Trauer für die Queen – und was ist mit den Opfern der Monarchie?

Seite 2: Wie viel wusste die Queen über KZs und Folter in Kenia in den 50er Jahren?

Zu dieser Geschichte gehört auch und vor allem der britische Sklavenhandel. König Charles I startete Mitte des 17. Jahrhunderts zuerst den Handel mit Gold und Mineralien zwischen Afrika und England. Damit wurde das Fundament für den späteren Menschenhandel gelegt, die Versklavung und die Verschiffung von Afrikaner:innen. Die Könige Charles II. und James I. transportierten mit ihrer Royal African Company mehr Afrikaner:innen nach Amerika als irgendein Unternehmen in der Geschichte.

Auch wenn bei der Thronbesteigung von Elizabeth II. 1952 die Sklaverei bereits abgeschafft war, wurde die britische Herrschaft in Form von dem, was in den betroffenen Ländern Kolonialismus oder Neokolonialismus genannt wird, weitergeführt. Das lässt sich zum Beispiel ablesen an der Unterdrückung der Mau-Mau-Bewegung in Kenia. Die Menschen erhoben sich in den 50er Jahren in dem afrikanischen Land gegen die brutale britische Herrschaft. Auf den kenianischen Widerstand reagierte die britische Regierung mit der Erklärung eines Notstands. Es wurden darauf hin insgesamt 1,5 Millionen Kenianer:innen in Konzentrationslager verschleppt.

Die Harvard-Historikerin Caroline Elkins, eine der führenden Wissenschaftlerinnen des britischen Kolonialismus, sagt, dass es zwar unklar sei, wie viel Queen Elizabeth persönlich von Konzentrationslagern, Folter und anderen Missbräuchen in Kenia während ihrer frühen Regierungszeit wusste, die Monarchie sich aber mit diesem Erbe auseinandersetzen muss.

Schwere Verbrechen geschahen unter der kaiserlichen Aufsicht der Königin. Tatsächlich hing ihr Bild in jedem Gefangenenlager in Kenia, als Gefangene geschlagen wurden, um ihre Loyalität gegenüber der britischen Krone einzufordern.

Der Premierminister des Karibikstaats Antigua und Barbuda, eine ehemalige britische Kolonie, hat angekündigt, in Kürze ein Referendum abhalten zu lassen, damit das Land den Commonwealth verlassen und zu einer Republik werden kann. Auch die regierende Arbeiterpartei von Jamaika plant eine Abstimmung dazu. Einst bildete die Karibik das Herz von Englands kolonialer Herrschaft in Nordamerika, bei der Millionen von versklavten Afrikaner:innen dort hin verschleppt wurden, wo viele sich zu Tode arbeiteten.

Aus der Karibik kommen auch immer wieder Forderungen nach einer Entschuldigung und Reparationen für den Missbrauch, den die britische Krone zu verantworten hat. Der bekannte jamaikanische Dichter und Musiker Mutabaruka sagt, dass die britische Monarchie "kriminelle Aktivitäten" repräsentiert und dass der Staat ehemalige Kolonien wie Jamaika entschädigen muss, um die Geschichte des Missbrauchs wiedergutzumachen.

Taten sprechen lauter als Worte,

fordert Mutabaruka angesichts der royalen PR, mit der die kolonialen Verbrechen als historische Randnotiz abgetan werden.

Wir sollten im Hinterkopf behalten: Märchen sind oft nicht wahr, auch wenn Menschen sich vor allem in unsicheren Zeiten gerne in sie flüchten. Dass Märchen nicht die ganze Wahrheit mitteilen, gilt im Fall der Queen nicht nur bezüglich der kolonialen Verbrechen. Denn wie der Journalist Richard Eskow in Hinsicht auf die schwere soziale Krise in Großbritannien kommentiert:

Großbritannien hat nicht nur eine Monarchin verloren. Auch der britische Sozialstaat, einst ein leuchtendes Vorbild für westliche Demokratien, liegt im Sterben. Auf menschlicher Ebene ist jeder Tod ein Anlass zum Trauern. Aber wer trauert um die unnötig Verstorbenen oder um ein System, das sie hätte retten können? Wenn die Menschen bereit wären, sich um jedes Opfer von Armut oder unzureichender medizinischer Versorgung nur halb so viel zu kümmern, wie um eine einzige bekannte Persönlichkeit, dann könnten wir eine gerechte Gesellschaft aufbauen. In den kommenden Tagen werden sie noch oft "God Save the Queen" und "God Save the King" spielen. Aber wer schützt das Volk?

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