft worden und kein Geschenk der Herrschenden, erinnerte ein Daniel in seinen Beitrag.
Am kommenden Mittwoch prüft das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das Verbot. Geklagt hatten mehrere Freiburger, denen vorgeworfen wird, für den verbotenen Verein zuständig zu sein, was von ihnen aber bestritten wird. Das könnte auch ein Grund sein, dass das Gericht die Klage nicht zulässt, befürchten Juristen.
Mit dem Vereinsgesetz gegen ein Medium
Bevor über Inhaltliches entschieden wird, geht es um die Zuständigkeit der Klage. Sollte das Gericht inhaltlich entscheiden, sehen manche Juristen durchaus Chancen, dass das Verwaltungsgericht das Verbot aufhebt. Es könnte zu der Entscheidung kommen, dass das Vereinsgesetz das falsche Instrument ist, um gegen ein Medium, wie es Indymedia Linksunten nun mal ist, vorzugehen. Da käme vielmehr das Telemediengesetz infrage, das bestimmte Medieninhalte bemängeln und deren Entfernung fordern kann. Nach dem Telemediengesetz könnten einzelne Artikel oder Beiträge, aber nicht ein ganzes Medium verboten werden.
Sollte das Verwaltungsgericht am Mittwoch die Klage abweisen, geht allerdings nicht nur die politische, sondern auch die juristische Auseinandersetzung um Indymedia Linksunten weiter. Schon vor einer Woche wurde das Archiv von Indymedia Linksunten von Unbekannten wieder online gestellt. Die Anwälte der Kläger sprechen von einem Glücksfall für das Verfahren. Denn dadurch könnte nun bewiesen werden, dass sich die überwiegende Mehrheit der Beiträge nicht um militante, sondern um legale Aktionen dreht. Es sind relativ wenige und auch die werden durch andere Nutzer der Plattform inhaltlich kritisiert. Die Bloggerin Detlef Georgia Schulze hat jetzt das Archiv gespiegelt und namentlich mit einem eigenen Impressum gezeichnet. Dabei gehört es ihr darum, gegen das Verbot von Indymedia-Linksunten klagen zu können, weil sie als Leserin und Autorin davon betroffen ist. Sie bestreitet ihre Autorinnenschaft auch nicht, sondern verteidigt sie im Gegenteil.
Wo bleibt der Protest der Zivilgesellschaft?
Nun könnte man denken, gegen eine Einschränkung der Pressefreiheit wird auch die Zivilgesellschaft aktiv, die sich nicht mit vielen Inhalten auf Indymedia Linksunten identifiziert, aber nach dem Prinzip, dass Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden ist, dafür eintritt, dass diese Inhalte veröffentlicht, gelesen und kritisiert werden können. Die Kritik an dem Schweigen ist berechtigt. Doch man sollte auch nicht vergessen, dass es diese kritischen zivilgesellschaftlichen Stimmen durchaus gab.
In einer zweistündigen Sondersendung zum Indymedia-Linksunten-Verbot, das von verschiedenen freien Radios übernommen wurde, sind diese Stimmen dankenswerter Weise zu hören. Am 29. Januar wollen die zivilgesellschaftlichen Gruppen die Verhandlung vor dem Leipziger Verwaltungsgericht besuchen und haben auch eine Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude angemeldet, auf der über den Stand des Verfahrens berichtet wird. So wird neben dem linken Protest gegen die Abschaltung der linken Plattform am Mittwoch hoffentlich auch zivilgesellschaftlicher Protest gegen die Einschränkung der Pressefreiheit zu hören und zu sehen sein.
Übrigens war auch der Journalist Deniz Yücel, der in der Türkei wegen seiner journalistischen Arbeit im Gefängnis saß, am Samstag als Korrespondent der Welt auf der Kundgebung und lieferte im Gegensatz zu Bild einen differenzierten Bericht, der sich positiv von den Randale-Meldungen abhebt. Es wäre ein Erfolg der zivilgesellschaftlichen Arbeit, wenn es gelänge, Deniz Yücel für eine Erklärung gegen das Verbot von Indymedia Linksunten als Einschränkung der Pressefreiheit zu gewinnen.