Testpflicht für Rückkehrer ab Sonntag
Weiterhin werden aber vollständig geimpfte und genesene Personen von der Pflicht ausgenommen
"Alle nicht geimpften Einreisenden nach Deutschland müssen sich künftig testen lassen - egal ob sie mit dem Flugzeug, Auto oder der Bahn kommen", teilte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitagmorgen mit. Das gelte für alle Einreisenden ab 12 Jahren. Dass die Regelung - siehe Coronavirus-Einreiseverordnung - kommen würde, war längst klar, da auch die SPD auf diesen Kurs eingeschwenkt war, wie an dieser Stelle berichtet wurde (Allgemeine Testpflicht für Reiserückkehrer nach Deutschland ab 1. August?).
Ob es beim 1. August bleiben würde, wie dies Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt und gefordert hatte, war lange unklar. Doch in Berlin zieht man angesichts der verstärkten Importe von Inzidenzen aus Urlaubsgebieten - allen voran aus Spanien - eilig die Reißleine, bevor mit der großen Rückreisewelle eine neue Infektionswelle über Deutschland schwappt. Reisende auf dem Landweg müssen sich auf verstärkte Kontrollen einstellen.
Spahn will über die Maßnahme das Risiko reduzieren, dass zusätzliche Infektionen eingetragen werden. Es ist aber offensichtlich, dass er über die Hintertür auch der abnehmenden Impfbereitschaft in Deutschland begegnen will. "Der volle Impfschutz erleichtert das Reisen: Wer geimpft ist, spart sich Test & Quarantäne", twittert er. "Wir haben genügend Impfstoff für alle."
Allerdings markiert dieses Vorgehen auch ein Versagen des Gesundheitsministers. Der Eintrag, vor allem auf dem bisher zumeist testbefreiten Landweg, ist und war vor allem aus Spanien zu erwarten. Das war schon vor drei Wochen abzusehen. Deshalb ist die Kritik des Grünen-Politikers und Mediziner Janosch Dahmen richtig. Er erklärte im Interview, dass die ergriffenen Maßnahmen "grundsätzlich richtig sind", doch die Testpflicht komme "viel zu spät".
Das Mitglied des Gesundheitsausschusses im Bundestag weist darauf hin, dass viele Menschen ihren Urlaub inzwischen schon beendet haben und in etlichen Fällen das Coronavirus wieder zurück nach Deutschland gebracht hätten. "Wir sehen ja auch, dass die Infektionszahlen hierzulande wieder steigen."
Im neuen Lagebericht des Robert Koch-Instituts (RKI) bildet sich das deutlich ab. In den letzten vier Wochen wurden allein 1.247 Infektionen von Rückkehrern aus Spanien registriert. Das Land liegt damit mit großem Abstand auf dem ersten Rang vor der Türkei mit 249. Nach Nachmeldungen wird in der Kalenderwoche (KW) 28 mit 459 bisher der Spitzenwert registriert. In Kalenderwoche 29 sind es bisher 371. Aber die Zahl dürfte noch deutlich steigen. (Vergangene Woche hatte das RKI die Zahl für KW 28 noch mit 389 angegeben.)
Es zeigt sich insgesamt, wie falsch es vom Auswärtigen Amt war, Spanien erst vor einer Woche zum Hochinzidenzgebiet zu erklären, womit erst seit Dienstag eine Testpflicht auch schon auf dem Landweg und verschärfte Quarantäneregeln gelten. Spanien hatte bei der Inzidenz das Nachbarland Portugal schon vor drei Wochen überflügelt.
Portugal ist seit Langem als Hochinzidenzgebiet eingestuft. Inzwischen taucht das Land aber beim Eintrag von Infektionen in der RKI-Liste nicht einmal auf, weil aus Portugal in den letzten vier Wochen weniger als 55 Fälle importiert wurden.
In Spanien ergibt sich derweil langsam eine Entspannung der Lage in der Mehrzahl der Regionen, wo wie in Katalonien, Valencia oder Kantabrien durchgreifende Maßnahmen wie eine nächtliche Ausgangssperre verordnet wurden. Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt im Landesdurchschnitt langsam. Sie betrug am Donnerstag noch 315. Gegenläufig verhalten sich die bei Deutschen so beliebten Balearen-Inseln und Madrid, wo nur schwache oder keine Maßnahmen angeordnet wurden.
Beide Regionen liegen schon deutlich über dem Durchschnitt, mit einer weiter steigenden Tendenz. Die Balearen weisen nach Angabe der lokalen Gesundheitsbehörde nun schon eine Inzidenz von 466 aus.
Damit liegen die Urlaubsinseln weit über dem bisherigen Hotspot Katalonien, wo die Inzidenz von deutlich von über 600 nun auf 372 gesunken ist. Dort steigt aber die Belegung der Intensivstationen weiterhin an. 600 Covid-Patienten kämpfen in Katalonien ums Überleben, fast die Hälfte aller Intensivbetten sind mit Covid-Patienten belegt.
Der Höhepunkt dürfte bald überschritten sein, die Zahl der Einlieferungen in Hospitäler geht mit dem Rückgang der Inzidenzen ebenfalls wieder zurück. Die Zahl der Einweisungen in Krankenhäuser auf den Balearen steigt dagegen weiter und hat sich in einer Woche fast verdoppelt, vom Peak ist man auf Mallorca, Menorca, Ibiza und Formentera also weiterhin deutlich entfernt. Auf den Intensivstationen der Inseln kämpfen nun 58 Menschen um ihr Leben. Die Belegungsquote ist inzwischen auf 22 Prozent gestiegen.