Terror in Moskau: War es der afghanische IS?

Isis-Kämpfer in Afghanistan. Bild: Isis

In Moskau starben bei einem Terroranschlag auf einem Veranstaltungsgelände mindestens 93 Personen. Die Frage, ob es der IS war, ist auch ein großes Politikum.

Am 22. März gegen acht Uhr abends stürmte eine Gruppe von vier bis fünf bewaffneten Männern in den Konzertsaal des Moskauer Veranstaltungszentrums Crocus City Hall und begann, um sich zu schießen. Das nur mit Schlagstöcken bewaffnete Sicherheitspersonal konnte sie nicht aufhalten.

Mindestens 133 Tote durch Schüsse und Rauchvergiftung

Im Gebäude brach ein Feuer aus. Nach aktuellen amtlichen Angaben des russischen Gesundheitsministeriums starben dabei 133 Menschen, darunter drei Kinder. Die Todesursachen waren Schusswunden oder eine Rauchvergiftung. Über einhundert Verletzte wurden in Moskauer Krankenhäuser eingeliefert.

Der russische Inlandsgeheimdienst FSB vermeldete inzwischen die Festnahme von elf Verdächtigen, darunter den vier mutmaßlichen Tätern. Diese wurden auf der Flucht in der russischen Region Brjansk in der Nacht in einem Auto festgesetzt und es soll sich nach russischer Presse um tadschikische Staatsangehörige handeln.

Aus Tadschikistan selbst kam bereits ein Dementi über die Beteiligung eigener Staatsbürger durch das Außenministerium. Tadschikistan ist ein Nachbarstaat von Afghanistan, wo auch eine tadschikische Minderheit lebt.

Bekenntnis des IS

Kontroversen brachen nach einem Bekenntnis des Islamischen Staats zum Anschlag aus, das von einer Reihe von westlichen Experten und der US-Regierung für authentisch gehalten wird.

Die Rede ist vor allem immer wieder von der IS-Untergruppe IS-Khorasan, die in Afghanistan aktiv ist. Zuvor hatte es im russischen Netz von mehreren Seiten Schuldzuweisungen an den Kriegsgegner Ukraine gegeben. Auch das Bekenntnis des IS wird dort angezweifelt.

Zweifel an einer sicheren Urheberschaft des IS haben jedoch nicht nur russische Propagandisten. Solche äußerte auch der oppositionsnahe russische Nahostexperte Ruslan Suleimanov.

Ob die islamistischen Informationsquellen, die das sogenannte Bekenntnis verbreiteten, wirklich im Kontakt mit dem IS stünden, sei nach seiner ersten Stellungnahme auf Telegram nicht gesichert.

Fähigkeiten des afghanischen IS eigentlich begrenzt

Die Fähigkeiten der Fraktion IS-Khorasan in Afghanistan seien sehr begrenzt, die Taliban als aktuelle Machthaber bekämpften diese Gruppe aktiv. Nach UNO-Angaben hätte IS-Khorasan nur 4.000 bis 6.000 Kämpfer in Afghanistan und es sei schwer zu glauben, dass die Gruppe "über die technischen Fähigkeiten verfügt, hoch organisierte bewaffnete Angriffe weit jenseits der Grenze von Afghanistan durchzuführen. Vor allem in Moskau".

Wer für den Terroranschlag verantwortlich ist, ist auch ein Politikum. Westliche Geheimdienste hatten Russland vor IS-Terroranschlägen Anfang März im Rahmen eines Abkommens gewarnt. Die russischen Offiziellen hatten diese Warnung bis hin zu Putin selbst in einer Sitzung mit dem FSB-Vorstand angezweifelt.

Nach dem Anschlag wurden Großveranstaltungen im Bereich Kultur und Sport in ganz Russland abgesagt. An russischen Botschaften kam es zu Beileidsbekundungen und viele Menschen legten Blumen nieder. Politiker aus vielen Nationen verurteilten den Terroranschlag bereits. Das politische Tauziehen um die Deutung des Anschlags hat jedoch gerade erst begonnen.