Trouble in Trinidad
In dem karibischen Inselstaat kämpfen die Copyright-Wächter
In Trinidad und Tobago streiten die etablierte Copyright-Organisation COTT und die neugegründete TTCO um die beherrschende Stellung bei der Wahrnehmung von Urheberrechten für die einheimische Musikszene. Die TTCO will mit einer Änderung des Vergütungssystems mehr Gerechtigkeit für die Künstler erreichen. Für das Land kommt der Konflikt zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da es erst im Mai 2000 zum Standort der länderübergreifend für mehrere Karibikstaaten agierenden Copyright-Organisation CCL bestimmt worden ist.
Trinidad und Tobago ist ein kleiner Inselstaat mit nur knapp 1,5 Millionen Bürgern in der südlichen Karibik vor der Küste von Venezuela, hat aber seit November 2000 etwas, das weltweit viel größere Staaten nicht haben - gleich zwei nationale Organisationen, die für einheimische Sänger und Musiker deren künstlerische Urheberrechte bei der öffentlichen Aufführung und im Exportmarkt wahrnehmen (wollen) . Das etablierte Unternehmen "Copyright Organisation of Trinidad and Tobago" COTT hat jetzt Konkurrenz durch die im November aus der Taufe gehobene "Trinidad and Tobago Copyright Collection Organization" TTCO bekommen.
Ursprünglich gab es in Trinidad gar keine eigene Copyright Gesellschaft. Die Verwertung der Urheber- und der sonstigen Eigentumsrechte für die Komponisten und Performer des einheimischen typischen Chutney Soca-Stils (eine Crossover-Mischung aus afrikanischen, westindischen und indischen Einflüssen gemäß der wechselvollen Landesgeschichte) wurde von der in Großbritannien ansässigen "Performing Rights Society" (PRS) besorgt. Eine Folge post-kolonialer Strukturen: Trinidad und Tobago war seit Beginn des 19. Jahrhunderts britische Kolonie gewesen, wurde 1962 dann unabhängiges Mitglied im Commonwealth und erst 1976 Präsidialrepublik.
1985 bekamen die Künstler Trinidads mit der COTT schließlich einen nationalen Anwalt für ihre künstlerischen Interessen. Seitdem treibt die PRS in Kommission für COTT weltweit die Gebühren für öffentliche Aufführung der Werke von COTT-Mitgliedern ein. Da Trinidad selbst kein CD-Presswerk besitzt, erhalten ausländische Plattenfirmen die Lizenz zur Aufnahme und Verbreitung von Trinidad-Musik durch die US-amerikanische Firma "Integrated Copyright Group" (ICG), die als Makler für COTT auftritt. Offensichtlich sehen sich aber nicht mehr alle Musik-Künstler von der COTT in ausreichendem Maße vertreten. Der Gründer und Vorsitzende der neuen TTCO, Vijay Ramlal, beschuldigte den Konkurrenten COTT, Geld von Radiostationen nicht an die Künstler weitergereicht zu haben und speziell die indisch-stämmigen Musiker und ihren genuinen Musikstil "Chutney" nicht in ausreichendem Maße zu vertreten. TTCO werde daher der Anwalt für die unterprivilegierten Chutney-Künstler sein. Damit spielte Ramlal auf latente Spannungen in der multikulturellen, durch viele Volksgruppen geprägten Gesellschaft Trinidads zwischen den beiden großen ethnischen Gruppen der Schwarzafrikaner und der Inder an.
Ramlal will ferner mit den Radiostationen ein neues Copyright-Bezahlungsschema für Musikaufführung vereinbaren. Statt einer nutzungsunabhängigen Pauschale sollen zukünftig Gebühren für das tatsächliche Airplay mittels TTOC an den Künstler abgeführt werden. Allerdings ist Ramlal bzw. TTOC nach den Worten führender Medienvertreter bisher mit diesem Reformplan an sie nicht konkret herangetreten. COTT-Präsidentin Allison Demas wies die Vorwürfe entschieden zurück und warnte, dass die Spaltung der Copyright-Verwaltung letztendlich nur den eigentlichen Nutznießern, den Chutney-Soca-Künstlern schaden werde.
Unter den Künstlern selbst sind die Reaktionen auf den Copyright-Kampf sehr geteilt. Befürworter der neuen TTCO sprachen davon, dass COTT sie schlecht vertreten habe und sie noch nie Geld für ihre Werke gesehen hätten, andere Interpreten, wie die bekannteren David Rudder oder Super Blue wollen dagegen COTT als zufriedene Mitglieder treu bleiben. Spiegelt der Streit etwa auch Sozialneid unbekannter auf die arrivierteren Künstler wieder ?
Davon abgesehen ist der innenpolitische Streit um die Copyright-Verwaltung für Trinidad und Tobago auch außenpolitisch etwas unangenehm, weil ausgerechnet seine Hauptstadt Port of Spain im Mai 2000 zum Sitz des "Caribbean Copyright Link" (CCL) bestimmt wurde. Bei einer erstmals im Juni 1999 in Nassau abgehaltenen Konferenz der Karibik-Staaten Jamaika, St. Lucia, Haiti, Barbados, Surinam, Bahamas und eben Trinidad war das CCL gemäß eines ein von der "World Intellectual Property Organization" (WIPO) ausgearbeiteten Plans gegründet worden. Dieser sah die Installierung eines regionalen Systems zum gemeinsamen Management von Urheberrechten und sonstigen Eigentumsrechten durch die sieben Staaten vor. CCL soll als Datenbank-Provider mit Copyright Control-Informationen für COTT und deren Schwestergesellschaften COSCAP in Barbados, HMS in St. Lucia, und JACAP in Jamaika funktionieren und das digitale Informationsmanagement sowie den Kommunikationsaustausch mit internationalen Partnern professionalisieren. CCL wird selbst aber keine Gebühren eintreiben oder Lizenzen vergeben.
Die von den TTOC-Rebellen unter Beschuss genommene COTT-Präsidentin Demas hat gegenwärtig den Vorsitz des "Caribbean Copyright Link" inne. Und ein führender COTT-Angestellter machte bereits deutlich, dass auch Organisationen, die mit COTT konkurrieren, Mitglied im CCL werden müssten, um davon zu partizipieren. Unter diesen Umständen darf wohl bezweifelt werden, dass das Copyright-Schisma in Trinidad noch lange Bestand haben wird.