Terrorgewinnler
Zweifelhaftes Kopfgeld auf Osama Bin Laden
Richtig fette Explosionen, Tausende Tote, ein Bösewicht wie aus dem Bilderbuch - die Publicity des Terroranschlags in New York ist nicht zu bezahlen. Selbst private Fernsehsender zeigten sich pietätvoll und verzichteten in der ersten Berichterstattung auf Werbeeinblendungen. Doch schon gibt es erste Trittbrettfahrer, die sich nicht zurücknehmen, sondern sich ganz gezielt mit Hilfe des Terrorakts profilieren. Medien-"Hacker" Kim Schmitz alias Kimble, 27 Jahre, lobt auf seiner Webseite kimble.org 10 Millionen US-Dollar für Hinweise aus, die zur Ergreifung des vermeintlichen Drahtziehers der Terroranschläge führen.
Kim Schmitz zeichnet sich nicht nur durch übermäßige Körperfülle aus, sondern auch durch ein ebensolches Ego. Dazu gehört seine persönliche PR. Kamerateams zieht er magisch an - oder auch umgekehrt. Ob er nun mit der Schickeria die Formel 1 ansieht oder bei einer Rallye seinen Mercedes zu Schrott fährt - Kameras begleiten Kimble.
Der neuste Coup war offenbar die Arbeit von wenigen Minuten. Ein hübsches kleines Banner "Stop The Terrorism" auf der Hauptseite, darunter der verheißungsvolle Link Kim's Letter to The World. Kims Brief an die Welt entpuppt sich als leicht veränderter FBI-Steckbrief von Usama Ibn Ladin, der auch bereits auf der Taleban-Homepage seinen Platz gefunden hatte (Website der Taliban gehackt). Neben das Fahndungsphoto ist ein Bild vom explodierenden World Trade Center montiert. Zu den Bin Laden vom FBI zur Last gelegten Verbrechen hat Kimble flugs noch die Anschläge auf World Trade Center und Pentagon hinzugefügt.
Was soll die Zurückhaltung auch? Die Schlagzeilen reichen als Beweis. Eine entscheidende Änderung findet sich ganz unten auf der Seite. Dort wo das FBI 5 Millionen Dollar für Informationen auslobt, die zur Ergreifung führen, hat Kimble sein eigenes Kopfgeld ausgesetzt. Und er geht - wie üblich - in die vollen. Ganze 10 Millionen Dollar spendiert Kimble für den edlen Kampf gegen den Terrorismus.
Informationen über die Auszahlung gibt es nicht. Darf man sich noch ans FBI wenden, wenn man Informationen hat, oder muss man sie direkt an Medienstar Kimble geben? Hätte Kimble Bin Laden lieber tot oder doch lebendig? Stammt das Geld aus Kimbles Privatschatulle oder sind es Gelder, die er bei seinen Investoren organisiert hat? Denn Geld organisieren kann Kim. Wie sonst würde er seinen Lebensstil finanzieren, der pro Jahr angeblich 5 Millionen Mark verschlingt?
Eine Nachfrage bei der Münchner Firma Dataprotect bringt nichts. Informationen gibt es hier nicht. Immerhin kann man eins erfahren: "Er will das nicht als persönliche PR-Aktion sehen". Für weitere Details soll man sich bitte an Kim persönlich wenden. Doch der ist momentan nicht zu erreichen. Immerhin dem Handelsblatt meldet er erste Erfolge. 1,5 Millionen Besucher hätten seine Seite in 24 Stunden besucht. Ach ja: außerdem seien 10000 Hinweise eingegangen. Eine Art Lottospiel: Wer den richtigen Ort in Afghanistan nennt, hofft auf den Geldsegen. Vermutlich vergeblich: die Webseite macht keinen allzu verbindlichen Eindruck. Die 10 Millionen Dollar sind nur eine Art Höchstgebot. Wonach sich die genaue Summe bemisst, steht wohl allein im Ermessen des edlen Spenders. Wer das ist, ist übrigens auch höchst unklar. Nicht Kim Schmitz persönlich ist als Geldspender angegeben, sondern kimble.org. Wann hat zuletzt eine Webseite einen Scheck ausgestellt?
Doch auch wenn diese kleinen Fehler nur Formalitäten sind: die Auszahlung könnte lange dauern. Auf der Webseite seiner neusten Unternehmung Kimvestor prangt seit Februar unverändert eine Mitteilung, dass er gegen die von der Telebörse über ihn aufgestellten Behauptungen vorgehen wird. "Seine Anwälte arbeiten mit Hochdruck an den dazu erforderlichen Unterlagen." Wenn auch diese Aktion so schnell zum Erfolg führt, kann sich Bin Laden noch eines langen Lebens in Freiheit erfreuen.