Todesblick und Zeitmaschinen
Gadgets können mehr als Waffen
Wer heute ohne Gadget ist, dem fehlt etwas. Zumindest im Spiel. Die nützlichen Geräte verbessern die Fähigkeiten der Spielfigur auf übernatürliche Weise. Dabei sind sie nicht primär zum Schaden des Gegners da, sondern dienen der Fortbewegung, der Sicht, der Tarnung oder Täuschung. Gadgets zählen zu den Elementen, die grundlegend zum Spielspaß beitragen. Welche derzeit „trendy“ sind, verrät dieser Artikel.
Das Greifhakenseil
Das Gadget: Das Greifhakenseil erlebt grad seine beste Zeit. Immer mehr Entwickler bauen es ein – zur Freude seiner Fans. Gute Umsetzungen geben einem das Gefühl wendig und flexibel zu sein. Die Kombination aus Seillänge und Zugkraft dieses Enterhakens machen den Unterschied zwischen einzelnen Exemplaren. Er ersetzt bzw. erweitert die Springfunktion, indem sein Nutzer ihn per Fadenkreuz auf eine höhere oder vor ihm gelegene Ebene abschießt. Ein motorisierter Federmechanismus rollt das Seil blitzschnell wieder auf und zieht dabei den Helden mit sich. Viele Entwickler interpretieren den Enter- oder Kletterhaken als Schwungseil zur Fortbewegung – eine Funktion, die an Spider-Mans Netzfaden erinnert. Seine sekundäre Waffenfertigkeit ermöglicht dem Träger munitionslosen Kampf: Mit dem Seil packt er Feinde, schleudert sie umher oder springt ihnen entgegen. Auch Objekte wie Munition oder Power-ups, die sich außer Reichweite befinden, kann der Greifhaken erfassen.
Das Spiel: Eines der ersten Spiele mit Greifhakenseil war Bionic Commando, ein Jump ’n’ Run von 1987. Die gleichnamige Action-Adventure-Umsetzung von 2009 übersetzte das Spielprinzip sehr gut ins 3D-Zeitalter. Held Spencer nutzt darin seinen Greifhaken als Power-Seilzug, Beförderungsmittel und überdimensionale Steinschleuder. Obwohl die umfangreiche Steuerung nach etwas Einspielzeit sauber von der Hand ging, werteten Reviews das Spiel wegen Linearität und Wiederholung extrem ab. Auch Gadget-Meister Batman müsste im Videospiel-Hit Batman: Arkham Asylum ohne Enterhakenpistole von waghalsigen Kletterpartien absehen. Bevor am 18. Mai Capcoms Monsterjagd Lost Planet 2 beginnt und das bereits bewährte Hakenseil im Einzelspieler-, Vierer-Coop- und Online-Multiplayer-Modus in modifizierter Fassung zum Einsatz kommt, treibt Just Cause 2 das Seilchen springen auf die Spitze: Rico Rodriguez, der Protagonist des Open World-Action-Adventures, kann seine Gegner auf unkonventionelle Art an ihm auf- sowie anhängen. Auch am Gleitschirm in der Luft betätigt er das Greifhakenseil für Kampfeinlagen und Richtungswechsel.
Der Nanosuit
Das Gadget: Das Königs-Gadget der Videospiele kommt aus Deutschland: der Nanosuit, ein Anzug der mit der Muskulatur und dem Zentralnervensystem seines Trägers verbunden ist. Er steigert dessen Attribute in vier verschiedenen Modi: macht ihn schneller, stärker, tarnt oder schützt ihn – wenn auch nur vorübergehend. Denn natürlich verbraucht jede Aktion gespeicherte Energie. Nach einem übermenschlichen Sprung oder Hyper-Sprint füllt sich der Nanosuit allerdings langsam wieder selbst auf.
Das Spiel: Das Frankfurter Studio Crytek hat 2007 mit der EA-Produktion Crysis einen international beachteten Hit gelandet und das mit knapp 20 Millionen Euro Produktionskosten bisher teuerste Spiel Deutschlands entwickelt. Der Shooter ist u. a. wegen seiner hohen Systemanforderungen ausschließlich für PC erschienen. Der Nachfolger, „Crysis 2“ (Trailer), soll auch für PlayStation 3 und Xbox 360 erscheinen, voraussichtlich Ende des Jahres. Sein modifizierter Nanosuit führt neben den bisherigen vier Modi einen fünften ein: Der Taktik-Modus visualisiert Informationen zu Gegnern, Waffen und der Umgebung. Nicht wenige erinnern die Attribute auch an die Octo-Camo Technik von Solid Snakes Tarnanzug, die ihm auf seinen Schleichmissionen durch Metal Gear Solid 4 unentbehrlich waren.
Die Markierung
Das Gadget: Ein Zwischending aus Waffe und Gadget ist das Feature Feinde zu markieren. Diese müssen zunächst mit dem Bildmittelpunkt der Kamera registriert bzw. vom Fadenkreuz gestreift werden. So lassen sich bestimmte Körperstellen sowie einzelne oder mehrere Wesen anvisieren. Ein Knopfdruck dient schließlich als Auslöser: In Sekundenschnelle sind die Störenfriede ausgeschaltet.
Das Spiel: Zwei kommende Top-Titel arbeiten mit dem Markier-Gadget auf unterschiedliche Weise. Agent Sam Fisher nutzt in Splinter Cell: Conviction (erscheint am 15.04. für Xbox 360) sein sogenanntes „Mark & Execute“ aus dem Schatten heraus. Zur Exekution braucht er die Personen nicht mehr sehen, sondern kann sich an eine taktisch sichere Stelle begeben. Ein Click auf den Y-Knopf am Controller und Fisher erledigt die durch Pfeile Gekennzeichneten lautlos wie ein Raubtier. Auch Lampen kann er per Markierung ausschalten, um ungesehen weiter zu schleichen. Direkter geht John Marston im Action-Adventure-Western Red Dead Redemption (21.05. für Xbox 360, PlayStation 3) vor. Das Spiel von Grand Theft Auto-Entwickler Rockstar spielt Anfang des 20. Jahrhunderts und Marston ist Kopfgeldjäger in einer offenen Welt. Sein „Dead-eye“ aktiviert sich erst nach einer bestimmten Anzahl hintereinander erreichter Kills. In einer zur Zeitlupe verlangsamten Sequenz wird der Bildschirm gelb eingefärbt und Marsten kann seine Gegner für wenige Sekunden ungestört und kontrolliert anvisieren. Die im weiteren Spielverlauf bis auf Stufe drei erweiterte Dead-eye-Marke muss später nicht mehr manuell gesetzt werden, sondern loggt die Zielpunkte automatisch ein.
Der Luftschlag
Das Gadget: In Kriegs-Ego-Shootern gehören sie heute zum Standard: Luftschläge aus der Vogelperspektive. Das Gadget, das sie auslöst, ist je nach Entwickler unterschiedlich. So kann es einmal ein Feldstecher sein, mit dem der Bodentruppenkommandeur feindliches Gebiet beobachtet, Infos für Befehle weitergibt und praktisch passiv zuschlägt. Oder es ist ein Steuerungskoffer, mit dem die Drohnen per Kamerabild ins Ziel gelenkt werden – optisch so gestaltet, wie man es aus echten Militärvideos kennt.
Das Spiel: Der Luftangriff in Battlefield: Bad Company 2 ist ein unheimliches Kriegsschauspiel, das feindliche Stellungen dem Erdboden gleich macht. Im flackernden Schwarzweißbild mit Fadenkreuz wählt der Spieler das Ziel, z.B. ein Konvoi. Ein Mörser am Boden feuert dann die explosive Sprengladung ab. Noch dramatischer sind die Präzisionsluftschläge von Modern Warfare 2, die im Single- wie Onlinemultiplayer zum Einsatz kommen. Der Spieler sucht sich ein sicheres Plätzchen, klappt seinen Hightech-Koffer auf und steuert das mit Kamera bestückte Geschoss ins Ziel. Viel Zeit für geschickte Lenkmanöver bleibt ihm nicht, da die Bombe mit hoher Geschwindigkeit vom Himmel fällt.
Der Zeithandschuh
Das Gadget: Mit einer Geste die Zeit manipulieren – das geht nur im Spiel. Eines der spektakulärsten Gadgets des Jahres ist ein Zeithandschuh, der zerstörte Gegenstände in ihren unversehrten Urzustand zurückverwandeln kann. So werden eingestürzte Treppen wieder begehbar und verrottete Bretter wie durch Zauberhand zu Munitionskisten. Die Umkehrfunktion der Veralterung lässt hingegen Türen und feindliche Soldaten zu Asche zerfallen.
Das Spiel: Das für PC, Xbox 360 und PlayStation 3 für Mitte des Jahres erwartete Singularity ist kein reiner Ego-Shooter, auch wenn oft geschossen wird. In einer Mischung aus Baller- und Rätselelementen wird der Spieler unentwegt dazu angehalten mit Geschicken der Zeitmanipulation Hindernisse zu überwinden und alternative Lösungswege zu finden. Sein Zeitmanipulationshandschuh, genannt TMD (Time-Manipulation-Device), kommt dabei mehr zum Einsatz als jede seiner Waffen und ist für den Großteil des Spielspaßes verantwortlich.