Tesla ruft fast alle Cybertrucks in den USA wegen Sicherheitsrisikos zurück

Tesla hat eine Rückrufaktion für den Cybertruck gestartet
(Bild: Jonathan Weiss/Shutterstock.com)
Rund 46.000 bereits ausgelieferte Cybertrucks müssen in die Werkstatt. Es ist bereits der achte Rückruf seit Januar 2024. Die Probleme kommen für Tesla zur Unzeit.
Der E-Autobauer Tesla muss erneut einen Großteil seiner futuristischen Cybertruck-Pickups in die Werkstätten beordern. Wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte, sind fast alle der rund 46.000 seit November 2023 in den USA ausgelieferten Fahrzeuge von einem Rückruf betroffen. Grund ist ein Verkleidungsteil aus Edelstahl, das sich während der Fahrt lösen und abfallen kann.
Verlustrisiko bei hohem Tempo
Das betroffene Bauteil, eine Zierleiste am Fahrzeugdach, weist laut Tesla Mängel bei der Verklebung auf. Diese könne sich durch Umwelteinflüsse verschlechtern und dazu führen, dass sich die Leiste ablöst.
Kunden würden durch Geräusche im Innenraum darauf aufmerksam, oder sehen die Leiste lose herunterhängen bzw. komplett abfallen. Bei höheren Geschwindigkeiten könne das Verkleidungsteil dann zu einem gefährlichen Hindernis auf der Straße werden und das Unfallrisiko erhöhen, so Tesla in einer Mitteilung an die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA.
Das Unternehmen geht davon aus, dass rund 1 Prozent der betroffenen Fahrzeuge tatsächlich einen Defekt aufweisen. Es lägen 151 Garantiefälle im Zusammenhang mit dem Problem vor. Von Unfällen oder Verletzungen sei Tesla jedoch nichts bekannt, hieß es.
Die Reparatur soll im Rahmen eines Werkstattaufenthalts auf Kosten des Unternehmens erfolgen. Dabei wird die Zierleiste gegen ein überarbeitetes Bauteil ausgetauscht, das zusätzlich verschraubt wird und einen neuen Klebstoff verwendet. Dieser sei auch bei den ab Freitag produzierten Cybertrucks im Einsatz.
Verkaufszahlen rückläufig
Für Tesla kommt die erneute Rückrufaktion zur Unzeit. Es ist bereits der achte Rückruf für den Cybertruck, seit dieser im Januar 2024 auf den Markt kam. Laut Schätzungen von Branchenexperten sind damit nahezu alle bisher verkauften Exemplare des auffällig gestalteten Elektro-Pickups von Rückrufen betroffen.
Tesla selbst gibt keine Absatzzahlen für das Modell bekannt. Dem Marktforscher Cox Automotive zufolge dürften 2024 aber nur rund 39.000 Stück in den USA verkauft worden sein – bei einer Gesamtproduktion von 1,79 Millionen E-Autos im selben Jahr. Die Nachfrage nach dem unkonventionellen Elektro-Pickup habe zum Jahresende bereits nachgelassen, heißt es.
Auch die Tesla-Aktie hat in diesem Jahr rund die Hälfte ihres Werts eingebüßt. Analysten sehen eine Reihe von Gründen: zunehmende Konkurrenz, eine alternde Modellpalette und nicht zuletzt eine Gegenreaktion auf die umstrittene Rolle von Tesla-Chef Elon Musk als Berater von US-Präsident Donald Trump zu Haushaltskürzungen.
Die politische Verstrickung führe zu Protestaktionen und Boykottaufrufen ehemaliger und potenzieller Tesla-Kunden, zitiert Reuters den Analysten Dan Ives. Das Unternehmen durchlebe einen "Tornado-Krisenmomant" aufgrund des Imageschadens seines Markenchefs.
Musks Auftritt bei einem "All-Hands-Meeting" in Austin, das in der Nacht zum Freitag live auf seiner Social-Media-Plattform X übertragen wurde, ging auf den Rückruf nicht ein. Stattdessen hob er die "Fünf-Sterne-Sicherheitsbewertung" des Cybertrucks durch die NHTSA hervor und bezeichnete das Fahrzeug bei einem Unfall als "sehr sicher". Zudem riet er Anlegern, an ihren Tesla-Aktien festzuhalten.
Qualitätsprobleme im Fokus
Dennoch werfen Rückrufe wegen physischer Mängel wie fehlerhafter Karosserieteile ein Schlaglicht auf Qualitätsprobleme, denen Tesla in den letzten Jahren aus dem Weg gegangen war.
"Der Ruf eines Unternehmens braucht lange, um aufgebaut zu werden, kann aber sehr schnell Schaden nehmen", sagte Sam Fiorani, Vizepräsident beim Marktforschungsunternehmen AutoForecast Solutions gegenüber Reuters.
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2024 führte Tesla in den USA die Liste der Rückrufe mit 5,1 Millionen Fahrzeugen an. Die meisten Probleme ließen sich jedoch durch Software-Updates "over the air" beheben. Physische Reparaturen in der Werkstatt, wie im Fall der Cybertruck-Zierleiste, sind dagegen aufwendiger und kostspieliger.
Es ist daher nicht auszuschließen, dass der neuerliche Rückruf eine Belastung für Teslas Quartalsergebnis darstellen könnte. Der Einfluss dürfte jedoch gering ausfallen, da Cybertruck-Verkäufe im Vergleich zu den Volumenmodellen 3 und Y wenig zu Buche schlagen, wie Morningstar-Analyst Seth Goldstein anmerkt.
Die Behebung des Problems sei durch die Garantie abgedeckt, teilte Tesla mit. Ab Freitag gefertigte Fahrzeuge würden bereits mit der verbesserten Zierleiste ausgestattet, Lagerfahrzeuge vor Auslieferung nachgerüstet. Vom Rückruf betroffene Kunden sollen in den nächsten Wochen benachrichtigt werden.