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Trump behält sich Anfechtung des Wahlergebnisses vor

In der dritten und letzten Fernsehdebatte meint der Milliardär, Clinton hätte wegen der strafrechtlichen Relevanz ihres Umgangs mit dienstlichen E-Mails eigentlich gar nicht kandidieren dürfen

Gestern fand im Glücksspiel- und Unterhaltungszentrum Las Vegas die dritte und letzte Fernsehdebatte zur US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 statt. Einen "drug test", wie Donald Trump ihn am Montag für Hillary Clinton gefordert hatte [1] gab es vor dem Duell nicht. "Drugs" steht im Englischen nicht nur für illegale Drogen, sondern auch für legale Medikamente - zum Beispiel solche gegen Epilepsie. Um die könnte es Trump, der den Gesundheitszustand Clintons immer wieder thematisiert, in seiner Forderung eher gegangen sein als um illegale.

Bild: Fox News

Auf die Frage des Moderators, auf was die beiden Kandidaten bei der Nominierung von Supreme-Court-Richtern achten würden, trug Clinton ihre bekannte Haltung zu Abtreibung und Schwulenehe vor, während Trump meinte, sie werde Richter wählen, die das Recht auf Waffenbesitz sehr stark einschränken würden. Die Ex-Präsidentengattin verlautbarte darauf hin, sie stehe zwar zum Zweiten Verfassungszusatz (der den Amerikanern dieses Recht garantiert), sei aber auch dafür, dass nicht jeder eine Waffe tragen soll und dass dies stärker kontrolliert werde.

Trump erinnerte daraufhin an ein Supreme-Court-Urteil, in dem sich die Richter auf den Zweiten Verfassungszusatz beriefen und über das sich die ehemalige Außenministerin öffentlich ärgerte, worauf hin diese von Kindern sprach, die durch Schusswaffen verletzt wurden. Der Milliardär, der stolz seine Unterstützung durch den Waffenbesitzerverband NRA erwähnte, konterte diese Beispiele mit einem Hinweis auf Chicago: Diese Stadt habe die strengsten Waffengesetze der USA, aber trotzdem ein massives Gewaltproblem.

Trump will Abtreibungsfragen auf Ebene der Bundesstaaten entscheiden lassen

Zur Abtreibungsfrage meinte Trump, er werde Richter nominieren, die diese Frage den Bundesstaaten überlassen. Eine Kompromissposition, die anscheinend weder religiöse Wähler im Süden und im Herzland noch eher säkulare im Westen oder im Nordosten verschrecken soll, für die ein Schwangerschaftsabbruch kein Glaubensproblem ist. Clinton meinte dazu, man könne Frauen nicht vorschrieben, ob sie ein Kind austragen.

In der Einwanderungsfrage arbeiteten beide Kandidaten mit Human-Interest-Beispielen: Trump erzählte von vier Müttern im Publikum, deren Kinder von illegalen Einwanderern brutal getötet wurden und dass das über die mexikanische Grenze ins Land geschmuggelte Heroin selbst in New Hampshire noch eines der Hauptprobleme des Bundesstaates ist, weshalb seine erste Amtshandlung als Präsident die Deportation von Gewaltverbrechern ohne legalen Aufenthaltsstatus sein werde.

Von offenen Grenzen zu bösen Russen

Clinton schilderte das Beispiel einer jungen Frau, die in Las Vegas lebt, und deren illegal aus Mexiko eingewanderten Eltern die Rückführung in ihre Heimat droht. Auf die Frage, nach ihren eigenen Plänen zur Einwanderung ging sie nicht ein und erzählte stattdessen von der "Twitter-Schlacht", die nach dem Besuch Trumps beim mexikanischen Präsidenten ausgebrochen sei. Als sie der Moderator an eine durch Wikileaks veröffentlichte Rede Clintons vor einer brasilianischen Bank erinnerte, in der sie davon spricht, dass "offene Grenzen" auf der ganzen Erdhalbkugel ihr "Traum" seien, meinte sie, da sei es lediglich um Energie gegangen und die Wikileaks-Enthüllungen würden von den Russen gesteuert, die sich durch Cyberangriffe in die US-Präsidentenwahl einmischen wollten.

Trump meinte dazu, auch er verurteile selbstverständlich jede ausländische Einmischung in den US-Wahlkampf, wolle aber daran erinnern, dass man noch gar nicht weiß, wer hinter den Leaks und hinter Hacker-Aktivitäten steckt - und, dass Clinton sich als Außenministerin ständig von Putin übertölpeln habe lassen, der anscheinend viel schlauer sei als sie.

Bei der Frage danach, wie die Kandidaten Arbeitsplätzen schaffen wollen, wich Clinton konkreten Angaben mit dem Hinweis aus, sie werde hier mit mit "Experten" zusammenarbeiten. Trump glaubt, dass ihre Pläne einfach höhere Steuern sind. Er dagegen will Länder wie Japan, Deutschland, Südkorea und Saudi-Arabien deutlich stärker für US-Verteidigungsausgaben zur Kasse bitten, Freihandelsabkommen neu verhandeln und Unternehmenssteurern senken, damit wieder in Amerika produziert wird und die unter Barack Obama verdoppelten Staatschulden abgebaut werden.

Zehn Minuten Berühmtheit - oder bezahlt

Auf den Einwand des Moderators, Volkswirtschaftler würden meinen, die von ihm in Aussicht gestellten 25 Millionen neuen Arbeitsplätze seinen unrealistisch, verwies der Milliardär auf Länder wie Indien, in denen es auch lange ein Wirtschaftswachstum von acht Prozent und mehr gegeben habe. Dass es das in den USA nicht gab, liegt seiner Meinung nach unter anderem an NAFTA, dem "schlechtesten Freihandelsabkommen der Geschichte", das Hillary Clintons Ehemann Bill unterzeichnete. Hillary selbst ist seiner Ansicht nach auch weiterhin heimlich für das trans-pazifische Freihandelsabkommen TPP, dass sie zuerst als "Goldstandard" lobte und von dem sie sich im Wahlkampf distanzierte.

Clinton bestritt das und warf Trump vor, Hochhäuser mit chinesischem Stahl gebaut zu haben - worauf hin Trump meinte, sie habe 30 Jahre lang Zeit gehabt, solche günstigen Einkaufsmöglichkeiten abzuschaffen, indem sie Gesetze ändert. Die Demokratin ging daraufhin noch ein Jahrzehnt weiter zurück - in die 1970er - und behauptete, damals habe sie schwarzen Kindern geholfen, während Trump von schwarzen Mietinteressenten wegen Diskriminierung verklagt worden sei. Dass er diesen Prozess gewann, erwähnt sie nicht.

Zur Grapsch-Affäre gefragt antwortet Trump, das sei alles haltlos und es gebe nur zwei Möglichkeiten: Dass die aufgetauchten Beschuldigerinnen "ihre zehn Minuten Berühmtheit" haben wollen oder dass sie von Clintons Wahlkampfteam bezahlt wurden. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass kurz vorher bekannt wurde, dass Clintons Wahlhelfer tatsächlich 1,500 Dollar gezahlt hatten, damit Krawallmacher Trumps Wahlveranstaltungen stören.

Clinton bestritt das nicht und empörte sich stattdessen darüber, dass Trump sagte, eine der Frauen, die Übergriffe von Trump behaupteten, wäre "nicht seine erste Wahl gewesen", also "zu hässlich". Trump wollte aber lieber über Clintons E-Mails reden und fragte, warum ein General für ein ähnliches Vergehen vier Jahre ins Gefängnis muss, aber sie nicht. Darüber wollte wiederum Clinton nicht sprechen und lenkte mit ihrem bereits aus anderen Veranstaltungen bekannten Textbaustein zu Trumps angeblicher Verachtung für Frauen, Behinderte, Latinos und Schwarze ab.

Länder wie Katar, die "Schwule vom Dach stoßen und Frauen diskriminieren"

Der Moderator wollte sie damit anscheinend nicht so leicht davonkommen lassen und fragte sie zu ihrer Familienstiftung, die im Verdacht steht, für entsprechende finanzielle Zuwendungen Zugang zur damaligen Außenministerin verkauft zu haben. Hier hatte sich Clinton offenbar längere Ausführungen zur wohltätigen Arbeit dieser Stiftung zurechtgelegt, wurde aber von Trump unterbrochen, der meinte, es gehe nicht darum, sondern um Milliardenspenden aus Ländern wie Katar, die "Schwule vom Dach stoßen und Frauen diskriminieren".

Clinton ging auch darauf nicht ein und sprach stattdessen über Trumps nicht veröffentlichte Steuererklärung, was der mit der Bemerkung konterte, sie habe 30 Jahre lang Zeit gehabt, Steuerschlupflöcher zu schließen, das jedoch nicht getan, weil ihre "Freunde von der Wall Street" das nicht wollten.

Die praktisch einzige neue Information in diesem Ping-Pong-Spiel mit wohlbekannten Textbausteinen gab es, als Trump sich weigerte, die Frage, ob er die Wahl anfechten wird, schon jetzt zu beantworten. Das, so der Milliardär, werde er entscheiden, wenn es so weit ist. In jedem Fall seien die Medien extrem parteiisch, es seien Leute registriert worden, die gar nicht wählen dürften und Clinton hätte man wegen der strafrechtlichen Bedeutung ihres Umgang mit Dienst-E-Mails eigentlich nicht erlauben dürfen, zu kandidieren. Die meinte dazu, das zeige, wie undemokratisch Trump denke.

Außenpolitisch versprach Clinton, sie werde in Mosul keine weiteren US-Bodentruppen einsetzen. Die Schuld am Krieg in Syrien gab sie den Russen und meinte, man müsse dort eine "Sicherheitszone" einrichten. Trump dagegen sieht die Verantwortung für die Entstehung des IS bei Clinton und kritisiert, dass man dessen Führern mit der Ankündigung der Befreiung der Stadt die Möglichkeit gab, sich abzusetzen. Der große Gewinner ihrer Politik sei der Iran, der jetzt den Irak übernehmen könne.

Denkt Clinton schon an Kongressmehrheiten?

In Umfragen sieht es für Clinton derzeit besser aus als für Trump. Daran konnten bislang auch Enthüllungen [2] wie die, dass es unter ihr als Außenministerin einen massiven Anstieg von Waffenverkäufen an zweifelhafte Staaten gab und dass das Emirat Katar eine Million Dollar als "Geburtstagsgeschenk" für ihren Ehemann Bill überwies, nichts ändern.

Inzwischen scheint sie sich ihres Sieges am 8. November so sicher zu sein, dass sie Gelder für den Wahlkampf der Demokraten in Arizona, Missouri, Indiana und Texas [3] abgezweigt hat. In Arizona, wo Trump bei RealClearPolitics mit 42 zu 41 Prozent führt [4] und in einer Umfrage des Emerson College mit 44 zu 42 Prozent zurückliegt [5], hat sie eine realistische Chance auf die Wahlmänner dieses Bundesstaates. Missouri [6], Indiana [7] und Texas [8] - wo Trump mit jeweils etwa fünf Punkten Vorsprung führt - gelten dagegen eher nicht als Schlachtfeldstaaten im engeren Sinn.

US-Medien spekulieren deshalb, dass es der Kandidatin mit der Umschichtung darum gehen könnte, einen sehr republikanisch geprägten Kongress zu verhindern, der ihr das Regieren erheblich erschweren könnte. Am 8. November wird nämlich auch das komplette Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Ein anonymer Informant der Demokraten sagte der New York Times in diesem Zusammenhang, Clinton werde in diesen Staaten nicht selbst Wahlkampf für die demokratischen Kandidaten machen, denn "das würde deren Chancen mindern".

Nichts zahlen müssen die Demokraten für den am Dienstag gestarteten neuen Film von Michael Moore, der den Titel "Michael Moore in Trumpland" trägt.


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3355287

Links in diesem Artikel:
[1] http://edition.cnn.com/2016/10/15/politics/donald-trump-hillary-clinton-drug-test/
[2] http://www.ibtimes.com/clinton-foundation-donors-got-weapons-deals-hillary-clintons-state-department-1934187
[3] http://www.nytimes.com/2016/10/18/us/politics/hillary-clinton-campaign.html
[4] http://www.realclearpolitics.com/epolls/2016/president/az/arizona_trump_vs_clinton_vs_johnson_vs_stein-6087.html
[5] http://www.realclearpolitics.com/docs/2016/Emerson_final_Press_Release_and_Toplines_Fl-Nv-RI-AZ_10.5_.pdf
[6] http://themissouritimes.com/34543/poll-koster-trump-lead-missouri-lt-gov-close-call/
[7] http://www.270towin.com/2016-polls-clinton-trump/
[8] http://www.270towin.com/2016-polls-clinton-trump/texas/