TikTok: Spielplatz für Spione und Datenhändler?
In Deutschland gewinnt die Debatte zu TikTok an Fahrt. Spioniert uns China mit der beliebten App aus? Was unterscheidet sie von anderen Social-Media-Plattformen?
Die Debatte um TikTok hat Deutschland erreicht. Über die Grenzen der Parteien hinweg fordern deutsche Politiker eine härtere Gangart gegen die beliebte Kurzvideo-App. Der Grund: Die Firma ByteDance, die hinter TikTok steht, hat ihren Sitz in China. Das reicht schon aus, um bei manchen Personen die Alarmglocken schrillen zu lassen.
Deutsche Politiker fordern strengere Regulierung von TikTok
Roderich Kiesewetter, der für die Christdemokraten im Geheimdienst-Kontrollgremium des Bundestags sitzt, fordert eine schärfere Regulierung. Und wenn diese nicht effizient möglich ist, dann müsste man über ein Verbot von TikTok nachdenken.
Im Handelsblatt behauptete er, die App sei ein wichtiges Instrument der hybriden Kriegsführung Chinas und Russlands. Sie werde nicht nur zur Verbreitung von Desinformation benutzt, sondern auch "gezielt zur Spionage und zum Datenabgriff".
Originell ist Kiesewetter mit seinen Vorwürfen nicht. Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte das schon vor Jahren erhoben; jetzt versucht die Biden-Administration erneut einen Zwangsverkauf der App aus denselben Gründen durchzusetzen.
Beweise blieben sie allerdings bislang schuldig – was den Verdacht nährt, dass es auch hier mehr um die technologische Rivalität zwischen Großmächten geht, etwa wie bei Vorwürfen gegen den chinesischen Konzern Huawei oder bei Sanktionen gegen chinesische Chip- und KI-Unternehmen.
TikTok, Facebook & Co.: Wer sammelt keine Daten?
In diesem Wettstreit der Großmächte muss sich Deutschland positionieren – und wer keine eigenen Interessen vertritt, folgt. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass deutsche Politiker die US-Positionen übernehmen, auch wenn das bedeutet, mit zweierlei Maß messen zu müssen.
In den USA argumentieren Politiker etwa, dass TikTok den chinesischen Gesetzen zur nationalen Sicherheit unterliegt, die die Herausgabe von Daten und Algorithmen an den Staat verlangen können. Dadurch könnte Beijing an Unmengen von Informationen über US-Nutzer gelangen. Oder die App könnte genutzt werden, um die US-Politik zu beeinflussen.
Nutzung von Nutzerdaten: Der Transparenzbericht von Facebook
Doch worin unterscheidet sich TikTok in dieser Frage von Facebook, Instagram oder X? Auch sie sammeln Daten ihrer Nutzer und geben sie unter Umständen an Regierungen weiter. Die US-Regierung nutzt diese Daten emsig, aber auch die deutsche Bundesregierung.
Die US-Behörden haben von Januar bis Juni 2023 knapp 74.000 Anfragen gestellt, wie aus dem Transparenzbericht von Facebook hervorgeht. In über 87 Prozent der Fälle wurden Daten herausgegeben. Im selben Zeitraum stellten deutsche Behörden über 20.000 Anfragen und erhielten in über 71 Prozent der Fälle auch die Daten.
Welche Daten von welchen Personen im In- und Ausland die Behörden begehrten, geht nicht aus dem Bericht hervor. Aber der Bericht macht zumindest deutlich, dass auch westliche Behörden die Daten nutzen, die von sozialen Netzwerken gesammelt werden.
ByteDance verteidigt Datensammlung bei TikTok
ByteDance hat laut Bloomberg bestritten, dass die Sammlung von Nutzerdaten wie Name, Alter, Telefonnummer, E-Mail, IP-Adresse und allgemeiner Standort durch TikTok auf eine enorme Menge sensibler Informationen hinausläuft. Diese Informationen würden "routinemäßig von Unternehmen gesammelt […], um den Zugang zu Online-Diensten zu ermöglichen".
Das Unternehmen erklärte demnach auch, dass sein Algorithmus für die Empfehlung von Inhalten auf Cloud-Servern gespeichert ist, die von seinem US-Partner Oracle unterhalten werden, und alle Änderungen daran von Mitarbeitern seiner US-Geschäftseinheit überprüft und verwaltet werden.
Vorschlag: TikTok-Verbot für öffentlichen Dienst
Kiesewetter schlägt nun vor: Alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes – von der Bundesregierung bis zur Kommunalverwaltung – sollen TikTok nicht mehr auf dienstlichen Geräten verwenden. Ralf Stegner, Außenpolitiker der SPD, geht noch weiter: Beschäftigte von Sicherheitsbehörden sollen die App auch privat nicht mehr nutzen dürfen.
Sollte sich Kiesewetter mit seinem Vorschlag durchsetzen, dann müssten auch deutsche Politiker ihre TikTok-Accounts löschen. Das würde vor allem die AfD treffen. Aber auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) unterhält nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur (dpa) einen Account. Selbst die Bundesregierung plant demnach, dort aktiv zu werden.
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