Tarnkappen für rote Blutkörperchen
Chinesische Wissenschaftler haben eine radikale Methode entwickelt, um die Immunabwehr bei Bluttransfusionen zu täuschen. Das eröffnet der Chirurgie neue Möglichkeiten.
Chronischer Blutmangel in der medizinischen Versorgung treibt die Suche nach universell einsetzbaren Blutpräparaten voran, weil es den Ärzten ermöglichen würde, mehr Leben zu retten. Denn eine der schrecklichsten Situationen für einen Arzt ist ein Krankenhaus voller Patienten, aber ein leerer Kühlschrank ohne Blutprodukte.
Auch in Deutschland werden täglich 15.000 Blutspenden: https://www.blutspende.de/magazin/von-a-bis-0/blutspender-in-deutschland benötigt ‒ alle sechs Sekunden eine. Zwar ist die Versorgung derzeit gesichert, aber die Vorräte sind kaum als üppig zu bezeichnen. Zudem sind Blutspenden und die daraus gewonnenen Präparate nur 4 bis 35 Tage haltbar. Lediglich Blutplasma kann tiefgekühlt bis zu zwei Jahre lang gelagert werden.
Vor allem im Sommer kommt es auch in Deutschland immer wieder zu Engpässen. Die Gründe dafür sind profan und liegen etwa in Feier- und Brückentagen, der Fußball-EM und der Urlaubszeit. Planbare Operationen mussten in einigen Fällen bereits verschoben werden.
Immer wieder Engpässe bei Blutspenden
Nun haben uns chinesische Forscher der Versorgungssicherheit mit Blutpräparaten vielleicht einen Schritt nähergebracht, indem sie winzige Siliziumhüllen für gespendete rote Blutkörperchen geschaffen haben. Solche silizifizierten Erythrozyten können weiterhin und ohne Einschränkung Sauerstoff transportieren, entgehen aber der Immunabwehr.
Wie der Biomedizintechniker Chuanyi Lei von der South China University of Technology und seine Kollegen in PNAS schreiben, konnten sie mithilfe dieser Nanotechnologie sogar eine erfolgreiche Bluttransfusion zwischen verschiedenen Säugetierarten durchführen.
Durch die Siliziumbeschichtung für roten Blutkörperchen konnten Lei und sein Team die Oberflächenproteine abdecken, die unser Körper zur Erkennung der Blutgruppen verwendet. Dadurch kann eine andere Blutgruppe sicher verwendet werden, und sogar das Blut von einer anderen Spezies.
Das Team transfundierte die mit Silikon ummantelten menschlichen Blutzellen bereits erfolgreich in Mäuse.
Bluttransfusion zwischen verschiedenen Säugetieren möglich
In allen bisherigen Tests verhalten sich die mittels Silizium getarnten Zellen wie normale rote Blutkörperchen: Ihre Membran bleibt intakt, sie können weiterhin durch den Blutstrom schwimmen, ihren üblichen Zellbrennstoff produzieren und lebenswichtigen Sauerstoff dorthin transportieren, wo er gebraucht wird.
Gleichzeitig ist das verkieselte Blut resistenter gegen ungünstige Umweltbedingungen und kann über längere Zeiträume gelagert werden als die üblichen Präparate. Damit bietet sich eine neue Möglichkeit, insbesondere den Blutverbrauch bei der Lagerung von Spenderorganen zu verringern.
Wenn man künstlich Blut durch Spenderorgane pumpt, bleiben sie lange genug am Leben, um transplantiert werden zu können, aber es wird sehr viel Blut verbraucht. Nun könnte es mit dieser speziellen Technologie möglich werden, bis zur Transplantation tierisches Blut zu verwenden, anstatt begrenzte menschliche Blutvorräte zu nutzen.
Spenderorgane einfacher mit Blut versorgen
Lei und seine Kollegen haben bereits erfolgreich eine Lebertransplantation bei einer Ratte durchgeführt. Diese Ergebnisse unterstreichen das erhebliche Potenzial, das Präparate mit verkieselten Erythrozyten bietet. Sie kann dazu beitragen, die Lagerung von Spenderorganen zu vereinfachen, weil sie eine Transfusionsalternative bietet, die den wachsenden Bedarf an Blut effektiv decken kann.
Natürlich steckt diese neue Bluttechnologie noch in den Kinderschuhen, sodass sie noch viele Herausforderungen zu bestehen hat, bevor sie als sicher für den Menschen eingestuft werden kann. Bis auf Weiteres bleibt also die Blutspende ein unersetzlicher Beitrag zur Behebung des strukturellen Mangels an Blutkonserven und kann Leben retten.
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