Tod von Journalistin Abu Akleh: Viele Fragen bleiben offen
- Tod von Journalistin Abu Akleh: Viele Fragen bleiben offen
- Gewalttaten gegen Palästinenser haben oft keine rechtlichen Folgen
- Tod von Reporterin Abu Akleh: Recherchen stützen Berichte von Augenzeugen
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Dem israelischen Militär wird vorgeworfen, die Journalistin Shireen Abu Akleh exekutiert zu haben. Die Empörung in westlichen Medien bleibt aus.
Die angesehene Journalistin vom TV-Sender Al-Dschasira Shireen Abu Akleh wird durch einen Kopfschuss getötet, während sie im Westjordanland berichtet. Sie trägt eine Schutzweste und einen Helm mit Aufschrift "PRESS". Augenzeugen und erste Untersuchungen liefern deutliche Hinweise darauf, dass die US-Amerikanerin von israelischen Scharfschützen getötet wurde. In vielen Leitmedien aber folgt man dem Narrativ Israels: Niemand weiß nichts Genaues.
Abu Akleh arbeitet schon seit über zwei Jahrzehnten in Israel und Palästina. Vor einer Woche ist die erfahrene TV-Reporterin wie so oft im Westjordanland unterwegs, um über eine Razzia des israelischen Militärs im palästinensischen Flüchtlingslager Dschenin zu berichten.
Sie trägt eine Presseuniform inklusive kugelsicherer Weste und Pressehelm. Dann fallen drei Schüsse. Eine Kugel verletzt den Al-Dschasira-Produzenten, der Abu Akleh begleitet, die Zweite schlägt genau unterhalb des Helmrands und oberhalb der Schutzweste ins Gesicht der Reporterin ein, dort, wo sie tödlich verletzbar ist.
Am nächsten Tag findet die Beerdigung in Ramallah statt. Tausende sind zur Trauerfeier gekommen, um von der bekannten Journalistin Abschied zu nehmen. Schwarz uniformierte israelische Polizisten prügeln wahllos auf die Trauergäste ein, so dass der Sarg fast zu Boden fällt.
Die Szenen zwingen das Weiße Haus in Washington zur Stellungnahme. Die Gewalt sei "außerordentlich verstörend". Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zeigt sich "zutiefst erschüttert, dass die Trauerfeier nicht in Frieden und Würde stattfinden konnte". Selbst die israelischen Medien kritisieren den Polizei-Einsatz.
Doch die Empörung über den Übergriff der Polizei bei der Beerdigung verdrängt den eigentlichen Skandal. Es ist der Tod der Journalistin selbst, bei dem sich die Hinweise auf eine gezielte Tötung durch das israelische Militär verdichten.
Unmittelbar nach dem tödlichen Treffer behauptete Israel noch, dass ein palästinensischer Schütze die Journalistin erschossen habe. Nachdem Zeugen, einschließlich einer Reihe von Journalisten, aussagen, dass Abu Akleh von israelischen Soldaten getötet worden sei, ändern die Behörden ihre Aussage. Nun heißt es, dass es unklar sei, wer für den Tod verantwortlich ist.
Der Druck nimmt über die Woche jedoch weiter zu, auch weil es sich um eine US-Amerikanerin und allseits beliebte TV-Journalistin handelt. Der Sender Al-Dschasira spricht in einer Stellungnahme von einem "unverhohlenen Mord, der internationales Recht verletzt". Die Reporterin sei "eiskalt getötet" worden.
Israel bietet daraufhin eine Untersuchung des Falls an. Doch das wird von der palästinensischen Seite abgelehnt mit der Begründung, dass man Israel nicht traue. Eine keineswegs unbegründete Befürchtung. Menschenrechtsgruppen verweisen immer wieder auf die miserable Bilanz, wenn Israel die Vergehen der eigenen Sicherheitskräfte intern selbst untersucht.