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Trump unterzeichnet Dekret zur Mauerplanung

Game-of-Thrones-Mashup mit Donald Trump. Screenshot: Telepolis

Der neue US-Präsident droht Chicago, "Feds" in die Stadt zu entsenden, wenn sie die Gang-Kriminalität nicht in den Griff bekommt

Gestern unterzeichnete [1] der neue US-Präsident Donald Trump ein Dekret zur Grenzsicherheit [2], das unter anderem die Planung einer Mauer an der Grenze zu Mexiko enthält. Einer Mauer, wie sie der Milliardär im Wahlkampf versprochen hatte, um Kriminalität und illegale Einwanderung einzudämmen. Gegner der Mauer hatten im Wahlkampf darauf hingewiesen, dass so eine Mauer Kriminalität und illegale Einwanderung nicht vollständig verhindern werde - Befürworter bestritten das meist nicht und meinen, es helfe schon viel, wenn sie als abschreckendes Symbol dort steht - so wie der Eiswall in der Serie Game of Thrones [3].

Wie das Bauwerk im Detail [4] gestaltet wird, soll seiner Einschätzung nach in einigen Monaten feststehen. Trump bestand in der Vergangenheit mehrfach darauf, dass es eine "Mauer" und kein "Zaun" wird. Das Dekret definiert "Mauer jetzt als "zusammenhängende materielle Mauer oder ähnlich sichere zusammenhängende und unpassierbare materielle Barriere". Dass andere Leute letzteres als einen "Zaun" bezeichnen könnten (der über weite Strecken bereits existiert), scheint nicht ganz ausgeschlossen.

Außerdem fordert das Dekret, binnen dreier Monate alle finanziellen Hilfen aufzulisten, die aus den USA nach Mexiko fließen. Mit einer Streichung solcher Mittel könnte Trump Mexiko indirekt für das Bauwerk zahlen lassen. Als der ehemalige mexikanische Präsident Vicente Fox im letzten Jahr verlautbarte, die Amerikaner könnten lange darauf warten, bis Mexiko diese Mauer bezahlt, meinte Trump, sie sei "gerade um zehn Fuß höher geworden" - und auf die MSNBC-Frage, ob er seinen Markennamen darauf schreiben lassen werde, entgegnete er "nur dann, wenn es schön aussieht".

Ähnlich unklar wie die konkrete Ausgestaltung sind die Kosten, über die die Planer näheres in Erfahrung bringen sollen: Während sie Trump selbst mit zehn Milliarden Dollar auf deutlich weniger als die für zwei deutsche Flughäfen schätzt, gehen Trump-kritische Medien von der doppelten Summe aus. Bewacht werden soll die Befestigung von 5.000 zusätzlichen Grenzschützern, deren Einstellung das Dekret vorsieht.

"Immigration Blitz"

Neben dem Dekret zur Mauerplanung unterzeichnete Trump ein weiteres [5] "zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit". Es weist unter anderem Behörden an, das geltende Recht bei Aufenthaltsbeendigungen streng anzuwenden und erlaubt Mittelkürzungen für Gebietskörperschaften, die sich weigern, bei Abschiebungen mit der Bundesregierung zusammenzuarbeiten. Für solche Aufenthaltsbeendigungen sind 10.000 neue Stellen vorgesehen. Außerdem leitet das Dekret zahlreiche Prüfungen der Verbesserung von Aufenthaltsbeendigungsmöglichkeiten ein - darunter auch die der Frage, wie man Länder, die ihre straffällig gewordenen Staatsangehörigen nicht mehr zurücknehmen wollen, dazu bringen könnte, das doch zu tun.

Die beiden Dekrete sollen Medienberichten nach nicht die einzigen Maßnahme zur Einwanderungsbegrenzung bleiben: Die Washington Post [6] spricht angesichts der Spekulationen dazu von einem "Immigration Blitz", der auch Einschränkungen des DACA-Ausweisungsschutzes für Personen, die als Minderjährige in die USA einreisten, und schärfere Sicherheitsüberprüfungen für Personen aus dem Irak, dem Iran, Libyen, Somalia, dem Sudan, Syrien und dem Jemen beinhalten könnte.

"Blutbad" in Chicago

Dem Chicagoer Bürgermeister Rahm Emanuel, der bis 2011 Barack Obamas Stabschef war, drohte Trump via Twitter, er wolle "die Feds schicken", wenn er mit dem "Blutbad" in seiner Stadt nicht fertig werde. Vorher hatte Emanuel kritisiert [7], der neue Präsident beschäftige sich mit Zuschauerzahlen bei seiner Amtseinführung, anstatt sich um die Verbesserung der Zustände im Land zu kümmern.

Im letzten Jahr verzeichnete die drittgrößte Stadt der USA mit 762 mehr Morde als New York und Los Angeles zusammengerechnet. Einem Bericht der Chicago Tribune [8] nach hält der Trend nach oben mit 42 Morden und 228 Schussverletzungen im neuen Jahr an. Das Chicago Police Department kommt bis Dienstag auf 38 Morde und 182 Schussverletzungen, rechnet dabei aber unter anderem Fälle an Autobahnen heraus. In beiden Fällen sind die Zahlen deutlich höher als die Vergleichswerte im Januar 2016.

Was Trump mit den "Feds" konkret meint, ist offen. Denkbar wären beispielsweise Spezialeinheiten der Bundespolizei FBI, der Drogenpolizei DEA oder der Waffenkontrollbehörde ATF. Vor 90 Jahren musste die damalige US-Bundesregierung sogar die Steuerbehörde IRS einsetzen, um den Chicagoer Gangsterboss Al Capone (der andere Sicherheitsorgane umfassend bestach) vor Gericht zu bringen.

Kommunale Polizei "offen für Partnerschaften"

Der Chicagoer Polizeichef Eddie Johnson meinte nach Trumps Tweet, seine kommunale Behörde sei offen für "Partnerschaften" mit Bundesbehörden. Ein Sprecher Emanuels verwies auf eine ältere Stellungnahme seines Chefs, in der dieser dem Lokalsender WTTW [9] sagte, die Trump-Administration könne helfen, die Gewaltverbrechen in Chicago einzudämmen, indem sie Mittel für zusätzliche kommunale Polizeibeamte bereitstellt und die Waffenbesitzvorschriften verschärft. Dass letzteres geschieht, ist angesichts der von Trump und der Republikanischen Partei im Wahlkampf vertretenen Positionen unwahrscheinlich. Dort weist man darauf hin, dass die Gangs, von denen die Gewalt ausgeht, ohnehin keine legalen, sondern illegale Waffen besitzen.

In einer Wahlkampfrede hatte sich Trump im letzten Jahr stattdessen dafür eingesetzt, dass Chicago die Anhalten-und-Durchsuchen-Polizeipraxis übernimmt. Diese rettete seiner Ansicht nach in anderen Städten besonders viele Leben von Schwarzen und Latinos - und die hätten das gleiche Anrecht auf Schutz wie jeder andere US-Bürger.

Handlungen gegen Polizeibeamte als "Hate Crimes"

In Louisiana hat man währenddessen eine originelle Methode gefunden, um härter gegen Gang-Kriminalität vorgehen zu können: Dort wurde die "Hate-Crime"-Opferliste auf Polizeibeamte ausgeweitet [10], wodurch auch Beleidigungen oder der bloße "Widerstand" gegen Beamte schwerer bestraft werden als dies vorher möglich war. Darauf, dass die Nutzung dieses Instruments auch ein gewisses Missbrauchspotenzial birgt, deutet eine Untersuchung des Radiosenders WNYC hin, der zufolge zwischen 2009 und 2014 nur etwa fünf Prozent der NYPD-Beamten 40 Prozent der Widerstandsanzeigen einreichten (vgl. Polizeiliche Taschenspielertricks [11]).


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https://www.heise.de/-3607602

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.washingtonpost.com/politics/trump-pledges-to-start-work-on-border-wall-within-months/2017/01/25/dddae6ee-e31e-11e6-ba11-63c4b4fb5a63_story.html
[2] http://www.foxnews.com/politics/2017/01/25/text-trump-executive-order-on-border-security-and-immigration-enforcement-improvements.html
[3] https://www.youtube.com/watch?v=lRV9wn3YP5Y
[4] http://edition.cnn.com/2017/01/25/politics/trump-wall-mexico-challenges/index.html
[5] http://www.foxnews.com/politics/2017/01/25/text-trump-executive-order-on-enhancing-public-safety-in-interior-united-states.html
[6] https://www.washingtonpost.com/world/national-security/president-trump-is-planning-to-sign-executive-orders-on-immigration-this-week/2017/01/24/aba22b7a-e287-11e6-a453-19ec4b3d09ba_story.html
[7] https://www.washingtonpost.com/news/post-politics/wp/2017/01/24/trump-threatens-to-send-in-the-feds-to-address-chicago-carnage/
[8] http://www.chicagotribune.com/news/local/breaking/ct-weekend-shootings-violence-chicago-2016-20170123-story.html
[9] http://www.wttw.com/
[10] http://reason.com/blog/2017/01/23/louisiana-police-chief-resisting-arrest
[11] https://www.heise.de/tp/features/Polizeiliche-Taschenspielertricks-3385851.html