Trotz Sanktionen: USA profitieren weiter von russischen Öllieferungen
Indien importiert und verarbeitet wachsende Mengen russischen Erdöls. Größter Abnehmer sind die USA. Deshalb beteiligt sich die Regierung in Neu-Delhi nicht an den Sanktionen.
Die Sanktionen gegen Russland haben eine merkwürdige Situation geschaffen: Während die USA und andere westliche Staaten auf russisches Erdöl und -produkte verzichten, beziehen sie diese indirekt.
Indische Medien haben diesen Widerspruch kürzlich thematisiert. Demnach hat Indien in den vergangenen Wochen seine Käufe von russischem Rohöl drastisch erhöht. Nach der Verarbeitung in den Raffinerien des Landes werden die Produkte unter anderem in die USA exportiert.
The Telegraph berichtete kürzlich, dass die Vereinigten Staaten zum größten Abnehmer raffinierter Produkte geworden sind, obwohl Washington den Rest der Welt aufgefordert hatte, keinen russischen Treibstoff zu kaufen.
Im Dezember, als westliche Staaten ein Embargo gegen russisches Rohöl verhängten, überstiegen die indischen Importe erstmals die Marke von einer Million Barrel pro Tag (bpd), was laut Hindustan Times bereits einen deutlichen Anstieg gegenüber den Vormonaten bedeutete.
Im Januar legten die Importe dann noch einmal kräftig zu: Knapp 1,7 Millionen bpd wurden laut The Telegraph aus Russland importiert. Alle großen indischen Ölkonzerne kaufen demnach in Russland ein. "Es ist zu einem Volkssport geworden", sagte Viktor Katona, leitender Rohölanalyst des Analysehauses KPLER, der Zeitung.
Dass ein Großteil der raffinierten Produkte in die USA exportiert wird, hat einen Grund: Die USA sind traditionell ein großer Abnehmer des russischen Raffinerieprodukts namens Virgin Gas Oil (VGO). Dabei handelt es sich um ein Zwischenprodukt, das nach Ansicht von Branchenkennern ideal für die Herstellung von Diesel und Benzin ist.
Und da die Vereinigten Staaten aufgrund ihrer eigenen Sanktionen VGO nicht mehr direkt aus Russland beziehen können, kaufen sie es von indischen Raffinerien, die das VGO aus russischem Rohöl herstellen.
Die USA kaufen rund 200.000 bpd an Ölprodukten. Vor allem ist es VGO und die größten Lieferanten sind Reliance Energy und Nayara Energy. Beide Konzerne sind auch die größten Abnehmer von russischem Öl.
In diesem Monat kaufte Reliance etwa 600.000 bpd aus Russland, berichtet The Telegraph, was fast der Hälfte seiner gesamten Raffineriekapazität entspricht. In der Nayara-Raffinerie wird derzeit fast ausschließlich russisches Öl verarbeitet.
Indien hat einen Gesamtbedarf an Rohöl von durchschnittlich 5,4 Millionen bpd. Etwa 30 Prozent davon werden derzeit durch russische Lieferungen gedeckt.
Das war vor dem Krieg in der Ukraine anders. Damals wurden rund 60 Prozent des Bedarfs durch Lieferungen aus dem Nahen Osten gedeckt, weitere 14 Prozent kamen aus Nordamerika, zwölf Prozent aus Westafrika und fünf Prozent aus Lateinamerika. Russische Sorten machten nur etwa zwei Prozent aus.
Wie die Hindustan Times berichtet, haben die westlichen Sanktionen zu einer Verschiebung der Bezugsquellen geführt. Westafrikanisches Rohöl sei für indische Raffinerien teurer geworden. Das liege unter anderem daran, dass europäische Raffinerien auf russische Lieferungen verzichteten und verstärkt in Westafrika einkauften.
Die USA und andere Staaten hatten in den vergangenen Monaten versucht, die indische Regierung vom Öleinkauf in Russland abzubringen. Doch in Neu-Delhi verteidigte man die Geschäfte mit dem Argument, man müsse das Öl dort kaufen, wo es am billigsten sei.
Damit hat die indische Regierung wohl aus früheren US-Sanktionen gelernt. Die US-Sanktionen gegen iranische Ölexporte hätten Indien des billigen iranischen Öls beraubt, hieß es im November bei Yahoo Finance. Daher sei man gezwungen, zu höheren Preisen in den USA einzukaufen. Indien sei heute das größte Ölexportziel der USA.
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