Trump vs. Harvard: Der Showdown um die akademische Unabhängigkeit
Havard gibt sich kämpferisch: Doch wie lange noch?
(Bild: Tada Images/Shutterstock.com)
Die US-Regierung unter Trump droht Harvard mit massiven Finanzkürzungen. Doch die Elite-Uni zeigt sich kämpferisch – ein Präzedenzfall mit weitreichenden Folgen.
In der vergangenen Woche hat die US-Regierung unter Präsident Donald Trump die Finanzierung der Universität Harvard in Massachusetts gleich in mehrerer Hinsicht bedroht.
Nachdem das Weiße Haus bereits am Montag, den 14. April, mehrjährige Bundeszuschüsse in Höhe von 2,2 Milliarden US-Dollar aussetzte, drohte Präsident Trump einen Tag später mit dem Entzug des Steuerprivilegs für gemeinnützige Organisationen sowie der Zulassung ausländischer Studierender.
Vorausgegangen war ein Brief des Präsidenten der Harvard-Universität, Alan Garber, vom Montag, indem dieser ankündigte, dass die Universität ihre Unabhängigkeit und verfassungsmäßigen Rechte nicht aufgeben werde.
Antisemitismus als Vorwand
Zuvor hatte die US-Regierung in einem Schreiben vom 11. April an die Universität Forderungen gerichtet, die sie erfüllen müsse, um die finanziellen Beziehungen mit der Bundesregierung aufrechterhalten zu können. Die Forderungen erhalten im Prinzip eine Überarbeitung des akademischen Programms sowie die Übergabe der Kontrolle über bestimmte Abteilungen an die Regierung.
"Dazu gehören die Forderungen, die Ansichten unserer Studierenden, Fakultätsmitglieder und Mitarbeiter zu 'überprüfen' und die 'Macht' bestimmter Studierender, Fakultätsmitglieder und Verwaltungsangestellter, die aufgrund ihrer ideologischen Ansichten ins Visier genommen wurden, zu 'reduzieren'", schrieb Garber von der Ivy-League-Hochschule in der Nähe von Boston.
Hinsichtlich antisemitischer Vorfälle und Vorurteile soll die Universität gemäß dem Weißen Haus eine externe Stelle beauftragen, die von der Regierung anerkannt ist, um diejenigen Programme und Fachbereiche zu überprüfen, die am stärksten zu antisemitischer Belästigung beitragen oder ideologische Vereinnahmung widerspiegeln.
In den letzten Wochen hatte die US-Regierung neben Harvard mehrere Universitäten des Landes wegen ihres Umgangs mit pro-palästinensischen Protestbewegungen der Studentenschaft kritisiert, die sich gegen die Militäraktionen Israels im Gazastreifen richteten.
Trump hatte die Proteste als antiamerikanisch und antisemitisch bezeichnet und den Universitäten vorgeworfen, Marxismus und radikale Ideologie zu verbreiten und versprach Bundesmittel und Verträge für Universitäten zu streichen, die sich den Forderungen seiner Regierung nicht beugten.
Anfang März strich die US-Regierung zunächst der Universität Columbia etwa 400 Millionen US-Dollar an Bundesmitteln. Daraufhin ergriff die Universität einige Maßnahmen, wie die Exmatrikulation und Suspendierung einiger Studierender, die während der pro-palästinensischen Proteste ein Universitätsgebäude besetzt hatten.
Später gab die Universität bekannt, dass sie sich zu noch weitreichenderen politischen Änderungen bereit erklärt habe, die von der Trump-Regierung gefordert worden waren.
Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit
Damit ist Harvard die erste Universität, die sich den Forderungen der Regierung widersetzt; ein wichtiger Schritt, um sich einer deutlichen Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit entgegenzusetzen. Unterstützung hat die Elite-Universität bereits von anderen angeprangerten Lehreinrichtungen wie Princeton oder Stanford erhalten.
Denn, dass es der US-Administration hauptsächlich um die Bekämpfung antisemitischer Tendenzen geht, ist fraglich, zumal vor dem Hintergrund, dass sie ebenso die Abschaffung von Programmen für Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion fordert.
Das Weiße Haus geht ebenso gegen sogenannte DEI-Praktiken (Diversity, Equity, Inclusion) vor, die darauf abzielen, die Vertretung von verschiedenen ethnischen Gruppen, Geschlechtern, Klassen und anderen Gruppen im öffentlichen Raum zu fördern und verurteilt solche als "illegale und unmoralische Diskriminierung".
All dies deckt sich mit früheren Aussagen und Ankündigungen im US-Wahlkampf und zielt darauf ab, die Meinungsfreiheit an den Universitäten deutlich einzuschränken und die Lehranstalten unter staatliche Kontrolle zu bringen.
Die jüngsten rechtlichen Aktionen dagegen sind juristische Klagen, wie die der Harvard-Sektion der American Association of University Professors (Aaup), die darauf abzielt, eine derzeitige Überprüfung der Bundesmittel der Universität zu beenden, mit der Begründung, dass die Überprüfung zwanghaft sei und rechtswidrig die akademische Freiheit untergrabe.
Ob Mittel dieser Art im Kampf für die Wissenschaftsfreiheit ausreichen, bleibt fraglich, besonders dann, wenn die Regierung die Entscheidung der Gerichte im Zweifel sowieso übergeht.
Staatlicher Anteil der Forschungsfinanzierung
Bei sicherlich berechtigter Kritik am Konzept von privaten Elite-Universitäten sowie ihren Verbindungen in den Bereich der Militär- und Geheimdienstforschung, betreiben diese Lehreinrichtungen wertvolle wissenschaftliche Arbeit in einem breitgefächerten Umfang.
Harvard ist, gegründet 1636, die älteste Universität der USA und mit einem enormen Stiftungsvermögen von über 50 Milliarden US-Dollar die wohlhabendste Forschungseinrichtung weltweit. Doch Experten sowie eine Überprüfung der Finanzen von Harvard haben gezeigt, wie schwierig es ist, dieses Vermögen anzutasten, da es auf längere Dauer erhalten bleiben muss und zahlreichen Auflagen unterliegt.
Harvard gibt an, fast zwei Drittel seiner Betriebskosten aus anderen Quellen zu finanzieren, darunter die Forschungszuschüsse des Bundes sowie Studiengebühren. Das verdeutlicht wie stark der Druck selbst auf die reichste Universität durch die von der US-Regierung schon getroffenen oder noch angedrohten Maßnahmen ist.
Denn die neueste Politik wird nicht nur Harvard betreffen. Daher ist die Forschungsgemeinde in den gesamten USA nun vor große Herausforderungen gestellt, bei denen kaum ein Zweig verschont bleibt und worunter besonders die medizinische Forschung zu leiden droht.
Beispielsweise bereitet sich die Harvard Medical School bereits auf mögliche Entlassungen vor. Die School of Public Health bekam allein in der letzten Woche drei Forschungsstopps verhängt und kündigte zwei Mietverträge für Gebäude außerhalb des Campus.